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GLEUSDORF: Neuer mysteriöser Todesfall im Pflegeskandal

GLEUSDORF

Neuer mysteriöser Todesfall im Pflegeskandal

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    Ehemalige Pfleger erheben immer neue Vorwürfe gegen die Leitung der Seniorenresidenz.
    Ehemalige Pfleger erheben immer neue Vorwürfe gegen die Leitung der Seniorenresidenz. Foto: Foto: Beate Dahinten

    Der Pflegeskandal in der Seniorenresidenz Schloss Gleusdorf (Lkr. Haßberge) hat eine Welle der Empörung ausgelöst – und er bringt immer weitere Vorwürfe ans Tageslicht. So berichtet die Bamberger Zeitung „Fränkischer Tag“ (FT) aufgrund der Aussagen von Beschäftigten des Pflegeheims von einem weiteren mysteriösen Todesfall: Eine Heimbewohnerin aus der Nähe von Maroldsweisach (Lkr. Haßberge), die mit einer Handfraktur nur zur Kurzzeitpflege in die Seniorenresidenz gebracht worden sei, sei nie mehr nach Hause gekommen sondern überraschend dort verstorben.

    Die Frau sei geistig fit gewesen, hatte nur eine Handfraktur, wie eine Pflegekraft aus dem Jahr 2010 berichtet. „Und plötzlich lag sie eines Morgens tot im Bett.“ Als Grund vermutet die Pflegerin Angst, denn die Frau sei mit einer psychisch Kranken in ein Zimmer gesteckt und mehrfach von der geistig Verwirrten drangsaliert worden. „Ich habe die Geschäftsführerin und den Pflegedienstleiter mehrfach informiert, wurde aber abgewimmelt, dass kein anderes Zimmer zur Verfügung steht und ich dies irgendwie anders regeln soll.“

    Wie berichtet sitzen die geschäftsführende Gesellschafterin und der Pflegedienstleiter des Pflegeheims in dem Gemeindeteil von Untermerzbach seit Ende vergangener Woche in Untersuchungshaft. Ihnen wird unter anderem Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen. Konkret geht es dabei um den Fall eines Mannes, dessen Gesundheitszustand sich nach einem Sturz über Tage dramatisch verschlechtert hatte. Die Verantwortlichen der Seniorenresidenz hatten aber keinen Arzt gerufen. Der Mann starb. Zudem hatte die Oberstaatsanwaltschaft bestätigt, dass im Rahmen der umfangreichen Untersuchungen auch weitere Sterbefälle aus der Vergangenheit unter die Lupe genommen würden. Daneben wird wegen unrichtiger Gesundheitszeugnisse, Vermögensdelikten oder Manipulationen ermittelt.

    Die Pflegekraft aus dem nördlichen Landkreis Haßberge erhebt nun gegenüber dem FT außerdem den Vorwurf, es habe Unregelmäßigkeiten bei der Medikamentengabe gegeben. Die Geschäftsführerin habe die versiegelt angelieferten Medikamente „immer alle aufgemacht und ausgetauscht“.

    Auch gibt die Pflegerin zu, dass sie selbst hätte „als Fachkraft genauer hinschauen müssen, ob die verabreichten Medikamente mit den verschriebenen zusammen passen“.

    Nicht zugewiesene Medikamente entdeckt

    Ein Sprecher des Gesundheitsministerium in München bestätigte dem FT am Wochenende, dass er aufgrund eines Kontrollbesuches durch die Heimaufsicht der Regierung von Unterfranken noch vor dem eigentlichen Prüfbericht darüber informiert worden sei, dass „bei der letzten anlassbezogenen Begehung keine schwerwiegenden Vorwürfe bestätigt worden seien“. Gefunden wurden den Angaben zufolge aber ungeöffnete Psychopharmaka, die „sich keinem Bewohner zuordnen ließen“.

    An den externen Fachleuten der Seniorenresidenz gab es von mehreren vormaligen Angestellten Kritik, auch von der ehemaligen Fachkraft. Sie bestätigt die Aussagen ihrer Kolleginnen, wonach Dokumente ausgetauscht und Pflegeberichte regelmäßig geschönt wurden.

    Zur Glaubwürdigkeit der Kontrollinstanzen hat sie ihre eigene Ansicht: „Dass die Heimaufsicht oder der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) kommt, haben die Chefs immer zwei Tage vorher gewusst und die entsprechenden Vorkehrungen getroffen.“

    "Leute festgemacht, wenn sie nicht spurten"

    Einzig einem Amtsrichter attestierte eine andere Fachkraft aus einem Gemeindeteil von Maroldsweisach Sorgfalt bei seinen Besuchen. „Der hat auch mal nachgefragt.“ Sobald der Richter aber das Heim verlassen hatte, seien „alle Leute festgemacht worden, wenn sie nicht spurten“, sagt die Zeugin. Sie habe von Mängeln auch dem Vertreter der Heimaufsicht berichtet. „Der hat es sich angehört, ist gegangen und passiert ist nichts.“ Und wenn sich Angestellte weigerten, weiter mitzumachen, „wurde mit fristloser Kündigung gedroht“, so die Maroldsweisacherin.

    Bei ihren Ermittlungen untersucht die Kripo derzeit auch zwei Todesfälle, die sich im Schlosspark der Seniorenresidenz ereigneten. Dort ertranken zwei Bewohner im Gartenteich. Der Vorwurf: Bei beiden Todesfällen soll die Leitung der Seniorenresidenz die unnatürliche Todesursache vertuscht haben.

    Die Liste der Vorwürfe

    Von einem Ertrunkenen im Teich berichtet auch ein Ergotherapeut aus Bamberg, der „es unter diesen Verhältnissen aber nicht lange ausgehalten hat“. Er sei zurückgepfiffen worden, wenn er den Heimbewohnern mit Übungen ein Stück Selbstständigkeit zurückgeben konnte, denn das „hätte die höhere Einstufung bei der Pflegestufe gefährdet.“

    Stromkabel ohne Isolierung, fragliche „Erziehungsmethoden“ für Alkoholiker, ein stets unterbesetzter Nachtdienst – die Liste der Vorwürfe, die ehemalige Angestellte unabhängig voneinander erheben ist lang. Es gibt aber auch andere Stimmen: Eine Frau aus Knetzgau (Lkr. Haßberge) meldete sich mit Unverständnis und Widerspruch beim FT. Sie könne sämtliche Vorwürfe nicht nachvollziehen, denn ihr Vater sei mit 97 Jahren dreieinhalb Monate im Schloss gewesen und es habe keine Beanstandungen gegeben.

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