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HAßBERGKREIS: Sichtbarer Wandel in der Bestattungskultur

HAßBERGKREIS

Sichtbarer Wandel in der Bestattungskultur

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    Viele Menschen im Heimatkreis schmücken an diesem Sonntag die Gräber mit Gestecken oder Blumen und schützen sie vor dem Winter mit Tannenzweigen, denn der letzte Sonntag vor dem ersten Advent ist der Ewigkeitssonntag, auch als Totensonntag bezeichnet. Evangelische Christen begehen ihn als Gedenktag für die Verstorbenen, vergleichbar mit dem Totengedenken an Allerseelen in der katholischen Tradition.

    Für Trauernde ist der Gang auf den Friedhof ein besonders schwerer. Aber der Friedhof kann auch Trost spenden, berichten beispielsweise Bestatter oder Gärtner. Dass auf den sieben Friedhöfen der Kreisstadt und der Ortsteile Augsfeld, Prappach, Wülflingen, Sailershausen und Sylbach alles gepflegt und sauber ist, Wege sicher sind und die Friedhofsordnung eingehalten wird, dafür sorgt Friedhofswärter Thomas Jäger mit seinem Team. Er weiß auch, dass sich die Gewohnheiten ändern und teilweise andere Bestattungswünsche bestehen als noch vor einigen Jahren. Die Friedhofsverwaltung wird dem gerecht und hat auf dem neuen Friedhof neben Urnenbestattungen auch die so genannte naturnahe Bestattung unter Bäumen ermöglicht. „Bei dieser Variante werden die Urnen rund um einen dafür bestimmten Baum gesetzt. Daneben ist eine Natursteinstele mit Tafel, je nach Wunsch der Angehörigen mit oder ohne Namen des Verstorbenen“, erläutert Jäger. Es zeichnet sich ein Trend hin zu mehr Urnenbestattungen ab, bestätigt auch Thomas Ringeisen von der Friedhofsverwaltung der Stadt Haßfurt. Er kann keine Prognose abgeben. Aber: „Tatsache ist, dass seit Januar von insgesamt 78 Beerdigungen nur 32 als Erdbestattung vorgenommen wurden.“ Von 46 Verstorbenen wurde die Asche in einer Urne beigesetzt.

    Eine bundesweite Entwicklung, die in nördlicheren Gegenden Deutschlands bereits finanzielle Folgen zeigt, scheint auch im Süden anzukommen. Jürgen Reimann, Chef des Gesundheitsamtes mit Verantwortung für das Friedhofs- und Bestattungsrecht aller kommunalen, kirchlichen und jüdischen Friedhöfe im Haßbergkreis, entscheidet über Anträge für den Bau neuer Friedhöfe oder Neuanlagen auf bestehenden. „Die letzte Neuanlage fand vor Jahren in Frickendorf statt“, sagt er. Der Blick nach Norden offenbart, dass sich viele deutsche, über Gebühren finanzierte Friedhöfe derzeit in der wirtschaftlichen Krise befinden und nach neuen Einnahmequellen suchen.

    Durch den Trend zur Feuerbestattung werden nicht nur kleinere, für den Käufer finanziell günstigere Gräber verlangt. „Es verkürzen sich auch die Ruhezeiten“, ergänzt Ringeisen in der Haßfurter Stadtverwaltung. „Während bei Erdgräbern die Ruhezeit 20 Jahre beträgt, sind es bei Urnenbestattungen nur zehn Jahre“. Damit fehle auch das Geld für zehn Jahre. Auf die Kosten-Einnahmen-Rechnung habe andererseits Einfluss, wie viele Verstorbene an einem Platz im Familiengrab bestattet werden. „Aber wenn es immer mehr Urnenbestattungen gibt, wird freilich Geld fehlen“, wagt Ringeisen doch einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. Auf die Frage, ob – ähnlich wie in anderen Regionen – an Umnutzung oder Veräußerung von derzeit ungenutzten Friedhofsflächen gedacht werde, antwortet der Friedhofsverwalter: „In keiner Weise ist vorgesehen, gegenwärtig freie Flächen für andere Zwecke zu nutzen.“ Auf der derzeit einzigen größeren, ungenutzten Fläche des Friedhofs am Rödersgraben sei beabsichtigt, in einem bis zwei Jahren ein weiteres Gräberfeld anzulegen.

    Die Heimatzeitung hat in einigen Gemeinden nachgefragt. Für Aidhausen gibt Bürgermeister Dieter Möhring Auskunft und bestätigt die Zunahme von Urnenbestattungen. Die Gestaltung dieser Grabflächen sei individuell unterschiedlich und werde gemeinsam mit den Bürgern vorgenommen. „Aufgrund geringer Kostenunterschiede stehen finanzielle Erwägungen dabei nicht im Vordergrund“, meint Möhring.

