Bierdeckel, Bierflaschen, Etiketten, Kronkorken, Krüge und Gläser – alles, was irgendwie mit dem beliebten Gerstensaft zu tun hat, wurde in der Turnhalle in Zeil zum Tausch oder Kauf angeboten. Unter der Schirmherrschaft der Brauerei Göller veranstaltete der Internationale Brauereikultur-Verband (IBV) ein Tauschtreffen für Sammler von Brauereiartikeln.
Gut 120 Aussteller fanden den Weg nach Zeil. „Die Tauschtreffen in Franken sind sehr beliebt“, sagt Günter Ruhland, IBV-Beauftragter für Bayern-Franken. „Unsere Landschaft ist herrlich und Übernachtung und Essen sind sehr günstig“, nennt er als Grund. Schon am Vorabend trafen sich die bereits angereisten Sammler in der Brauereigaststätte Göller. Es wurde gefachsimpelt und ein jeder war gespannt darauf, was die anderen mitgebracht hatten. „Bei jedem Treffen ist ein gewisser Reiz dabei, dass etwas auftaucht, was man schon lange sucht“, sagt Ruhland. Der 73-Jährige hat sich auf Brauereien in Oberfranken spezialisiert: 2000 Krüge umfasst seine Sammlung. Seine Frau Gisela sammelt fleißig mit und begleitet ihn auf die Tauschtreffen.
Alle sechs Wochen organisiert der IBV in Deutschland ein solches Treffen. „Wir haben ungefähr 1400 Mitglieder, hauptsächlich Deutsche, Österreicher, Schweizer und Holländer“, sagt Winfried Friedel, IBV-Präsident aus Stuttgart. „Hier in Franken gibt es die meisten Brauereien und die meisten Sammler“, erläutert er. „Und das beste Bier“, fügt Ruhland hinzu.
Schon als 15-Jähriger begann Friedel, Bierdeckel zu sammeln. Im historischen Brauereiverzeichnis des IBV sind alle Brauereien in Deutschland ab 1880 aufgelistet. Von den einzelnen Brauereien gäbe es oft 500 und mehr verschiedene Bierdeckel. Von jeder Brauerei mindestens einen Bierdeckel: das strebt Friedel an. Circa 40 000 Stück sammelte er bis jetzt. „Mit den alten Bierdeckeln kann man nachvollziehen, wie sich die Brauereien entwickelt haben“, erklärt er sein Interesse. Die Geschichte der Brauereien zu erforschen und die Kulturgüter zu bewahren, sind die Anliegen des IBV und seiner Mitglieder. Was am meisten gesammelt wird, sind Etiketten von Bierflaschen. Krüge sind eher ein bayerisches Phänomen; hierauf konzentrieren die Franken hauptsächlich ihre Sammelleidenschaft. In der ehemaligen DDR dagegen habe es kaum Krüge und auch keine Bierdeckel gegeben.
Karsten Marquardt strahlt. „Zwölf wunderbare alte Stücke habe ich heute gefunden“, freut sich der pensionierte Lehrer. Besonders begeistert ist er von zwei Gläsern: „Die Schrift Hiernickelbräu Haßfurt und das Wappen sind noch mit flüssiger Emaillefarbe aufgetragen. Und der Füllstrich 10/20 zeigt, dass die Gläser ungefähr 80 bis 100 Jahre alt sein müssen“, schwärmt er. Seine „Jagdbeute“ wird in den Regalen im Keller seines Hauses in Appel bei Hamburg Platz finden. Dort richtete der leidenschaftliche Sammler mit momentan insgesamt 11 102 Exponaten sein Deutsches Bierglasmuseum ein. Gläser von rund 2800 Brauereien sind hier fein säuberlich nach Motiven, wie Wappen, Landschaften, Brauereigebäuden und Tieren, geordnet. Franken und sein Bier
haben es dem Norddeutschen ganz besonders angetan. Gemeinsam mit vier Freunden – „die Hamburger Frankenbuben nennen wir uns“ – unternimmt er seit 25 Jahren einmal jährlich eine Brauereientour nach Franken.
„70 Stück werden meiner Frau langsam zu viel“
Gerald Zauner, Sammler aus Linz
Hautnah erlebte Herbert Bott aus Eltmann das Brauereiwesen. Beim Wagner-Bräu in Eschenau erlernte er in den 50er Jahren den Beruf des Brauers. Bevor er in die Fabrik wechselte, arbeitete er als Biersieder bei der Bamberger Brauerei „Heller-Bräu“. „Dort war es sehr schön“, erinnert sich Bott, „aber mit der damals schlechten Bezahlung für Brauer konnte man einfach keine Familie ernähren“. Seine Liebe zu allem, was mit dem sogenannten „flüssigen Brot“ zu tun hat, ist ihm geblieben. Rund 1500 Krüge und 4000 Schoppengläser aus ganz Franken sind in seinem Haus aufgereiht. Auf sechs bis sieben Tauschbörsen im Jahr - von Dortmund über Bad Rappenau bis Gersthofen bei Augsburg – hält Bott zusammen mit seiner Frau Ausschau nach Stücken für seine Sammlung.
Inzwischen entwickeln sich am Stand von Günter Ruhland rege Verkaufsaktivitäten.
Gleich drei alte, emaillierte Brauereischilder kauft Gerald Zauner. Extra aus Linz ist er angereist, um seinem Hobby, dem Sammeln deutscher Brauereischilder, zu frönen. „Die hänge ich alle in meinem Haus auf“, sagt der Österreicher. „Auch wenn die rund 70 Stück, die ich schon habe, meiner Frau langsam zu viel werden“, fügt er schmunzelnd hinzu.
„Man muss sich einfach von manchen Stücken trennen“, kommentiert Ruhland den Verkauf. „Die drei Schilder brauchen wir schon mal nicht mehr heimzutragen“ – und ein leises Bedauern schwingt in seiner Stimme mit.