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Haßfurt: Spürnasen im Einsatz: Wie Hundeführerin Brigitte Fiedler mit "Toffifee" nach Vermissten sucht

Haßfurt

Spürnasen im Einsatz: Wie Hundeführerin Brigitte Fiedler mit "Toffifee" nach Vermissten sucht

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    Die Suche nach einem Vermissten hat Brigitte Fiedler und Hündin Toffifee  durch den Park unweit des Haßfurt Bahnhofs geführt, hier in einer nachgestellten Szene.
    Die Suche nach einem Vermissten hat Brigitte Fiedler und Hündin Toffifee  durch den Park unweit des Haßfurt Bahnhofs geführt, hier in einer nachgestellten Szene. Foto: Lukas Reinhardt

    Toffifee bestimmt den Weg. Genauer gesagt gibt ihre Nase den Ton an. Die junge Bluthündin folgt einer frischen Fährte aus Gerüchen. Suchend pendelt die braun-schwarze Schnauze wenige Zentimeter über dem Boden. Der Gang wird zielstrebiger, die Schritte schneller. Toffifee findet, was sie aufspüren soll: den versteckten Besitzer einer Mütze, an der Brigitte Fiedler die Bluthündin mit der feinen Nase zuvor hat schnuppern lassen. "Zur Belohnung gibt es immer Leberwurst", sagt Fiedler und zieht eine Tube aus der Tasche.

    Heute ist alles nur ein Spiel, vergangene Woche war es das nicht. Damals suchten Toffifee und ihre Halterin gemeinsam mit hunderten Einsatzkräften in Knetzgau und Haßfurt nach einem vermissten Menschen. Das Duo ist Teil der Rettungshundestaffel des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) im Landkreis Haßberge. Fiedler ist Mitglied der ersten Stunde, sie ist seit 2001 dabei. Für Toffifee war es die erste Suche nach einem Vermissten.

    Alles begann mit Kunststückchen

    Brigitte Fiedler ist Tierärztin. Ein Beruf, der sich schon in jungen Jahren abzeichnete, genauso wie ihre ehrenamtliche Arbeit in der Staffel. Den ersten eigenen Hund bekommt die heute 52-Jährige im Alter von 14, erzählt sie. Sie bringt ihm Kunststückchen bei: Menschen Schal, Mütze und Socken ausziehen etwa, oder durch Reifen springen, sich auf einem kleinen Hocker drehen und verbeugen. Im Abitur befasst sie sich theoretischer und wissenschaftlicher mit dem Thema, schreibt in ihrer Facharbeit darüber, wie Hunde aus biologischer Sicht lernen.

    Die Belohnung nach erfolgreicher Suche: eine Portion Leberwurst aus der Tube.
    Die Belohnung nach erfolgreicher Suche: eine Portion Leberwurst aus der Tube. Foto: Lukas Reinhardt

    Um Kunststücke geht es inzwischen schon lange nicht mehr. Doch die 52-Jährige hat damals verstanden, wie die Tiere mit der feinen Nase ticken. Sie bildet ihre Vierbeiner heute selber zu sogenannten Mantrailern aus, also Personenspürhunden. Zuletzt Toffifee, die unruhig neben Fiedlers Fuß sitzt und ihre schwarz-braune Schnauze schnuppernd in den Wind hält. Kein ungewöhnliches Verhalten: Mit über 300 Millionen Riechzellen haben Bluthunde die mit Abstand beste Hundenase. Andere Rassen kommen im Vergleich dazu nur auf die Hälfte, der Mensch gerade einmal auf rund fünf Millionen Riechzellen.

    "Der Hund soll Menschen toll finden, er soll von sich aus alles geben auf der Suche nach ihnen."

    Brigitte Fiedler, Hundeführerin BRK Haßberge

    Die Hundestaffel macht sich diese Eigenschaft zunutze. Doch ohne jahrelange Übung und den richtigen Unterricht geht es nicht. "Ich arbeitete mit positiver Motivation", erklärt Fiedler, "der Hund soll Menschen toll finden, er soll von sich aus alles geben auf der Suche nach ihnen." Intrinsischer Ansporn nennt sich das. Im Training werden die Tiere deshalb von der Person belohnt, die gesucht und gefunden wurde. Toffifee scheint besonders talentiert – und motiviert: "Sie hat im Oktober die Prüfung zur Rettungshündin abgelegt, im Alter von 19 Monaten", sagt Fiedler. "Das ist außergewöhnlich". Der Einsatz am 21. Dezember in Knetzgau und Haßfurt, es war Toffifees erster.

