Wenn Schwester Dolores Tacz in ihrem schwarzen Ordenshabit durch die Flure des Klinikums am Bruderwald geht, erntet sie nicht selten erstaunte Blicke. "Vor allem die Männer schauen, dass es noch jemanden in dieser Kluft gibt", berichtet die lachend. Zwei Mal in der Woche leistet sie Besuchsdienst und verteilt sonntags an Patienten die Krankenkommunion: "Ihre gerade, offene, ehrliche und besonnene Art wird sehr geschätzt", würdigt Klinikseelsorger Roland Huth die Helferin. Schwester Dolores sei in ihrem Ordenskleid mit Schleier auch eine "Zeugin einer vergehenden Welt, sie gibt Zeugnis von Jesus Christus", sagt Pfarrer Huth dankbar.
Schwester Claudia Hink ist frisch gekürte Oberin
Ein solches Zeugnis geben die St. Franziskusschwestern von Vierzehnheiligen, zu deren Gemeinschaft Schwester Dolores gehört, seit nunmehr 100 Jahren in Bamberg. Auf dem Jakobsberg ist ein kleiner Konvent angesiedelt: Neben Schwester Dolores Tacz gehören Schwester Hildegard Braun und Schwester Lucia aus Peru dazu. Frisch gekürte Oberin ist Schwester Claudia Hink. Sie wohnt aber nicht ständig in Bamberg, da sie zugleich auch Oberin der Schwesterngemeinschaft in Erlangen ist. Zudem hat sie im Ordensreferat des Erzbistums Bamberg weitere Aufgaben.
Diese Ämterhäufung lässt ahnen, vor welchen Herausforderungen die Franziskusschwestern heutzutage stehen. Den Begriff "Nachwuchsmangel" hält Schwester Regina Pröls, Generaloberin der seit 1921 kirchlich anerkannten Diözesankongregation, für ein "unpassendes Wort". In Deutschland würden zwar nur sehr wenige Menschen ihrer Berufung in einem Kloster folgen, doch in Indien, wo die Franziskusschwestern eine Niederlassung haben, "finden immer wieder junge Frauen den Weg zu uns". "Dass wir uns in Deutschland auf eine kleiner werdende Anzahl von Schwestern einstellen, das ist unumgänglich", ist sich die Generaloberin. Gleichzeitig sehe sie junge Schwestern, die sich engagiert inmitten einer "orientierungslosen Institution Kirche trauen, ihrer innen liegenden Berufung zu folgen".
Anfangs in der Krankenpflege tätig
Auch heute sind die Franziskusschwestern mit dem Auftrag unterwegs, Not zu sehen, das Evangelium konkret werden zu lassen und der Menschwerdung in Liebe zu dienen: "Unsere Antwort auf die vielen verschiedenen Gesichter der Not sieht mit unseren kleinen Ressourcen anders aus als früher", hebt Generaloberin Regina Pröls hervor. Sie erzählt von diesem Früher, als die Bamberger Drittordensgemeinde nach einer Lösung suchte, wer sich der Pflege erkrankter Ordensbrüder und -schwestern sowie armer Kranker der hiesigen Bevölkerung annehmen könnte: "Diese Anfrage war der Anfang unserer Präsenz in Bamberg."
Am 6. November 1923 kamen die zwei Franziskusschwestern Capistrana und Richardis in Bamberg an, um die neue Station für den Orden zu übernehmen. Der Dienst der Ordensfrauen in der ambulanten Pflege – seit 1984 bei der Caritas angesiedelt – endete mit dem Eintritt in den Ruhestand von Schwester Dionysia im Jahr 1991.
Seit Beginn am Jakobsberg ansässig
Schwierig hatte sich die Suche nach einem geeigneten Ort für die Niederlassung der Franziskanerinnen in Bamberg gestaltet. Schließlich erklärte sich der Kunstgärtner Johann Schneider, Vorstand der Drittordensgemeinde, bereit, eine in seinem Haus am Jakobsberg 17 vermietete Wohnung den Schwestern zu überlassen. Als Schneider am 18. Januar 1940 starb, vermachte er der Kongregation sein Haus. Am 1. Juli 1965 konnten die Ordensfrauen in ein neues, größeres Domizil umziehen: In das dem heiligen Franziskus geweihten Gebäude Jakobsberg 11.
Die Krankenpflege war nur ein Schwerpunkt im Wirken des Bamberger Konventes. "Im Verlauf der 100 Jahre verwirklichten wir Franziskusschwestern unser Charisma in vielen Wirkungsfeldern", blickt die Generaloberin zurück und listet auf: Ausbildungsort für Kandidatinnen, Haushaltsführung bei den Comboni-Missionaren, bei Franziskanern und Bischöfen, Pfortendienst im Ordinariat, Sekretariat bei Generalvikar Heinrich Straub, Religionsunterricht in Schulen, Fachberatung für Kindergärten bei der Caritas, Pflege in Altenhilfeeinrichtungen, Internatsführung, Gästebeherbergung.
Kapellenfenster mit Motiven aus dem Sonnengesang
Heute teilen sich das Haus am Jakobsberg 11 die Franziskusschwestern, die indischen Adoration Sisters, die im nahen Walburgisheim in der Altenpflege arbeiten, und Comboni-Missionar Andreas Thorwarth. Zur Hausgemeinschaft gehört auch eine therapeutische Wohngruppe des Don Bosco-Jugendwerks der Salesianer. Herzkammer des Hauses ist die kleine Kapelle, die allen Bewohnern offen steht. Der Bamberger Künstler Alfred Heller (1924 bis 2012) schuf für sie Fenster mit Motiven aus dem Sonnengesang des Franz von Assisi.
"Alle fühlen sich gut ausgelastet, auch wenn wir nur im kleinen Radius wirken", versichern die Bamberger Franziskusschwestern. Schwester Lucia ist als Altenpflegerin im Wilhelm-Löhe-Seniorenzentrum tätig, Schwester Dolores ehrenamtlich in der Klinikseelsorge und Schwester Hildegard transkribiert ordensinterne Aufträge.
Die Ordensfrauen sind nicht mehr die Jüngsten. Wie geht es weiter mit der Niederlassung in Bamberg? Ist sie sicher einer Schließung? Generaloberin Regina Pröls seufzt: "Das weiß nur der liebe Gott. Wir haben darüber noch nie gesprochen."