CSU und Freie Wähler sind in Bayern bekanntlich an der Regierung. Die SPD hat 21 von 205 Sitzen im Landtag und ist damit nur die fünftstärkste Partei. Ein anderes Bild ergibt sich auf kommunaler Ebene: Da stellt sie viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte. "Wir regieren ein Drittel der bayerischen Bevölkerung, insgesamt mehr als vier Millionen Menschen", betonte Nassed Ahmed, stellvertretender Generalsekretär der Bayern-SPD daher am Montag im AWO-Gebäude auf dem Kasernengelände in Ebern. "Hier regiert die SPD", lautet daher auch die neue SPD-Kampagne im Wahlkampf.
Ahmed reist derzeit mit seiner Parteikollegin Ruth Müller, Generalsekretärin der Bayern-SPD, durch den Freistaat. Am Montag machten sie Station in Ebern, wo auch SPD-Landtagskandidatin Johanna Bamberg-Reinwand dazustieß.
Die Kommune als "Herzkammer der Demokratie"
Ahmed bezeichnete die Kommune als "Herzkammer der Demokratie". Die Kommunen müssten immer mehr Pflichtaufgaben von Bund und Ländern übernehmen, wie die Energiewende oder die Aufrechterhaltung der Infrastruktur. Er forderte daher, dass die Kommunen 15 Prozent statt wie bisher 12,75 Prozent des Steueraufkommens erhalten.
Zudem forderte er mehr Handlungsspielraum für die Kommunen und weniger Bürokratie. Als Beispiel nannte der Nürnberger einen Fall aus seiner Heimatstadt. Dort solle ein Schwimmbad für 50 Millionen Euro mit Unterstützung aus acht Fördertöpfen saniert werden. Verwaltungsmitarbeitende müssten jedem einzelnen Förderträger mit dessen eigenem Formular über die Baufortschritte berichten.
Hennemann klagt über lähmende Bürokratie
Auch Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann – ebenfalls ein SPD-Mann – konnte ein Lied von überbordender Bürokratie singen. Für die Sanierung des Eberner Freibads stellte der Bund eine Förderung in Höhe von 900.000 Euro in Aussicht. Um zu lernen, wie man den Förderantrag ausfüllt, mussten Angestellte ein Tagesseminar absolvieren. Die Forderung des Bundes, das Bad barrierefrei zu sanieren, wäre bei der Lage am Hang über sechs Etagen alleine schon teurer als 900.000 Euro gekommen, so der Rathauschef. Daher entschied sich die Stadt Ebern, auf die Förderung zu verzichten und sanierte die Schwimmbadtechnik für 1,1 Millionen Euro aus eigener Tasche.
"Die Bürokratie in Deutschland lähmt unsere Kommunen", klagte Hennemann. Darüber hinaus bemängelte er die Förderpolitik der Staatsregierung. Als Beispiel nannte er den Bau eines integrativen Kindergartens in Ebern. Die Bausumme in Höhe von vier Millionen Euro wurde nur mit 1,9 Millionen Euro gefördert, da viele Bauteile nicht in die Förderung fielen. Generalsekretärin Ruth Müller forderte daher mehr Pragmatismus in der Kommunalpolitik. Der "Vorgabendirigismus aus München" müsse aufhören.
Lieber Windräder als Kühltürme
Landtagskandidatin Johanna Bamberg-Reinwand sagte, die Politik müsse so gestaltet sein, dass alle Menschen das Beste aus sich herausholen können. Bei der derzeitigen Bildungspolitik sei dies jedoch nicht machbar. Es fehlten so viele Lehrkräfte wie nie zuvor. Zudem mangle es an Kindergärten, Kinderkrippenplätzen und Personal.
In der Energiepolitik kritisierte sie den Sonderweg der bayerischen Staatsregierung und die 10-H-Regel. "Ich lebe lieber in der Nachbarschaft von Windrädern als im Schatten von Kühltürmen", so Bamberg-Reinwand. Weitere Themen, die ihr am Herzen liegen, seien die gesundheitliche Grundversorgung und bezahlbarer Wohnraum – nicht nur in der Stadt.
Bei einem Rundgang über das ehemalige Kasernengelände, das die Stadt Ebern samt Truppenübungsplatz im Jahr 2004 für eine Million Euro gekauft hat, konnte Hennemann über eine gelungene Nachnutzung berichten: Alle Gebäude sind entweder verkauft oder in Eigennutzung der Stadt Ebern.