Die Idee war gut und ihre Ausführung perfekt geplant. Aber leider machte die Technik dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung: Weil ihr ehemaliger Mitschüler Tuve Schmiedeberg aus gesundheitlichen Gründen nicht am Treffen teilnehmen konnte, hatten sich die angereisten Teilnehmer der damaligen Abiturientenklasse etwas Besonderes ausgedacht. Schmiedeberg sollte über das Internet via Skype bei der Besichtigung der Hofheimer Christuskirche dabei sein.
30 Schüler einer Klasse (drei Mädchen und 27 Buben der Geburtsjahrgänge 1924 bis 1930) legten in der Oberrealschule Bamberg vor 65 Jahren zusammen das Abitur ab. Von den 17 noch lebenden Klassenkameraden erschienen sieben zum jährlichen Treffen.
„Unsere Klassengemeinschaft war erst 1946 entstanden“, erinnert sich Werner Strik aus Würzburg. „Bemerkenswert war, dass von uns 30 Abiturienten elf aus Schlesien, vier aus dem Sudetenland und zwei aus der sowjetischen Besatzungszone geflohen beziehungsweise vertrieben worden waren.“ Sicherlich hatten auch die ähnlichen Schicksale einzelner die nur zwei Jahre währende Klassengemeinschaft zusammengeschweißt.
Strik selbst war nach der Vertreibung aus der mährischen Heimat mit seinen Eltern und dem Bruder nach Hofheim gekommen. „Seither fühle ich mich den Haßbergen sehr verbunden, zumal unsere Tochter Barbara hier mit ihrer Familie seßhaft wurde.“
Auch Tuve Schmiedeberg kam als Flüchtling aus Thorn in Westpreußen in die Klasse nach Bamberg. Mitte der 1960er Jahre übernahm er als Pfarrer von Manau während einer Vakanzzeit die Vertretung in der evangelischen Kirchengemeinde Hofheim. Da genau in diese Zeit der Bau der Hofheimer Christuskirche fiel, war Schmiedeberg intensiv in Planung und Entstehung der Kirche eingebunden.
Mit Hilfe des Internets sollte er am Jubiläumstreffen teilhaben und bei der Besichtigung der Kirche über die Baugeschichte berichten. Sehr zum Bedauern der Senioren verhinderte ein Funkloch in der Kirche den Aufbau der Verbindung. Schließlich erläuterte Schmiedeberg am Handy die Bedeutung der Symbole in den bunt gestalteten Kirchenfenstern.
Er habe alles genau vor Augen, so der ehemalige Pfarrer und bis ins kleinste Detail beschrieb er einzelne Bauelemente: Architekt Olaf Gulbransson sei noch vor der Grundsteinlegung zusammen mit dem damaligen Baureferenten des Landeskirchenrates mit dem Auto tödlich verunglückt.
Die Lichtbänder der vier Giebel seien vom Architekten nicht vorgesehen gewesen. Um mehr Licht in die Kirche zu bekommen, wurden sie auf Schmiedebergs Anregung hin eingebaut. „Ist das der Zahnstocher Gottes“, sei er wegen dem spitzen Turm früher oft gefragt worden, erinnert sich der ehemalige Pfarrer.
Die Tour durch die Christuskirche war nicht der einzige Punkt, der auf dem Programm der rüstigen Jubilare stand, die alle von ihren Ehefrauen begleitet wurden. Am Vormittag besuchten sie die Rügheimer Kirche, wo die Teilnehmer Werner Exner und Gerhard Koppe eine Andacht mit Orgelkonzert gestalteten. Nach einer Ruhepause – immerhin sind alle im stolzen Alter von 84 bis 86 Jahren – ging es am Abend wieder nach Rügheim zum Konzert der Musiker vom „Blauen Eumel“.