In Zeiten von Corona sind alle Museen geschlossen. Im Dokumentationszentrum "Zeiler Hexenturm" wurde aber die Ausstellung "Im Brennpunkt" aufgebaut, aber niemand konnte sie bisher besuchen. Unsere Reporterin besuchte diese nun allein und berichtet von ihren Eindrücken.
Sonnenschein, Blütenfülle und blauer Himmel begleiten die Besucherin, als sie den Eingang zum Zeiler Hexenturm öffnet. Als sich die Augen an das Dunkel gewöhnen, fällt hinter ihr die schwere Tür ins Schloss. Sie schreckt zusammen, greift intuitiv in ihre Tasche. Der Schlüssel ist da. Gott sei Dank.
Im Jahr 1617 konnte niemand nach einem Schlüssel greifen. Rochus Hofmann hat – womit auch immer – in einen Stein am Eingang diese Jahreszahl und seine Initialen eingeritzt. So hat er ein Denkmal geschaffen, das an die düstere Zeit der Hexenverfolgung erinnert. Vielleicht hat er durch den Schlitz weit, weit über dem Eingang auch einige Sonnenstrahlen gesehen.
Die Treppe, die Besucher heute nutzen, gab es damals nicht. Hofmann wurde mit einem Strick neun Meter in die Tiefe gelassen und musste in Kälte und Düsternis seinem Tod entgegen harren.
Die Lehren aus der Vergangenheit
Oben angekommen betritt man die Wechselausstellung "Im Brennpunkt". Der Bewegungsmelder lässt Strahler über die zehn Entwürfe für ein Mahnmal für die Opfer der Hexenverfolgung aufleuchten. Sie wurden von Abiturienten aus dem Röntgen-Gymnasium geschaffen.
Da es "keine Dauer in Erinnerung und Wahrnehmung" gibt, müsse jede Generation eine eigene Erinnerungskultur schaffen, hat Isabel Zendeh dazu geschrieben. Nur so könne verhindert werden, dass sich die Fehler der Vergangenheit unverändert wiederholen. Zu schnell verwischten die alten Erinnerungen, zu gerne würde man die Schrecken abwischen.
Ihr Objekt "Der Auflistung Ebenbild" hat im Zentrum eine riesige schwarze Kugel, auf die man mit Kreide den Schmerz, die Klage, die Mahnung schreiben kann. Allerdings ist diese Kugel auf Wasser gebettet und dreht sich beständig. Man sieht, die für einen selbst so wichtigen Worte, weniger und weniger werden. Und der nächste muss selbst wieder Worte finden für die Lehre aus der Vergangenheit.

Genau das war das Ziel des Praxis-Seminars, das von Religionslehrer Pfarrer Martin Wohlleber und Kunstlehrer Hubert Pfingtl begleitet wurde. Sich ein Mahnmal auszudenken, das die heutige Generation trifft und zu Mitgefühl und Nachdenken animiert. Ein Kunstwerk, das den zigtausend Opfern der Hexenverfolgung gerecht wird und mahnend den Umgang miteinander anfragt.
All das erfahren Besucher an einer Bildschirmanimation vor Ort. Außerdem kommt jede Künstlerin, jeder Künstler zu seinem Entwurf zu Wort. Riesige Objekte sollen es werden. Jedes wäre, wenn es in die Realität umgesetzt würde, mindestens drei Meter groß. Die Mahnung soll gesehen werden.
Besucher sollen etwas hinterlassen
Am Ende der Ausstellung harren viele Klebepunkte der noch nicht vorhandenen Besucher: Man kann bewerten, welches Kunstwerk man am besten findet. Unsere Reporterin würde ihren Punkt bei Erik Endres setzen. "Wer hat den Stein ins Rollen gebracht", so heißt sein Werk: Ein fünf Meter hoher Steilhang, auf dem riesige rollende Kugeln angebracht sind, die unaufhaltbar in die Tiefe donnern werden und dort Menschen zermalmen. Schon ein Wort, zur Unzeit losgeschickt, kann zur Lawine werden, die Hass und unaufhaltbare Wut entzündet.
Beim Verlassen des Hexenturms fällt der Blick auf das Türschild. Jemand hat dort einen glitzernden Stein abgelegt, auf dem die Worte "Bleibt gesund!" stehen. Worte haben Kraft. Es liegt in der Entscheidung jedes Menschen, welche er wählt.
Alle geplanten Ausstellungen werden nach Auskunft der Stadt Zeil synchron verschoben. So wird nach Ende der Corona-Krise genügend Zeit sein, um die Ausstellung "Im Brennpunkt – Entwürfe eines Mahnmals für die Opfer der Hexenverfolgung" zu besuchen.