Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Haßberge
Icon Pfeil nach unten
Haßbergkreis
Icon Pfeil nach unten

KREIS HASSBERGE: Sprachstörungen: Immer dieses blöde R

KREIS HASSBERGE

Sprachstörungen: Immer dieses blöde R

    • |
    • |
    Spielerisch therapieren: Logopädin Johanna Kestler in ihrer Haßfurter Praxis mit der kleinen Milena.
    Spielerisch therapieren: Logopädin Johanna Kestler in ihrer Haßfurter Praxis mit der kleinen Milena. Foto: Foto: Rebecca Vogt

    In der einen Ecke steht ein Kaufladen mit rot-weiß gestreiftem Dach, an einer anderen Seite des Zimmers ist ein dreistöckiges Puppenhaus zu finden. Was sich nach dem perfekten Spielwunderland für Kinder anhört, ist tatsächlich ein Zimmer in einer Haßfurter Logopädie-Praxis. Die gerade beendete Therapiestunde hat der kleinen Milena sichtlich Spaß bereitet. Ihre Mutter, Bernadette Philipp, erzählt, dass Milena die Aussprache des „R“ Probleme bereitet. Das sei immer schon so gewesen. In Absprache mit dem Kindergarten, den Milena besucht, habe man zunächst beschlossen, erst einmal abzuwarten. Als es aber auch mit vier Jahren nicht besser wurde, habe man – zusammen mit einer Ärztin – die Entscheidung getroffen, dass die Kleine zu einem Logopäden soll. Und nach der achten Therapiestunde habe es dann mit dem „R“ geklappt, freut sich Milenas Mutter.

    Früherkennung

    Um Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern früh- und rechtzeitig zu erkennen, werde gerade in den Kindergärten sehr viel gemacht, erklärt Adelinde Friedrich vom Jugendamt Haßfurt auf Anfrage. Ihre Kollegin vom Landratsamt, Katharina Tschischka, berichtet von einem bayernweiten Programm des Sozialministeriums. Hier wurden von 2008 bis 2011 Sprachberater in Kindergärten, die sich zuvor dafür beworben hatten, geschickt. So konnten die Betreuerteams direkt vor Ort geschult werden. Im Mittelpunkt stand die Sprachentwicklung generell, aber auch die Sensibilisierung der Erzieher für eventuelle Störungen in der Sprachentwicklung der Kinder. Dank des Programms „Frühe Chancen – Sprache und Integration“ des Bundesfamilienministeriums ist, laut Tschischka, außerdem in sechs Einrichtungen im Landkreis je eine zusätzliche Erziehungskraft rein zur Sprachförderung hinzugekommen. So könnten Sprachentwicklungsstörungen frühzeitig erkannt werden und Betroffene bereits im Kindergarten gefördert werden.

    Erkennen die Betreuer, die Eltern oder zum Beispiel auch der Kinderarzt bei einer der U-Untersuchungen ein Defizit in der Sprachentwicklung des Kindes, kann zur Therapie – wie in Milenas Fall – ein Logopäde aufgesucht werden.

    Dort wird in spielerischen Übungen an der Sprachfähigkeit der Kinder gearbeitet. Wobei der Spielfaktor mit zunehmendem Alter geringer werde, so Logopädin Pia Peschke aus Hofheim. Fachleute erklären, dass Probleme zum Beispiel bei Lauten wie dem „Sch“ oder eben dem „R“ auftreten können. Gegenstand logopädischer Therapie sind aber auch Fehler bei der Verwendung der Grammatik oder ein eingeschränkter Wortschatz des Kindes. „Tendenziell ist es so, dass Wortschatz wesentlich geringer wird“, sagt Peschke. Am häufigsten und am ehesten bemerkbar seien aber die Probleme bei der Aussprache der Laute, erklärt Bettina Stecher, Logopädin aus Haßfurt.

    Milenas Logopädin, Johanna Kestler, erzählt, wie man im Fall einer Schwäche bei der Aussprache eines Lautes vorgeht. Zunächst werde geprüft, ob die Kinder beim Hören des Lautes einen Unterschied feststellen können. Dann wird, beginnend mit einzelnen Silben, über Wörter und kurze Sätze bis hin zur spontanen Sprache, die Sprachfähigkeit des Kindes auf- beziehungsweise ausgebaut. Für das „R“ zeigt Johanna Kestler zum Beispiel eine Karte mit dem Bild eines Weckers. Wenn der klingelt, hört sich das an wie ein „Rrrrrrr“. Je früher mit der Korrektur solcher Sprachprobleme begonnen werde, umso besser sei es, bestätigen die Logopäden.

    Pia Peschke erklärt, dass bei Zweijährigen die Arbeit zuhause eine wichtige Rolle spielt. Die Eltern würden beraten und könnten so zunächst ihr Kind selbst zu Hause fördern.

    Logopädin Andrea Salamon aus Eltmann zufolge stehen viele der Logopädie zunächst eher verhalten gegenüber. Nach dem ersten Besuch seien die Eltern jedoch meist zufrieden. Pia Peschke bemerkt, dass viele auch überrascht seien, nach dem Motto „Oh, das gibt's! Insgesamt werde die Logopädie jedoch gut angenommen, berichtet Johanna Kestler und sagt: „Die Kinder finden's klasse.“

    Erwachsene Patienten

    Zur Logopädie kommen jedoch nicht nur Kinder, auch Erwachsene nehmen logopädische Hilfe in Anspruch, erzählen die Fachleute. So kämen zum Beispiel Sprechberufler wie Lehrer oder Kindergärtnerinnen, um die Möglichkeit einer Stimmtherapie wahrzunehmen. Auch Erwachsene, die einen Schlaganfall erlitten haben und nun Probleme mit der Aussprache haben oder ihre Sprache ganz verloren haben, gehen zu den Logopäden. Menschen, die ein falsches Schluckmuster beziehungsweise Probleme beim Schlucken haben, gehören ebenfalls zu den Patienten.

    In den vergangenen Jahren sei die Logopädie bekannter geworden, bemerken sowohl Johanna Kestler als auch Bettina Stecher. Es gebe sie in diesem Jahr aber schon seit 100 Jahren, fügt Bettina Stecher an. „Das Bewusstsein, dass Sprache wichtig ist, ist höher geworden“, sagt Pia Peschke.

    Problematisch sei, wie Andrea Salamon berichtet, dass Ärzte oftmals zurückhaltend seien beim Verordnen einer logopädischen Therapie. Bettina Stecher spricht von einem gesundheitspolitischen Problem.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden