„Ich weiß, wie schnell man im Straßenverkehr verunglücken kann“, erzählte der 17-jährige Pascal Ridder aus Maroldsweisach. „Ich hatte selbst schon einen Unfall mit meinem Moped, der Gott-sei-Dank glimpflich ausging.“ Daher findet er die Ausstellung des ADAC „Schatten – ich wollte doch leben!“, die bis 25. Juni in der Heinrich-Thein-Berufsschule in Haßfurt zu sehen ist und für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren möchte, gut.
Sechs lebensgroße Silhouetten von jungen Männern und Frauen, die bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückten, bilden die Ausstellung des ADAC Nordbayern, die am Mittwoch in der Berufsschule eröffnet wurde. Jede Silhouette, nach einem Konzept von Marlene Schlund angefertigt, steht für ein Schicksal. Sissi, Sarah, Sascha, Roccy, Jasmin und Benjamin waren junge Menschen, die sich überschätzt haben, die übersehen wurden, die sich nicht angeschnallt hatten, die zu unerfahren waren, die einem anderen vertraut haben oder sich sicher fühlten. Junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die auf der Straße ums Leben kamen und deren Angehörige und Freunde unendliches Leid erfahren haben.
„Mit dieser Ausstellung wollen wir vor allem junge Fahranfänger ansprechen“, sagte Michael Herbst, Vorstandsmitglied Verkehr und Technik des ADAC Nordbayern, bei der Eröffnung. Denn Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren hätten ein dreimal höheres Risiko im Straßenverkehr zu sterben als alle anderen Verkehrsteilnehmer. „Die sechs lebensgroßen, geschwärzten Figuren sind Boten aus dem Schattenreich. Sie wollen uns ihre Geschichte erzählen und Gleichaltrige vor einem ähnlichen Schicksal warnen“, so Michael Herbst. „Denn jede Figur berichtet von einem tatsächlich geschehenen Unfall.
Der ADAC Nordbayern stehe nicht nur für die unbestrittenen positiven Seiten individueller Mobilität, sondern stelle auch die Schattenseiten und Gefahren dar. Parallel dazu engagiere sich der Club für die Verbesserung der Verkehrssicherheit junger Menschen mit dem „Junge-Fahrer-Training“ oder dem Verkehrssicherheitsprogramm „Sicherheitstraining auf dem Stundenplan“. Der stellvertretende Schulleiter Jochen Brüggemann hat die Ausstellung nach Haßfurt geholt. „Ich denke und hoffe, dass die Auseinandersetzung mit den sechs Schicksalen bei dem ein oder anderen Schüler ein Umdenken seines Verhaltens im Straßenverkehr bewirken kann“, sagte er.
„Ich hoffe, dass Euer Namen nie in einem polizeilichen Unfallprotokoll auftaucht“, wandte sich der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Haßfurt, Kurt Förg, an die rund 200 Schüler. „Es gibt bereits zu viele Kreuze am Straßenrand.“ In den letzten drei Jahren seien in Unterfranken 26 junge Fahrer tödlich verunglückt, davon zwei im Landkreis Haßberge. Anhand von vier Straßenkreuzen im Landkreis skizzierte Kurt Förg die Schicksale von jungen Menschen, deren Angehörige und Freunde von „unsäglichem Schmerz“ getroffen worden seien. Wie diese Unfälle passiert seien, könne die Polizei erklären: ein Vorfahrtsfehler, überhöhte Geschwindigkeit, Alkohol, Drogen, Übermüdung oder der Fehler eines anderen. „Vielleicht hilft diese Ausstellung, dass mancher das Kreuz im Kopf hat und etwas vorsichtiger fährt. Wenn dies nur in einem Fall gelingt, hat sich diese Stunde heute gelohnt.“
Nicht nur er, auch der 3. Bürgermeister Reiner Schuster hatte früher als Feuerwehrkommandant, Kreisbrandmeister und Kreisbrandinspektor tödliche Unfälle selbst miterlebt. „Jeder Tote ist einer zu viel“, betonte er, „denn der Verlust eines lieben Menschen ist schwer zu verkraften.“
„Diese Ausstellung kann auf viele wirken, denn sie macht nachdenklich“, konstatierte Pascal Ridder, der eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker absolviert. Auch Jacqueline Reuter aus Ebern, die sich in der Ausbildung zur Bürokauffrau befindet, bewertete die Ausstellung als gut. „Ich denke aber, dass es nicht viel bringt“, sagte sie offen. Viele würden sich nicht die Zeit nehmen, die Lebensgeschichten der sechs Personen zu lesen, und andere würden sich dadurch nicht beeinflussen lassen. Sie kommt täglich mit ihrem Auto an ein oder zwei Straßenkreuzen vorbei und fragt sich manchmal, was dort passiert ist. „Es ist schade, dass viele zu schnell fahren und sich durch Alkohol oder den Gruppenzwang dazu animiert fühlen“, gab sie an. „Ich lasse mir aber nicht dreinreden und halte mich an die Vorschriften.“