Am Gedenktag der Reformation lädt das Evangelisch-Lutherische Dekanat Rügheim üblicherweise zu einem Festabend ein - in diesem Jahr bedingt durch die Hygiene-Vorschriften der Pandemie in der Stadthalle Königsberg. In seinem geistlichen Impuls ging Dekan Jürgen Blechschmidt auf das derzeit besonders nötige Gottvertrauen ein, wobei Martin Luther und Dietrich Bonhoeffer wertvolle Vorbilder seien. In besonderem Maße gelte das für Jesus Christus, wenn er die Menschen ermuntere mit den Worten "Euer Herz erschrecke nicht. Glaubt an Gott und glaubt an mich. ... In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden". Gottvertrauen könne man sich nicht einreden, es entstehe aus Erfahrung, es wachse mit Hilfe von Gottes Geist, und es werde stärker, wenn der Gläubige die Verbindung zum Gott nicht abreißen lassen", betonte Dekan Blechschmidt.

Den Festvortrag mit dem Titel "Widerstandskraft in schwierigen Zeiten – Was wir von Dietrich Bonhoeffer lernen können" hielt Dekanin i. R. Dorothea Richter . Sie leitete vor ihrem Eintritt in den Ruhestand das Dekanat Kronach-Ludwigstadt und lebt jetzt in Bayreuth. Eingangs skizzierte die Referentin einen Überblick über Leben und Wirken von Pfarrer Dietrich Bonhoeffer, der heuer vor genau 75 Jahren in Flossenbürg ermordet wurde. Er ist für viele Menschen ein leuchtendes Beispiel tätigen Widerstands gegen das Regime Hitler, denn er wollte – so Richter – Verantwortung für die Zukunft des Landes nach dem Ende der Diktatur wahrnehmen.
Familie als Rückhalt und Quelle der Kraft
Woher nahm Bonhoeffer seine Widerstandskraft? Ein Blick in eine Art Glaubensbekenntnis während seiner Haftzeit gibt laut Richter Aufschluss, wenn es da eingangs heiße: "Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen." Bereits in jungen Jahren sei für ihn die Familie ein wichtiger Rückhalt gewesen. Dort habe er Disziplin und Selbstbeherrschung gelernt, aber sei sich auch der übereinstimmenden Ablehnung Hitlers in der Großfamilie Bonhoeffer bewusst geworden. Die dort erfahrenen Ansichten und Werte hätten Bonhoeffer dabei viel Kraft gegeben.
Erst 1992 veröffentlicht: Die "Brautbriefe Zelle 92"
Richter nannte als weitere Resilienzfaktoren Freundschaften wie die zu Eberhard Bethge - der Vikar im von Bonhoeffer gegründeten Predigerseminar war; auch habe seine Verlobte Maria von Wedemeyer eine wichtige Rolle während der Haftzeit gespielt,wovon die erst 1992 veröffentlichten "Brautbriefe Zelle 92" zeugten. Auch die Fähigkeit, Gefühle auszudrücken, seien ein weiterer Markstein gelebten Widerstands. Boenhoeffer – im Allgemeinen sehr zurückhaltend – schrieb Gedichte, die ihm halfen, Dinge auszudrücken, die ihn bewegten. Die Referentin zitierte hierzu das im Juli 1944 verfasste Gedicht "Wer bin ich?", welches Einblick in sein Leben als Häftling gibt. Schließlich habe Bonhoeffer Kraft aus der Gemeinschaft geschöpft. Er sei weniger in einer Ortsgemeinde beheimatet als in der "Bekennenden Kirche" gewesen, die sich in Abgrenzung zu den hitlertreuen "Deutschen Christen" formiert hatte.

Die Frage, was von vom Vorbild Bonhoeffer lernen könnte, beantwortet Dorothea Richter wie folgt. "Gott vetrauen, dass er uns die erforderliche Widerstandskraft schenkt; Beziehungen zu uns nahestehenden Menschen liebevoll pflegen; das Nötige tun." Dorothea Richter zitiert abschließend Bonhoeffer mit den Worten "Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht."
Landrat Wilhelm Schneider: Mund aufmachen für Gerechtigkeit
Landrat Wilhelm Schneider und der Hofheimer Bürgermeister Wolfgang Borst nahmen das Referat zum Anlass ihrer Ausführungen. So meinte Schneider: "Bonhoeffer hat damals nicht geschwiegen, als 1933 die Ausgrenzung jüdischer Mitbürger begann. ’Öffne deinen Mund für die Stummen!’ In diesem Satz aus der Bibel hat er einen Auftrag für sich gesehen." Der Landrat ermutigte die Anwesenden dazu, den Mund aufzumachen für Gerechtigkeit, Solidarität, Recht, gegen Judenfeindlichkeit, Hass und Rechtsextremismus. Wolfgang Borst forderte, die Herausforderungen der Corona-Pandemie anzunehmen, Tatkraft zu zeigen, Zusammenhalt zu üben und Verantwortung zu übernehmen. Er hofft zudem auf ein Wiedersehen in Rügheim im kommenden Jahr.
Urkunde, Tontafel und Siegel des Lammes für neun langjährige Ehrenamtliche
Im Mittelpunkt des Dekanatsempfangs stehen traditionell die Ehrungen verdienter und langjähriger Mitarbeiter. Gerade diejenigen, welche 25 bzw. 50 Jahre im Dienste der Kirche ehrenamtlich tätig sind, sollen bei dieser Gelegenheit ausgezeichnet werden. Neun Personen standen zur Ehrung an, welche die jeweilige Urkunde sowie eine Tontafel mit dem Segenswunsch des Dekanats und dem Siegel des Lammes erhielten.

Ein Vierteljahrhundert im Dienste der Kirche sind tätig: Gabriele Genslein (KG Ebern – Kirchenvorstand, Posaunenchor und Gemeindehilfe), Dieter Horn (KG Rentweinsdorf – liturgischer Lektor), Isolde Ulrich (KG Rügheim - Sammlerin), Erika Spiegel (KG Eschenau – Kirchenschmuck und Reinigung), Liesl Wagner (KG Eschenau – Engagement im Dietrich Bonhoeffer-Haus, Adventsbasar, Reinigung und Gartenpflege). Für 50 Jahre treue Mitarbeit wurden geehrt: Roland Spiegel (KG Eschenau – Kirchenchor und Mesner), Rudolf Symmank (KG Eschenau – Posaunenchorbläser), Horst Zitterbarth (KG Eschenau – Posaunenchorbläser) sowie Waltraud Schaupp (KG Burgpreppach - Organistin).
Musikalisch wurde der Gottesdienst umrahmt und ausgestaltet durch Mitglieder des Kleinen Bezirksposaunenchores (Leitung Jürgen Koch) und von Dekanatskantor Matthias Göttemann am E-Klavier. Den liturgischen Teil übernahmen neben Dekan Jürgen Blechschmidt die beiden Synodalpräsidenten Charlotte Seitz und Gerhard Koch.