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KNETZGAU: Seen kurz vorm Umkippen: Es drohen Todeszonen

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Seen kurz vorm Umkippen: Es drohen Todeszonen

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    Machtlos: Roland Johannes (links) und Holger Frank von den Angelfreunden Nassachtal haben einen winzigen Bruchteil der im Messelauer See wuchernden Wasserpest herausgefischt. Der Einsatz eines Mähgeräts ist am Mittwoch gescheitert. Per Hand lässt sich der Plage nicht Herr werden.
    Machtlos: Roland Johannes (links) und Holger Frank von den Angelfreunden Nassachtal haben einen winzigen Bruchteil der im Messelauer See wuchernden Wasserpest herausgefischt. Der Einsatz eines Mähgeräts ist am Mittwoch gescheitert. Per Hand lässt sich der Plage nicht Herr werden. Foto: Fotos: Michael Mößlein

    Gegen 9 Uhr fuhr am Mittwochmorgen Roland Johannes' einzige Hoffnung davon. Auf einem Autohänger. Das Gerät darauf, ein Mäher für Wasserpflanzen, sollte der Wasserpest Herr werden, die den Messelauer See bei Knetzgau zugewuchert hat. Doch der Wasserstand im See hat sich als zu niedrig erwiesen, um den Mäher, der auf einem Boot montiert ist, einzusetzen. Johannes, zweiter Vorsitzender der Angelfreunde Nassachtal, die den See gepachtet haben, fürchtet jetzt, dass die Pflanzen im Wasser in Kürze absterben und dort alles Leben verschwindet, dass der See sich in eine stinkende Kloake verwandelt.

    Der Wassermäher, der extra aus der Nähe von Höchstadt/Aisch herangekarrt worden war, ist ein letzter Versuch des Angelvereins gewesen, den Messelauer See zu retten. „Jetzt ist guter Rat billig“, sagt Johannes resigniert. Seit annähernd 40 Jahren fischen die Angelfreunde Nassachtal in dem idyllisch zwischen der Straße von Knetzgau nach Haßfurt und dem Main gelegenen Gewässer. In der früheren Sandgrube hat der Verein einen Fischbesatz, der zwischen 10 000 und 12 000 Euro wert ist, schätzt Johannes. Die Fische sind akut gefährdet – laut des zweites Vorsitzenden gar dem Tod geweiht. Der See ist noch nie umgekippt. Doch in diesem Jahr scheint dieses Schicksal unausweichlich.

    Noch geht es den Fischen im See gut. Solange die Sonne kräftig scheint und es warm ist, produzieren die Pflanzen, neben der Wasserpest viele Algen, reichlich Sauerstoff. Doch wenn Luft und Wasser sich abkühlen, sterben die Pflanzen ab und zersetzen sich. Dabei entstehen Gärgase und der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt drastisch. Bei etwa vier Milligramm Sauerstoff pro Liter wird es für Fische kritisch.

    Was dann passiert, war vor einem Jahr nicht weit vom Messelauer See entfernt, gegenüber auf der rechten Mainseite, in erschreckendem Ausmaß zu beobachten. Damals kippte der Große Wörthsee (Haucksee) um. Tausende Fische trieben tot auf dem Wasser. Damals hatten weder das – nicht unumstrittene – Kalken des Wassers noch das Umpumpen durch die Feuerwehr die Katastrophe verhindert. Kurz darauf ereilte dasselbe Schicksal weitere Seen bei Gädheim und Wonfurt.

    In diesem Jahr könnte es noch schlimmer kommen. Nach Einschätzung von Dietmar Will, dem Naturschutzverantwortlichen der Stadt Haßfurt, die den Messelauer See sowie den Großen Wörthsee verpachtet, ist der Zustand etlicher Seen entlang des Mains, die er in letzter Zeit begutachtet hat, „verheerend“. Die Algen sind während des Hitzesommers stark gewachsen, genauso die Wasserpest, eine Pflanze, die im Grund der Gewässer wurzelt. Gegen die Auswirkungen eines solchen Sommers anzukämpfen, ist laut Will aussichtslos. „So viel Pumpen kann man gar nicht“, meint der Biologe.

