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KREIS HASSBERGE: Notfalls kommt's zur Zwangskehrung

KREIS HASSBERGE

Notfalls kommt's zur Zwangskehrung

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    Ohne Sorgen: Bezirkskaminkehrermeister Mathias Betz glaubt nicht, dass er viele Kunden verliert. Im Bild prüft er eine Ölheizung.
    Ohne Sorgen: Bezirkskaminkehrermeister Mathias Betz glaubt nicht, dass er viele Kunden verliert. Im Bild prüft er eine Ölheizung. Foto: Foto: Michael Mösslein

    Schornsteinfeger gelten als Glücksbringer. Ob sie das Glück tatsächlich für sich gepachtet haben, darf bezweifelt werden. Was ihnen bislang allerdings niemand streitig machte, war das Kaminkehrermonopol: Allein dem zuständigen Bezirkskaminkehrermeister war es erlaubt, die Schornsteine in seinem Kehrbereich zu fegen. Damit ist seit Jahresbeginn Schluss.

    Verantwortlich dafür ist die Europäische Kommission. Diese sah in dieser in Deutschland geltenden Regelung, dass in jedem der 8000 Kehrbezirke nur ein staatlich bestimmter Schlotfeger Kamine kehren durfte, einen Verstoß gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Deutschland wurde verpflichtet, den Kaminkehrermarkt zum Jahreswechsel 2012/13 zu öffnen. Seitdem kann jeder Hausbesitzer einen Kaminkehrer seiner Wahl beauftragen, bei ihm die vorgeschriebenen Kehrtermine wahrzunehmen, zu einem frei auszuhandelndem Preis – denn die bisher geltenden Pauschalen für Kehrleistungen sind ebenfalls weggefallen.

    Mehr Freiheit für den Bürger – klingt nach einer guten Sache. Doch ganz so einfach ist das nicht. Denn während die Hausbesitzer sich bisher darauf verlassen konnten, dass der zuständige Kaminkehrer automatisch rechtzeitig kam, müssen sie sich jetzt selbst darum kümmern. „Wir haben immer wieder mit verunsicherten Menschen zu tun“, berichtet Irene Wagenhäuser, die am Landratsamt in Haßfurt Ansprechpartnerin für Hausbesitzer ist, die Fragen zur Kehrpflicht haben, unter Tel. (0 95 21) 2 72 05.

    Feuerstättenbescheide verschickt

    Die meisten Hausbesitzer haben in den zurückliegenden Wochen erstmals von ihrem Bezirkskaminkehrermeister einen Feuerstättenbescheid erhalten. In dem je nach Zahl der betriebenen Kamine bis zu mehrere Seiten starken Dokument ist genau aufgelistet, welche Kehr- und Prüffristen Hausbesitzer für ihre Kamine und Heizungen beachten müssen. Nebst Rechtsbehelfsbelehrung ist dieser Bescheid für Laien kompliziert zu lesen. Er ist jedoch die Grundlage, mit der sie sich auf dem freien Markt einen Kaminkehrer suchen können, der bei ihnen die geforderten Dienstleistungen erbringt. Hierfür können sie sich Angebote machen lassen, um den günstigsten Anbieter zu finden. Dies empfiehlt Wagenhäuser vom Landratsamt jedem, der den Kaminkehrer wechseln möchte. Andernfalls gilt ihr Rat: „Lassen Sie sich weiter von dem bisherigen Kaminkehrer bedienen.“

    Infrage kommen nur Kaminkehrermeister, die in einem vom Bundesamt für Wirtschaft und Außenkontrolle geführten Register geführt stehen. Auf dessen Webseite (www.bafa.de) kann jeder prüfen, ob ein Kaminkehrer diese Voraussetzungen erfüllt, indem er dessen Name sowie Postleitzahl und Ort des Dienstsitzes in eine Anfragemaske eingibt. Hat ein zugelassener Kaminkehrer gekehrt, muss er einen amtlichen Vordruck ausfüllen, den der Bezirkskaminkehrermeister bis zum vorgeschriebenen Kehrtermin in Händen halten muss. Denn: Die Bezirkskaminkehrer haben zwar ihr Kehrmonopol verloren, müssen jedoch überwachen, dass die vorgeschriebenen Standards beim Kaminkehren eingehalten werden. Deshalb die Vordrucke. Werden die Kehrtermine verschlafen – oder unsachgemäß ausgeführt –, muss ein Bezirkskaminkehrer die säumigen Hausbesitzer dem Landratsamt melden.

    Aufwand schreckt ab

    Viel Bürokratie und Aufwand, die den Willen der Hausbesitzer, den Kaminkehrer zu wechseln, bislang stark in Grenzen halten. Dies ist jedenfalls von den drei Bezirkskaminkehrern zu hören, die wir nach ihren Erfahrungen gefragt haben. Sie alle betreuen Ortschaften im Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim und gehen wie gewohnt weiter zu ihren bisherigen Kunden, solange diese ihnen nicht kündigen. Diesen Schritt hat bislang kein Hausbesitzer unternommen, teilen die drei mit. „Die sind eher in Sorge, dass wir nicht mehr bei ihnen kehren“, sagt Angelika Ruppert. Sie arbeitet im Büro ihres Mannes Karl Ruppert mit, der Bezirkskaminkehrer in Pfaffendorf ist.

    Auch Mathias Betz (Knetzgau), zu dessen Kehrbezirk Hofheim gehört, hat nach eigenen Worten „weiter gut zu tun“. Er macht sich keine Sorgen, dass sich viele Hausbesitzer einen neuen Kaminkehrer suchen könnten. „Ich habe auch nicht mitbekommen, dass hier irgendein Kaminkehrer Werbung gemacht hätte“, sagt er. Er glaubt auch nicht, dass andere günstiger wären als er, schon allein deshalb, weil ein Kaminkehrer, der extra wegen eines Kunden in eine Ortschaft fährt, höhere Fahrtkosten hat.

    Nachdem sie bislang automatisch alle Häuser in einem Ort betreut haben, haben Schlotfeger die Kehrtermine meist so gelegt, dass sie an einem Tag möglichst viele Hausbesuche zusammenlegen konnten. „Deshalb kann es nur teurer werden, wenn ich extra für einen Termin irgendwo hinfahre“, meint auch Bezirkskaminkehrer Helmut Schuldes aus Sulzfeld, der Ortschaften im nördlichen Landkreis Haßberge betreut. Er hat bislang keinen Kunden, der wechseln möchte. „Die wollen keinen Fremden“, sagt Schuldes, der seit dem Jahr 1985 Kaminkehrer ist und seinen Bezirk seit 1992 hat.

    Schuldner losgeworden

    Die Wahlfreiheit gilt nicht nur für Hausbesitzer, auch umgekehrt müssen Bezirkskaminkehrer nicht mehr zu allen Hausbesitzern. Schuldes hat sich bereits von einem Kunden getrennt, weil dieser Rechnungen nicht zahlt. Wenn dieser nun keinen anderen Kaminkehrer findet, dann wird Schuldes ihn beim Landratsamt melden. Die Behörde wird, wenn eine Fristverlängerung verstreicht, eine Zwangskehrung veranlassen. Diese muss dann zwar Schuldes als Bezirkskaminkehrer durchführen, doch die Kosten erstattet das Landratsamt. Dieses holt sich das Geld – soweit möglich – beim Hausbesitzer zurück, inklusive eines ordentlichen Zuschlags an Strafgebühren.

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