Etwa 1400 Objekte umfasst die Sammlung Ludwig im Alten Rathaus: Wertvolle Fayencen und Porzellane bringen Besucher aus aller Welt zum Staunen. Nun müssen die Stücke in ein professionelles Kunstlager ausquartiert werden, weil das Alte Rathaus grundlegend saniert wird. Doch es gibt nun fast ein Jahr lang die ansonsten seltene Gelegenheit, ausgewählte Exponate in einem historischen Kontext zu bewundern: Nämlich in der Neuen Residenz auf dem Domberg.
Für Kristin Knebel, Direktorin der Städtischen Museen Bamberg und damit auch der Sammlung Ludwig, ist diese Präsentation in ihrer bisherigen Amtszeit eine Premiere. Denn "Höfische Begegnungen – Die Sammlung Ludwig zu Gast in der Neuen Residenz Bamberg" ist ihre erste offizielle Kooperationsveranstaltung mit der Bayerischen Schlösserverwaltung in Bamberg. Deren Präsident Bernd Schreiber hebt hervor, dass die Preziosen der Sammlung Ludwig ausdrücklich keine Fremdkörper in den Prunkräumen der Neuen Residenz darstellen. Im Gegenteil: "Sie sollen den historischen Kontext der jeweiligen Raumfunktionen ergänzen und bereichern", sagt er. Und: "Die Objekte bilden sozusagen eine hoch ästhetische Kommentarebene zu unserem Bestand." Denn Porzellane hätten auch zur ursprünglichen Ausstattung der Neuen Residenz gehört. Die Bamberger Fürstbischöfe wären damit dem Trend der Zeit gefolgt: "der Begeisterung für das Exotische, das Außergewöhnliche, für das gerade das – ursprünglich ja chinesische – Porzellan im Besonderen stand", so Schreiber.
Spitzenstücke aus Porzellan
Davon zeugt das Kaiserappartement als wichtigstes Gästeappartement der Neuen Residenz. Von der einstigen Ausstattung unter den Fürstbischöfen des 18. Jahrhunderts zeugen bis heute die raumprägenden Stuckaturen, Deckenmalereien sowie die aufwendigen Intarsienfußböden. Diese so kostbar ausgestatteten Räume dienten weniger Wohn- als Repräsentationszwecken: Sie bildeten die Bühne für das Bamberger Hofleben und für die große Politik des Fürstbistums.
Und auf dieser Bühne spielen jetzt Spitzenstücke aus Porzellan aus der berühmten Manufaktur Meißen und dem pfälzischen Frankenthal eine herausragende Rolle. Die Kuratorin der Sammlung Ludwig, Eva Schurr, und der Museumsreferent der Bayerischen Schlösserverwaltung für die Neue Residenz, Sebastian Karnatz, haben für die Sonderausstellung Objekte ausgewählt, die auf einzigartige Weise mit den Räumen der Neuen Residenz korrespondieren. In sieben extra gestalteten Pultvitrinen – die Ausstellungsarchitektur stammt von Tido Brussig aus München – faszinieren die Keramiken aus der Sammlung Ludwig im Dialog mit der übrigen Ausstattung. So besticht beispielsweise ein besonders seltenes chinesisches Schachspiel aus Meißen, das im fürstbischöflichen Billardsalon aufgestellt ist. Museumsdirektorin Knebel: "Ob diese kostbaren Porzellanfiguren jemals benutzt wurden oder ob sie nicht eher Ausdruck der Weltläufigkeit der Besitzer sein sollten, ist unklar."
Interpretation der fernöstlichen Kultur durch die europäische Brille
Begeisternd ist die Korrespondenz zwischen den Tapisserien im chinesischen Stil im Fürstbischöflichen Appartement und den kleinen sogenannten Chinesenhäuschen: Tafelaufsätze zum Dessertgang aus Frankenthal. Beim genauen Hinschauen können Gemeinsamkeiten und auch Unterschiede in der Interpretation der fernöstlichen Kultur durch die europäische Brille entdeckt werden. Zauberhaft schön ist ein Solitaire aus Porzellan (um 1765): Ein Frühstücksservice für eine einzelne Person, ein ausgesprochener Luxusgegenstand für Erbprinzessin Marie Gabriele, die es um 1900 nutzte. Im Speisezimmer des Erbprinzenpaares Rupprecht und Marie Gabriele zeugen venezianische Veduten von dessen Italienbegeisterung. Die gleichen Stichvorlagen spiegeln auf zwei Fayenceplatten in der Vitrine die Beliebtheit der Motive auf.
Ein Kunstwerk aus der Gegenwart erweitert die Tradition: Die Bamberger Keramikerin Christiane Toewe bringt eine Invasion von Bäumen aus Steinzeug ins Gespräch mit den Landschaftsgemälden in zwei Kabinetten des Kaiserappartements.
Carla Cugini, Geschäftsführende Vorständin der Peter und Irene Ludwig Stiftung, freut sich über die "gelungene Kooperation und so vielen kreativen Ideen im wunderbaren Ambiente der Neuen Residenz Bamberg". Zumal die Sammlung Ludwig in ihrer Art einmalig in ganz Europa sei. Der Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung ergänzt: "Die Sanierung des Alten Rathauses wird der Sammlung neue räumliche Glanzpunkte und eine moderne Präsentation ermöglichen." Zugleich mache die Sanierung die jetzige Ausstellung erst möglich, deren Reiz gerade in der Begegnung von historischen Raumkunstwerken und keramischen Spitzenobjekten liege.
Workshops: Begleitend zur Ausstellung (bis 29. Juni 2025) werden Workshops für Kinder und Erwachsene angeboten, in denen hochwertiges Porzellan selbst bemalt werden kann. Näheres zum Programm und zur Ausstellung unter www.residenz-bamberg.de.