    Von Fließgewässer abgeschnitten

    Insoweit ist den Anglervereinen als Pächter der betroffenen Seen kein Versagen vorzuwerfen. Die alten Sand- und Kiesgruben entlang des Mains haben sich in den vergangenen Wochen außergewöhnlich stark erwärmt. Die am stärksten belasteten Gewässer sind, wie der Messelauer See, nicht an Fließgewässer angebunden. Sie speisen sich als allein aus dem Grundwasser. Die Folge: Fällt der Grundwasserpegel, der in den Mainauen mit dem Flusspegel zusammenhängt, wie in diesem Sommer, dann geht auch der Wasserstand der Seen zurück. Der Messelauer Sees ist laut Johannes ohnehin nur maximal drei Meter tief.

    Aktuell ist der Wasserstand knapp einen Meter niedriger als normal, was leicht am Ufer abzulesen ist. Und selbst wenn der Mainpegel wieder steigt, dauert es etwa sechs Wochen, bis sich der See merklich füllt, denn das Grundwasser läuft verzögert nach.

    Um diesem Problem zu begegnen, wünschen sich die Angelfreunde Nassachtal eine Anbindung des Messelauer Sees an den nahen Main. Diese könnte im Zuge des bevorstehenden Mainausbaus durch das Anlegen eines Bachlaufs entstehen, über den auf der einen Seite Mainwasser in den See hinein- und auf der anderen Seite wieder herauslaufen kann. Ob die zuständigen Behörden dies genehmigen, ist offen. Vor allem müssten die Kosten hierfür übernommen werden. Der Angelverein mit seinen 49 Mitgliedern wäre damit überfordert, sagt der zweite Vorsitzende.

    Doch noch viel früher könnten die Angelfreunde auf finanzielle Hilfe angewiesen sein. Das geplante, letztlich aber gescheiterte Mähen der Wasserpest, das 1100 Euro kosten sollte – wovon die Stadt Haßfurt die Hälfte bezahlt hätte –, hätte der Verein zahlen können. Doch sollten die Fische im Messelauer See verenden, steht die Zukunft des Vereins auf der Kippe.

    Neben dem Wert der Fische würden die Angelfreunde die zentrale Grundlage der Vereinsarbeit verlieren. Ohne Angelsee, sagt Johannes vorher, werde kaum ein Mitglied im Verein bleiben. Er weiß nicht, wie es mit dem Verein weitergehen kann, sollte der See tatsächlich umkippen.

    Das Beispiel Großer Wörthsee aus dem Vorjahr zeigt, wie schnell das Fischsterben ablaufen kann. Als Erste sterben die empfindlichen Zander, dann folgen die weiteren Fische im See, wie Karpfen Rotaugen, Schleien und Hechte. Doch das wäre erst der Beginn des Desasters, meint Johannes. Denn als Kloake würde der Messelauer See keine Vögel mehr anlocken. Schon jetzt landen dort keine Kormorane mehr, weil das Wasser zu dicht bewachsen ist, berichtet Johannes. Dass diese Fischräuber ausbleiben, reut die Angler zwar nicht, doch sehen diese das darin verborgene Alarmzeichen. Ihr über Jahrzehnte gehegtes See-Paradies als Ganzes ist akut gefährdet.

    Eine praktikable Lösung, wie der See gerettet werden kann, ist nicht in Sicht. Mitglieder des Angelvereins hatten versucht, die wuchernden Wasserpflanzen mit Baustahlmatten abzufischen. Vergebens. Die zig Tonnen Pflanzenmaterials sind von Hand einfach nicht zu beseitigen. Auch die geäußerte Idee, Taucher mit Sicheln loszuschicken, dürfte eher die vorherrschende Verzweiflung widerspiegeln, denn ernst gemeint gewesen sein.

    Die Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken ist alarmiert. Mitarbeiter Werner Müller wollte sich am Mittwochnachmittag ein Bild von der Lage mehrerer Seen im Haßbergkreis machen. Er hat die leise Hoffnung, dass sich das heiße Sommerwetter nur langsam abkühlt und die Wasserpflanzen entsprechend langsam absterben. Ansonsten ist eine Katastrophe vorprogrammiert.

    Während über den Angelseen dunkle Wolken aufziehen, ist der Zustand der Badeseen im Landkreis Haßberge laut des jüngsten Wassertests des Gesundheitsamtes in Haßfurt für Menschen unbedenklich. Auch der wegen des Ausbreitens von Blaualgen noch gesperrte Horhäuser See könnte in wenigen Tagen wieder zum Baden freigegeben werden, berichtet Amtsleiter Jürgen Reimann. Die Messwerte haben sich wieder normalisiert. Nur eine Sichtkontrolle steht noch aus.

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