    Die Gemeinde Bundorf besitzt Friedhöfe in allen sechs Ortsteilen. „In Zukunft werden die Flächen der Friedhöfe zu groß sein“, informiert Bürgermeister Hubert Endres. Die neuen Gräber würden deshalb für vorhandene Lücken eingeplant und freie Flächen dann neu gestaltet, als Grünfläche oder mit Split. In Stöckach wurden „Urnengräber auf Palisaden“ angelegt. In den Gemeindeteilen erstelle man Konzepte für die Anlage von Urnengräbern. In Kimmelsbach und Schweinshaupten geschehe das unter teils neu zu setzenden Bäumen, in Bundorf auf einer Grünfläche neben zwei bestehenden Kindergräbern.

    Für die Gemeinde Theres informiert Bürgermeister Matthias Schneider: „Urnenbestattungen nehmen auch in unseren Gemeinden Horhausen, Buch, Obertheres und Untertheres zu.“ Die Gründe seien in Demografie und Abwanderung zu sehen. Gemeinsam mit der Dorfgemeinschaft würden auf dem Friedhof von Buch umfangreiche Gestaltungsänderungen vorgenommen, so dass es neben Urnengräbern bald auch ein Urnenfeld geben werde, um verschiedene Bestattungsvarianten anbieten zu können. „Die vorhandenen Urnenwände in Obertheres sind – drastisch ausgedrückt – nur Zwischenlösungen“, meint Schneider. Auf Fragen nach dem Schicksal der Urnen nach Ablauf der Ruhefrist und auf die neuen Anforderungen werde man grundsätzlich reagieren müssen. Das solle in der Verkleinerung von Grabflächen geschehen, um Pflegeflächen zu reduzieren. „Viele ältere Hinterbliebene können große Flächen nicht mehr bepflanzen, Angehörige wohnen weit weg oder sind nicht vorhanden“, erklärt der Bürgermeister.

    In Breitbrunn reagiert Bürgermeisterin Gertrud Bühl überrascht auf die Frage, ob Umnutzungen anstehen könnten. „Das wird so schnell bei uns mit Sicherheit nicht kommen“, sagt sie. Für die leicht erhöhte Nachfrage nach Urnengräbern würden die vorhandenen Flächen ausreichen und ein Platz in der Erde, da eine Urnenwand nicht zur Diskussion stand, ist bereits geschaffen worden.

    Bürgermeister Stefan Paulus teilt aus Knetzgau mit, dass sich auch bei ihm „diese Entwicklung in Richtung andersartiger Nutzung nicht feststellen lässt“. Allerdings habe die Zunahme der Urnenbestattungen dazu geführt, dass die vor vielen Jahren geplante Friedhofserweiterung nicht realisiert werde. „Die vorhandenen Flächen genügen voll und ganz“, sagt Paulus.

    Eltmann hat neben dem Friedhof in der Stadt auch Gottesäcker in Dippach, Limbach, Roßstadt und Weisbrunn. In Lembach gibt es einen kirchlichen Friedhof. Etwa beabsichtigte Umnutzungen verneint Bürgermeister Michael Ziegler, weist aber darauf hin, dass eine freie Fläche des Eltmanner Friedhofs für Gräber gesperrt werde. Damit wolle die Stadt Platz für Urnenwände in der Zukunft schaffen.

    Neue Geschäftsmodelle für Friedhöfe

    Mehrere große Städte in Deutschland erwägen, durch Umnutzung nicht benötigter Flächen auf Friedhöfen die Folgen von Mindereinnahmen abzuwenden. Angebote wie Gemeinschaftsgrabanlagen inklusive Grabpflege oder gelockerte Gestaltungsvorschriften werden als „Kundenbringer“ angepriesen. Für nicht belegte Flächen gibt es bereits Vorschläge zur Umwandlung in Bauland oder Parks. Auch Tierfriedhöfe oder landwirtschaftliche Nutzung seien alternativ denkbar, meint Aeternitas, die Verbraucherinitiative Bestattungskultur. Führungen werden angeboten, insbesondere dort, wo Gräber prominenter Verstorbener zu zeigen sind. Kulturelle Angebote, aber auch Cafés oder Naturlehrpfade sollen die Menschen öfter auf Friedhöfe führen. Beispiele dafür sind ein Café auf dem Friedrichswerderschen Friedhof in Berlin-Kreuzberg und das Friedhofscafé in Willich, knapp 50 Kilometer von Köln entfernt. Zeutern, eine kleine Gemeinde im Landkreis Karlsruhe, hat einen Lehrpfad geschaffen, der am Friedhof beginnt und wieder endet. Der große Parkfriedhof in Hamburg Ohlsdorf wird als „Oase des Lebens“ bezeichnet. Tipps für schöne Spaziergänge machen hier den Naturpfad aus.

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