Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

EBERN: Oldtimer-Drehleiter: 50 Jahre und noch im Einsatz

EBERN

Oldtimer-Drehleiter: 50 Jahre und noch im Einsatz

    • |
    • |
    Rundhauber: Die Drehleiter von 1963 steht tipptopp da.
    Rundhauber: Die Drehleiter von 1963 steht tipptopp da. Foto: Fotos: Mösslein (3), Baiersdorfer (2)

    Wer die alte Dame sieht, errät ihr Alter nicht auf den ersten Blick. Auch auf den zweiten Blick merkt nur der Kenner, dass das Schmuckstück im tadellosen, zeitlos roten Lack nicht mehr ganz taufrisch ist. Am ehesten sind es die runden Konturen der Kühlerhaube, die verraten, dass die Drehleiter der Werkfeuerwehr FTE automotive in Ebern einige Jahrzehnte auf dem Fahrgestell hat. Fünf sind es, um genau. Im August feiert das Einsatzfahrzeug seinen 50. Geburtstag. Und noch immer rückt die Drehleiter mit aus, wenn es brennt. Das ist wirklich selten.

    Ihren Dienst als Feuerwehreinsatzfahrzeug begann die Drehleiter in Schweinfurt, bei FAG Kugelfischer. In dem Industriebetrieb hatte es wenige Jahre zuvor einen Großbrand gegeben. Die Folge: Es wurden Feuerwehren in allen Werken aufgebaut. Im Zuge dessen kam die fabrikneue Drehleiter hinzu, die am 26. August 1963 erstmals zugelassen wurde. Das Fahrgestell hatte die Klöckner-Humboldt-Deutz AG in Ulm gefertigt. Die Firma Magirus hatte den 30-Meter-Leiterpark (ohne Korb) aufgebaut. 125 PS, ein Motor mit 7412 Kubikzentimetern Hubraum, 10,2 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht und 83 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit – so ist es in den Fahrzeugpapieren nachzulesen.

    Die Ganzstahl-Kraftfahrdrehleiter DL 30H, wie es korrekt auf dem Deckel der rotgebundenen, mit Schreibmaschine getippten Original-Bedienungsanleitung geschrieben steht, war seinerzeit technisch auf der Höhe der Zeit. Heute, meint Achim Baiersdorfer (40), der Leiter der FTE-Werkfeuerwehr, sei das freilich anders. Das Fahrzeug kommt zwar etwas altbacken daher und dessen Einsatzwert sei im Vergleich mit modernen Drehleitern überschaubar, nichtsdestotrotz rücke es immer noch aus, wenn eine Drehleiter gebraucht wird. „Ein Sachverständiger überprüft die Drehleiter jährlich auf ihre Sicherheit hin“, sagt Baiersdorfer, wie von den Unfallverhütungsvorschriften gefordert. Solange der Fachmann sein Ok gibt, bleibe die Leiter im Dienst. „Die Technik ist solide und funktioniert, auf die kann man sich verlassen, auch ohne Computer, wie bei heutigen Fahrzeugen“, sagt der Leiter der Werkfeuerwehr.

    Eine Drehleiter ist Vorschrift

    Selbst wenn die 50 Jahre alte Drehleiter einmal ausgemustert wird: Klar ist, dass weiter eine Drehleiter gebraucht wird. Im Bau 20 von FTE, einem dreieinhalbstöckigen Verwaltungsgebäude, sei eine Drehleiter als Brandschutzgründen vorgeschrieben, weil sonst kein zweiter Rettungsweg vorhanden ist. Im Ernstfall müsste eine Drehleiter Menschen retten. Bis vor gut vier Jahren war die Drehleiter von FTE auch die einzige in Ebern, bis die Freiwillige Feuerwehr ein solches Fahrzeug erhalten hat. Aber immer noch, so berichtet Baiersdorfer, rücke die FTE-Leiter etwa zweimal pro Jahr ernstfallmäßig aus. FTE-intern, an den Standorten Ebern und Fischbach, würden die 36 Aktiven der Werkfeuerwehr jährlich rund 60-mal alarmiert.

