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HASSFURT: Pflaster sorgt für Wutanfälle

HASSFURT

Pflaster sorgt für Wutanfälle

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    „Der Abbau von Hindernissen betrifft nicht nur behinderte Menschen wie etwa uns Rollstuhlfahrer, sondern zum Beispiel auch Mütter mit Kinderwagen“, betont Karl Wiesler. „Auch gehbehinderte oder ältere Menschen haben Probleme.“ Der 63-Jährige aus Westheim bei Hammelburg kommt in seinem Alltagsleben zwar „wesentlich besser als früher“ zurecht, doch es gibt „immer noch zu viele Hindernisse“.

    Wiesler, der vor 31 Jahren die „Rollenden Basketballer“ in der Kreisstadt ins Leben rief und immer noch führt, beteiligte sich deshalb zusammen mit seinen Mannschaftskameraden an einem Protestzug durch die Kreisstadt anlässlich des jährlichen Aktionstages der „Aktion Mensch“ unter dem Motto „Schon viel erreicht, noch viel mehr vor“.

    Immerhin habe sich in Sachen Barrierefreiheit in Haßfurt in den letzten Jahren schon viel getan. Dafür ist Karl Wiesler „sehr froh und dankbar“ gegenüber den Verantwortlichen von Stadt und Landkreis. Der ehemalige Kreisgeschäftsführer des Sozialverbandes VdK lobt das Engagement und nennt als Beispiele den stufenlosen Zugang zur Turnhalle, die Errichtung eines Rollstuhlfahrer-WCs oder die kürzliche Fertigstellung einer Rampe im Mehrgenerationenhaus: „Da wurde alles richtig gemacht.“ Wiesler ist seit seiner Geburt behindert, kann nur wenige Schritte mühsam gehen und ist auf den Rollstuhl angewiesen. „Wir merken die Fortschritte“, lobt er die Anstrengungen, schiebt jedoch ein dickes „aber“ hinterher: „Es müsste insgesamt noch viel mehr getan werden.“ So fällt es ihm oft schwer, ohne große Anstrengungen und vor allem ohne fremde Hilfe in Geschäfte oder Gaststätten zu gelangen. „Viele Besitzer werden unsere Probleme erst verstehen, wenn sie sich selbst einmal in einen Rollstuhl setzen und durch die Stadt fahren“, plädiert er für einen Selbstversuch. Schon das Überqueren einer Straße kann sehr nervenaufreibend und für einen Ungeübten „eine richtige Katastrophe“ sein.

    Der 53-jährige Ferdinand Walter aus Burgpreppach ist der Verzweiflung nahe, wenn dann noch Pflastersteine ins Spiel kommen wie etwa auf dem Hofheimer Marktplatz. Walter, bereits im Alter von acht Monaten an Kinderlähmung erkrankt, ist auf den Rollstuhl angewiesen. „Ohne fremde Hilfe ist es bescheiden“, sagt er und berichtet von seiner Begegnung mit einer Lücke im Pflaster. „Das Rad hat sich eingeklemmt und ich bin fast rausgefallen.“ Deswegen würde er sich über den Ausbau von Rollatorenstreifen freuen. „Gerade beim Neubau von Gehwegen sollte darauf geachtet werden. Ganz flache Randsteine, das wäre super.“ Er wird dagegen richtig wütend, wenn bei einem Neubau wieder nur Pflastersteine verwendet werden: „Die Architekten, die so etwas planen, müssten vier Wochen mit dem Rollstuhl darauf hin- und herfahren.“ Ein Dorn im Auge ist ihm das Dauerthema Haßfurter Bahnhof. „Da muss sich endlich etwas tun“, hofft er, dass in die Unterführung doch noch ein Aufzug eingebaut wird. Ebenso wären auch am Marktplatz einige rollstuhl- und rollatorgerechte Wege willkommen.

    Dass die „Rollenden Basketballer“ in der Kreisstadt einen Protestzug durchführten, lag in erster Linie an der Organisation von Dirk Petrautzki (28) und seiner vier Jahre jüngeren Freundin Christine Vogl. Die beiden aus Bischwind am Raueneck sind im Verein sehr engagiert, obwohl beide keinen Rollstuhl benötigen. Christine darf aber nach einer Knie-Operation nur noch Sport treiben, bei dem das Knie nicht belastet wird. Dirk Petrautzki kann also sehr gut verstehen, mit welchen Problemen es Menschen mit einer Behinderung im Alltag zu tun haben. „Jede kleine Stufe kann ein großes Hindernis sein.“ Doch neben vielen baulichen Veränderungen müsse sich auch noch das Verhalten der Mitbürger ändern. Die richtige Balance zu finden, ist aber nicht leicht, die Unsicherheit allenthalben zu spüren: „Die einen wollen übereifrig helfen, obwohl es gar nicht nötig wäre, und andere gehen lieber auf Abstand.“

    Wer Interesse hat, einmal bei den Rollenden Basketballern zu schnuppern, kann dies jeweils freitags von 18.00 bis 20.00 Uhr in der Turnhalle Ost am Dürerweg. Im Vorfeld gibt Karl Wiesler gerne Auskunft über die Sportart (Tel. 09732/781910). Mittwochs trifft sich die Gruppe von 18.00 bis 21.00 Uhr in der Gastwirtschaft am Eisstadion zum Dart.

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