In der Gärtnerei Klement in Sylbach ist der Allerheiligen-Stress ausgebrochen. Eigentlich wie in jedem Jahr. Doch heuer ist es nicht so wie sonst. Blumen und Gestecke stehen zwar wie immer für die Kunden bereit, aber auch anderes Publikum gibt sich in diesen Tagen die Türklinke in die Hand. Medienvertreter kommen und wollen Interviews mit den beiden Helden aus Sylbach. In dem Dorf liegt noch immer ein leichter Brandgeruch in der Luft.
Die beiden jungen Männer verstehen eigentlich die ganze Aufregung um ihre Person nicht. Der Trubel ist ihnen eher unangenehm. "Was wir gemacht haben, das ist doch selbstverständlich. Das machen Feuerwehrleute doch jeden Tag", bemerkt Christian Klement. Der eher schüchtern und ruhig wirkende Gärtner sitzt im Brotzeitraum der Gärtnerei und beantwortet geduldig die vielen Fragen. Neben ihm leuchten Gestecke in herrlichen Farben. Es duftet nach Tannengrün.
Seine Mutter Hedwig Klement erzählt: "Ich kam gerade vom Blumen einkaufen für Allerheiligen. Als ich die Straße zu uns hinunter bog, sah ich Rauch und wunderte mich, dass um diese Zeit wohl jemand Gartenabfälle verbrennt. Ich fuhr langsamer und entdeckte, dass der Rauch aus dem Wohnhaus in der Pointstraße kommt." Aus dem Fenster quoll dicker Rauch. Im Haus brannte es. Hedwig Klement hielt an, hupte und holte Hilfe von Zuhause.
Dort kam ihr schon ihr Sohn Christian entgegengelaufen. "Erst dachte ich die Gärtnerei brennt, doch dann erkannte ich, dass das Nachbarhaus in Flammen steht", so der 32-Jährige. Der Gärtner rennt zum Nachbarhaus. "Ich musste immer an die beiden fünfjährigen Zwillingsmädchen im Haus denken", macht Christian Klement deutlich. Aus dem Haus quoll dichter Rauch aus mehreren Fenstern und an der Westseite schlugen bereits meterhohe blaue Flammen aus dem Haus. Fensterscheiben barsten von der Hitze des Feuers.
"Das Treppenhaus war bereits so stark verqualmt, dass eine Flucht aus den oberen Stockwerken nicht mehr möglich war", erinnert sich der Retter. Eine Metallwendeltreppe, die vom Balkon der Obergeschosswohnung ins Erdgeschoss führt, konnte als Fluchtweg ebenfalls nicht benutzt werden, da diese im Flammeninferno stand und bereits großer Hitze ausgesetzt war. "Sie glühte, da konnte keiner mehr drüber", berichtet Sascha Geist weiter, der sich inzwischen zu Christian Klement an den Tisch gesetzt hat.
"Ich musste immer an die fünfjährigen Zwillingsmädchen denken"
Christian Klement
Die beiden "Schutzengel" sahen, dass sich Großmutter und Großvater der Familie bereits vom Keller ins Freie retten konnten. "Also war klar: Mutter und Kinder sind noch im Haus", so Sascha Geist. Die Zeit wird knapp. Klement handelt. Er holt eine Leiter. Die beiden "Schutzengel" legen an der Ostseite des Gebäudes eine Aluleiter an die Hauswand, der Gärtner klettert nach oben, schlägt die Scheibe eines Badezimmerfenster im Obergeschoss ein, um zu den Kindern und der Frau zu gelangen. Klement und Geist steigen ein, gelangen durch das Badezimmer in den Flur, wo die Mutter steht und ihren Mädchen gerade dicke Winterschals um den Mund bindet, um die Kinder so vor dem dichten Rauch zu schützen. "Die Mädchen waren ziemlich verängstigt und wollten eigentlich nicht auf die Leiter. Da hab ich sie einfach runtergetragen", so Sascha Geist.
Die beiden Retter verletzen sich bei ihrem mutigen Einsatz leicht. Christian Geist kommt mit dem Verdacht einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus, kann aber am selben Tag wieder entlassen werden. Sascha Geist zieht sich eine Schnittwunde an der Hand zu. "Das bemerkte ich erst, als alles vorbei war, als ich die blutverschmierte Leiter sah", erzählt der 20-Jährige. Auch der Vater der beiden Zwillinge kommt leicht verletzt in ein Krankenhaus.
Die Feuerwehren aus Haßfurt, Sylbach und Unterhohenried löschen den Brand innerhalb kurzer Zeit. Dennoch entstand aufgrund der hohen Hitze enormer Schaden an dem Gebäude. Nach ersten Schätzungen beziffert die Polizei die Schadenshöhe mit rund 250 000 Euro. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand der Polizei dürfte die Brandursache im Zusammenhang mit dem Betrieb einer elektrischen Anlage stehen. Anhaltspunkte für vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung ergaben sich nicht.
Für die beiden Retter ist klar: Sie würden wieder so handeln. Sie sind glücklich, dass nicht mehr passiert ist. Die beiden Zwillingsmädchen waren bereits in der Gärtnerei und haben sich beim Retter Christian Klement bedankt: "Christian, du bist jetzt unser Freund", stellten die Mädchen glücklich fest.