    Am 2. März 1983 war die Drehleiter von FAG Schweinfurt ins damalige FAG-Zweigwerk Ebern verlegt worden, zusammen mit einem Trockentanklöschfahrzeug, das nur einen Tag jünger ist als die Drehleiter und das heute ebenfalls noch zum Fuhrpark der FTE-Wehr gehört. Als zweites altes Schmuckstück steht es in der Fahrzeughalle auf dem Werksgelände, neben einem modernen Löschfahrzeug.

    Im Landkreis Haßberge gibt es nach Auskunft von Kreisbrandrat Ralf Dressel neben den FTE-Fahrzeugen kaum Einsatzfahrzeuge, die vergleichbar alt sind. Ihm fallen spontan nur Löschfahrzeuge der Feuerwehren Dörflis und Fatschenbrunn ein, die beide „annähernd 50 Jahre alt sind“.

    Wer auf den Kilometerzähler der FTE-Drehleiter schaut, traut seinen Augen kaum: 13 167 steht dort, das sind umgerechnet nur gut 263 Kilometer pro Jahr. Kein Vergleich mit einem Personenauto – abgesehen davon, dass solche kaum 50 Jahre durchgehalten hätten. „Mit der Drehleiter“, sagt Roland Welsch, „das ist echtes Fahren, ohne synchronisiertes Schaltgetriebe und Lenkkraftunterstützung. Wer die zehn Tonnen lenkt, der braucht keine Muckibude.“ Der 53-Jährige ist seit dem Jahr 1979 bei der Werkfeuerwehr und einer der zehn Maschinisten, die die Leiter fahren und bedienen.

    Früher war manches lockerer

    Früher, als vieles noch nicht so streng geregelt war, seien sie mit der Drehleiter häufiger ausgerückt, wenn bei Kirchendächern kleinere Reparaturen anstanden, oder bei Sportplatzbeleuchtungen Lampen ausgewechselt werden mussten, erinnert sich Welsch. Das gehe heute nicht mehr – unter anderem aus Versicherungsgründen, wie Baiersdorfer erklärt. Bis auf ihn, der die Werkfeuerwehr hauptberuflich leitet, seien die restlichen Mitglieder der Wehr ehrenamtlich dabei. Wenn diesen bei so einer Freizeitaktion etwas zustieße – nicht auszudenken. Anders ist dies selbstverständlich, wenn die Werkfeuerwehr zum Ernstfall alarmiert wird. Dann gelten dieselben Absicherungen wie für die Aktiven der kommunalen Freiwilligen Feuerwehren.

    An der alten Drehleiter sind laut Achim Baiersdorfer seit deren Indienststellung keine größeren Umbauten vorgenommen wurden. Freilich, Reparaturen bleiben bei einem Fahrzeug nie aus, auch der Dieseltank musste erneuert werden. Das war's aber auch schon. Ansonsten steht die Leiter da, wie aus einem Hochglanz-Oldtimer-Magazin ausgeschnitten. Drei bis fünf Feuerwehrfotografen, schätzt Baiersdorfer, kämen jährlich zu FTE um das Fahrzeug abzulichten. Wenn er mit der Drehleiter auf der Straße unterwegs ist, meint er, bemerke er ganz unterschiedliche Reaktionen bei den Beobachtern am Straßenrand: „Die, die sich mit solchen Fahrzeugen auskennen, die würden die Drehleiter am liebsten mit zu sich nach Hause nehmen. Andere meinen: Was soll das alte Zeug.“

    Nach den Informationen, die der Werkfeuerwehr vorliegen, dürfte es sich bei ihrer Drehleiter um das einzige Fahrzeug seiner Art sein, das noch zu Einsätzen ausrückt. Welsch weiß aber, wo ein Pendant („haargenau dasselbe Modell“) zu finden ist: im Technikmuseum in Speyer. Für die Eberner Leiter hat die Stunde, um einen Ruhesitz in einem Museum zu suchen, noch nicht geschlagen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden