Dr. Hans Jörg Schelling von der österreichischen Lutz-Zentrale sagte es mit einem Lächeln: "Es ist schon erstaunlich, dass ein kleines Haus aus Österreich in der Oberliga der europäischen Möbelhändler mitspielen darf." Eine Oberliga, deren Bestandteil nun auch das Haßfurter Möbelhaus Engelhardt ist. Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Freitag vormittag ließen Schelling, sein Kollege Günter Raudner von der deutschen Möma-Gruppe und Seniorchef Georg Engelhardt die Katze aus dem Sack: Rückwirkend zum 1. Januar ist das gesamte Unternehmen Engelhardt samt allen Immobilien und den 400 Mitarbeitern von der Möma-Lutz-Gruppe (siehe Stichwort) übernommen worden.
Damit fügt sich Engelhardt ein in eine Reihe deutscher Möbelhäuser, die bereits von Lutz übernommen worden sind. Häuser mit klingenden Namen wie Möma, Wohnschau und zuletzt Neubert in Würzburg und Hirschaid. Seit einem Jahr ist die Lutz-Gruppe durch die Übernahme von Neubert in Bayern präsent. Mit dem Kauf von Engelhardt hat sich das Unternehmen ein drittes Standbein in Mainfranken geschaffen, das in zwei Jahren durch den Neubau eines Neubert-Möbelhauses in Schweinfurt um ein Viertes ergänzt wird.
Georg Engelhardt, der das Möbelhaus vor 41 Jahren "aus dem nichts" aufgebaut hat, sagte, die Gründe für den Verkauf liegen im privaten Bereich. Mit 63 Jahren wolle er das Erreichte genießen, seine Söhne möchten sich anderen Aufgaben stellen. "Ich bin mir der Verpflichtung gegenüber meinen Mitarbeitern sehr bewusst", hob er hervor. Die größte Sicherheit für den Erhalt der Arbeitsplätze habe er bei der Möma-Lutz-Gruppe gesehen. "Zudem war mir wichtig, dass mein Lebenswerk durch das Unternehmen in meinem Sinne gesichert, fortgeführt und weiterentwickelt wird", so Engelhardt. Dieser Aspekt hatte schon der Familie Neubert sehr am Herzen gelegen.
Es sei ein Anliegen der Möma-Lutz-Gruppe, dass das Haßfurter Unternehmen möglichst selbständig weitergeführt wird, merkte Günter Raudner, Geschäftsführer der deutschen Möma-Gruppe, an. Kurz vor Weihnachten sei über den Verkauf verhandelt worden. Zuvor hatte es lediglich "lose Gespräche unter Verbandskollegen" gegeben, aber nichts konkretes, so Schelling.
"Engelhardt liegt am Rande des Einzugsgebietes von Möbel Neubert und passt daher vom Standort und vom Konzept optimal zur Lutz-Gruppe", merkte Raudner an. Das Haus bleibt als Neubert-Konkurrent bestehen und wird daher der Lutz-Schiene Möma mit Standorten in Hannover, Braunschweig, Neumünster und Nordhorn zugeordnet, sagte er weiter. Neubert bildet eine eigene Lutz-Schiene.
Möbel Engelhardt werde unverändert weitergeführt, auch der Name bleibt erhalten. Das Möbelhaus betreibt in Haßfurt und Wassertrüdingen insgesamt 62 000 Quadratmeter Verkaufsfläche und erzielte einen Jahresumsatz von rund 130 Millionen Mark. Mit der Integration Engelhardts steigt der Gesamtumsatz der Lutz-Gruppe auf 2,3 Milliarden Mark in Deutschland und Österreich. Die Gruppe ist damit größer als jedes konventionelle Möbelhaus in Deutschland. Auf europäischer Ebene läuft uns nur Ikea den Rang ab, so Schelling.
Das Erfolgsrezept der Lutz-Gruppe bei sämtlichen Übernahmen ist laut Raudner, dass in den aufgekauften Unternehmen nichts Grundlegendes verändert werde. "Bei Engelhardt ist der Service top und erfüllt die regionalen Bedürfnisse der Kunden und Mitarbeiter, da gibt es nichts zu verbessern", sagte der Möma-Geschäftsführer. Allerdings wird die Außenfassade einen neuen Look erhalten.
Zudem sind weitere Investitionen geplant. Eine Erweiterung des Hauses um 15 000 Quadratmeter wäre möglich, überlegt wird auch, den dreigeteilten Engelhardt-Komplex zusammenzuführen. Ein Team der Möma-Gruppe mache gerade eine Bestandsaufnahme im Haus. Sind diese abgeschlossen, wird geplant, in welchem Umfang in den Standort Haßfurt investiert wird.
Über den Kaufpreis machten beide Seiten keine Angaben. "Fair und gut", sagte Georg Engelhardt, der bei Bedarf der Möma-Gruppe beratend zur Seite stehen wird. Ansonsten wolle er die "Früchte seines Schaffens" in Ruhe genießen.
Im Management des Möbelhauses werde sich nichts ändern, lediglich ein Berater wird nach Haßfurt kommen - so wie Günter Raudner Anfang 2000 zu Neubert nach Hirschaid. "Der Berater wird bei Engelhardt die Strukturen kennen lernen und die Informationen weiter nach Österreich und in die anderen Filialen tragen", sagte der Geschäftsführer. Auf diese Weise profitiere die Lutz-Gruppe im Ganzen von den Erkenntnissen aus Haßfurt, wie schon zuvor bei Neubert.
Landrat Rudolf Handwerker und Haßfurts Bürgermeister Rudi Eck merkten an, dass das Möbelhaus täglich eine Vielzahl von Kunden anziehe, die für die kleine Kreisstadt von großer Bedeutung sind.
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