Mehr oder weniger per Zufall war Mitte der 70er Jahre aus dem Schloss Bettenburg ein Drogentherapie-Zentrum geworden. Ein Holzschnitt von der Bettenburg in einem Büro habe die Verantwortlichen der Drogenhilfe Tübingen (Baden-Württemberg) auf den Standort in den Haßbergen aufmerksam gemacht, erklärte Dr. Theo Wessel, seit 2000 Leiter des Therapie-Zentrums Bettenburg. Der Besitzer des Wandbehangs wusste zufällig, dass die Familie Truchseß das dortige Hotel nicht weiterführen wollte. Seit 1977 besteht dort nun das Therapiezentrum.
50 Drogensüchtige werden auf der Bettenburg momentan therapiert. Wer dorthin kommt, hat gerade den Entzug hinter sich, erklärte Wessel bei seinem Vortrag. Er erzählte einiges vom Alltag im Therapie-Zentrum, der mit einem Wochenplan geregelt ist.
Ein wichtiger Bestandteil sind natürlich Gruppengespräche mit den Therapeuten. Bei der alltäglichen Arbeit helfen die Klienten selbst mit. Beim Kochen, Putzen, Bestellen des Gartens oder bei der Pflege und Renovierung des fast 800 Jahre alten Gebäudes leisten die Drogensüchtigen ihren Beitrag für die Gemeinschaft. Außerdem sind die Menschen sportlich aktiv, teilweise sogar in Vereinen in der Region.
Absolutes Alkohol- und Drogenverbot herrscht auf der gesamten Anlage. Dazu kontrollieren die Mitarbeiter regelmäßig Atemluft, "wie die Polizisten", erläutert Wessel schmunzelnd. Außerdem werden Urinkontrollen durchgeführt.
Wessel trug nicht stur vor, sondern trat in den Dialog mit seinen Zuhörern. Etwa ein Dutzend Interessierter war in das Hofheimer Pfarrheim gekommen. Im Gespräch thematisierte der Zentrumsleiter unter anderem legale Drogen wie Alkohol und Tabak sowie deren verheerende Folgen und die Funktion als "Einstiegsdroge". Jedoch wies er darauf hin, dass in der Bettenburg nur Menschen therapiert würden, die Schwierigkeiten mit illegalen Drogen haben.
"Was junge Menschen am besten vor Drogen schützt", so ein Kernpunkt von Wessels Vortrag, "ist ein Arbeitsplatz, eine Tagesstruktur." Der aktuelle Lehrstellen-Mangel sei nicht hinnehmbar, betonte er. Das Therapiezentrum selbst bietet in einer Werkstatt in Königsberg 20 Ausbildungsplätze (zum Beispiel zum Industriemechaniker oder Schreiner) für Ex-Klienten oder "Benachteiligte" aus der Umgebung an. Weil Arbeit für ein Leben ohne Drogen so wichtig sei, gehen die Klienten am Ende der Therapie in ein sechs- bis achtmonatiges Praktikum. Dafür haben mehrere Unternehmen aus der Gegend etwa 30 Praktikumsplätze bereitgestellt.
Von der Pfarrgemeinde wünschte sich Wessel zum Abschluss, dass sie sich etwas mehr öffnet und das Zentrum auf der Bettenburg auch bei Festen mitberücksichtigt. Gleichzeitig lud er ausdrücklich zum Sommerfest auf der Bettenburg ein, das am 15. Juli stattfindet. Dann besteht unter anderem die Möglichkeit zu einer Burgführung.
Einen Eindruck, wie es hinter Mauern der Bettenburg aussieht, haben die Zuhörer schon jetzt erhalten. "Sie haben die Tür ein Stück geöffnet", freute sich ein Zuhörer.