Eigentlich hätten sich die Demonstrations-Organisatoren ihre Reden sparen können und dafür Laura Egelkraut einen Satz sagen lassen, den sie im Gespräch mit dem Boten vom Haßgau aussprach: „Ich hab sehr großes Verständnis für die Bauern. Die kriegen doch für viel Arbeit nur einen Hungerlohn“.
Zusammengefasst hat dieser Satz der Religions-Lehrerin an der Hofheimer Grundschule eigentlich alles in sich, wofür die rund drei Dutzend Bauern (und vor allem Bäuerinnen) mit ihren Funktionären zur Demonstration angetreten waren: Einen „fairen Preis“ fordern sie für ihre Milch und damit dies von Dauer ist, wollen die Landwirte bei Mengen- und Preisgestaltung mitreden.
Aber nicht nur der Kampf um den „fairen Milch-Preis“ stand bei diesem Demo an der Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands im Mittelpunkt, vielmehr hieß die Botschaft: Gemeinsamkeit. Den Schulterschluss mit dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter demonstrierte der Bayerische Bauernverband. Alles andere als freundschaftlich war das Verhältnis der beiden Verbände in der Vergangenheit. Denn immer wieder hatten Milchbauern dem BBV den Rücken gekehrt und sich dem BDM angeschlossen, weil man sich unter dem Dach des Bauernverbandes nicht mehr genügend vertreten fühlte.
Umso mehr müsse man ein Treffen zwischen dem BDM-Vorsitzenden Romuald Schaber und dem Bauernverbandspräsidenten Sonnleitner ebenfalls am gestrigen Freitag als ein gutes Omen für die Bauern sehen, sagte BBV-Kreisobmann Klaus Merkel, denn BBV und BDM zögen jetzt am gleichen Strick und in die gleiche Richtung. Auch wenn man dabei parallel fahre. Der BBV setze auf Bündelung bei der Erzeugerseite – soll heißen: Große Vermarktungseinheiten, wie etwa Erzeugergemeinschaften sollen der Marktmacht der großen Abnehmer Paroli bieten. Der BDM setze zwar auf eine andere Strategie, doch: „Wir haben bei der Milch die gleiche Zielrichtung – wir kämpfen für die Bauern insgesamt, denn wir dürfen die Milchbauern nicht alleine lassen“.
Und auch der Vorsitzende des BDM-Teams Schweinfurt/Haßberge, Florian Schuler, unterstrich: „Wir haben die gleichen Ziele, wenn auch nicht immer den gleichen Weg“. Schuler berichtete vom Start des Milch-Streiks und von der psychologischen Barriere bei vielen Landwirten, wenn es darum geht, das Lebensmittel Milch nicht in die Molkerei zu liefern. Und so bekräftigten sowohl Schuler wie auch Merkel, dass es jedem Landwirt freigestellt sei, sich dem Boykott anzuschließen. Merkel: Es dürfe zu keinen Diffamierungen und Schikanen gegenüber Berufskollegen kommen, die sich aus moralischen, finanziellen oder anderen betrieblichen Gründen nicht am Lieferstopp beteiligen.
Aber dennoch könnten auch kleine Gesten helfen beim gemeinsamen Ziel, so Schuler. So etwa, wenn Milchbauern lediglich zwei oder drei Tage am Boykott mitmachen oder etwa die Lieferung reduzierten.
Deutlich machen wolle man mit diesem Boykott allen – und da nannte Schuler im besonderen auch die Molkereivertreter: Zu solch „ruinösen und ausbeuterischen Preisen“ werde man keine Milch mehr liefern. Und Schuler weiter in einer Presseerklärung: „Wir kämpfen auch im Interesse der gesamten Gesellschaft für eine gesicherte und nachhaltige Milchwirtschaft, verbunden mit dem Erhalt von Zehntausenden von Arbeitsplätzen.“
Und diese „Nachhaltigkeit“ war auch der Grund, warum bei der Demo etwa Öko-Bauer Hans Dünninger Solidarität zeigte, oder der 60-jährige Landwirt Richard Mack (Happertshausen) sein Transparent stolz trug. Auch wenn er in wenigen Monaten mit der Milchviehhaltung aufhören werde, er wolle sich für die Milchbauern einsetzen, denn „wir machen mehr, als nur Milch produzieren“. Gerade kleinere Betriebe sorgten dafür, dass die Kulturlandschaft erhalten bleibe. Man müsse dafür kämpfen, dass auch kleinere Betriebe überleben könnten.
Und da dürfte er auch ganz die Einschätzung von Religions-Lehrerin Egelkraut getroffen haben. Sie war übrigens ganz spontan mit ihrer dritten Klasse zur Demo dazu gestoßen, als sie kurz vorher davon gehört hatte. Und irgendwie passte das die Aktion auch in den Themenkreis der zurzeit behandelt wird: Schöpfung bewahren. Deutlich geworden sei vielen Kindern, dass die Bauern nicht ohne Grund die Milch-Lieferung boykottieren.
Online-Tipp
Viele weitere Bilder von der Demonstration im Internet unter www.mainpost.de/lokales/hassberge.de