    Toffifee ist noch nicht lange geprüfte Rettungshündin, ihr erster Einsatz fand kurz vor Weihnachten statt.
    Toffifee ist noch nicht lange geprüfte Rettungshündin, ihr erster Einsatz fand kurz vor Weihnachten statt. Foto: Lukas Reinhardt

    Es ist 17.45 Uhr, als Brigitte Fiedlers Handy an diesem Abend Alarm schlägt. Ein 50-jähriger Mann soll sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden. Er soll aus seinem Wohnhaus in Knetzgau verschwunden sein. Spurlos, wie es in der Erstmeldung der zuständigen Leitstelle in Schweinfurt heißt. Möglicherweise bestehe Gefahr für Leib und Leben. Rund 150 Rettungskräfte suchen bereits, ohne Erfolg. Fiedler ist an diesem Abend mit Toffifee und Lauser unterwegs, das Trio trainiert gerade in Haßfurt. Lauser, ein Mischling, ist ebenfalls Mantrailer. Er ist neun Jahre alt und der erfahrenere der Beiden. Doch an diesem Mittwoch bekommt Toffifee ihre Chance.

    Personenspürhunde können die Fährte eines einzelnen Menschen aufnehmen, die Rezeptoren in ihren Nasen registrieren winzige Partikel in der Luft oder am Boden, etwa von Hautschuppen, erklärt Fiedler. Aber damit das gelingt, braucht es einen sauberen Geruchsträger. "Einlegesohlen oder Zahnbürsten – etwas, das niemand außer der gesuchten Person angefasst hat." Der Träger wandert schließlich in eine Plastiktüte. Der Hund schnuppert, die  Arbeit beginnt.

    Toffifee findet Spur der vermissten Person

    In Knetzgau führt die Spur des vermissten Mannes auf dem Fußweg in Richtung Haßfurt. Nachdem die Polizei kurze Zeit später eine mögliche Sichtung in einem Markt in der Innenstadt meldet, setzt das Trio dort die Arbeit fort. Toffifee nimmt die Fährte wieder auf, sie führt über Umwege an den Bahnhof, wo sie an Gleis zwei endet. Um sicher zu gehen, setzt Fiedler auch den erfahrenen Lauser auf die Spur an. Der bestätigt das Ergebnis. "Unsere Vermutung war, dass die Person in den Zug eingestiegen ist", sagt Fiedler. Eine Annahme, die sich bewahrheiten sollte. Kurze Zeit später kehrt der vermisste Mann offenbar mit einem Zug zurück nach Haßfurt, wo er am Bahnhof aufgegriffen wird. 

    Brigitte Fiedler ist Tierärztin und seit über 20 Jahren ehrenamtliche Rettungshundeführerin beim BRK Haßberge. 
    Brigitte Fiedler ist Tierärztin und seit über 20 Jahren ehrenamtliche Rettungshundeführerin beim BRK Haßberge.  Foto: Lukas Reinhardt

    Nicht immer also führen die Spürnasen die Einsatzkräfte direkt zu den vermissten Personen. Manchmal, wie im jüngsten Fall, liefern sie entscheidende Hinweise. "Es ist wichtig, seinen Hund gut zu kennen, sein Verhalten richtig verstehen und lesen zu können", sagt Fiedler. Es gehe um Vertrauen, darum den Hund bei seiner Arbeit so wenig wie möglich zu beeinflussen, um Fehlschläge zu vermeiden. Fehlschläge, die auch äußere Faktoren herbeiführen können, etwa wenn die Suche in einer Wohngegend stattfindet. "Dort ist es die große Herausforderungen, die richtige Spur aus allen Gerüchen, die eine Person hinterlassen hat, herauszufiltern", sagt Fiedler.

    "Es ist wichtig, seinen Hund gut zu kennen, sein Verhalten richtig verstehen und lesen zu können."

    Brigitte Fiedler, Hundeführerin BRK Haßberge

    Die BRK-Staffel aus dem Landkreis Haßberge mit ihren derzeit elf ausgebildeten Rettungshunden kommt im Jahr auf gut 50 Einsätze, schätzt Brigitte Fiedler. Auch über die Grenzen der Region sind sie gefragt, wenn Personen fast spurlos verschwinden. "Ich verspüre eine große Verantwortung den Vermissten gegenüber", sagt die 52-Jährige. Betroffen seien häufig besonders hilflose Menschen, etwa demente oder orientierungslose, sehr alte oder junge, aber auch psychisch belastete. Wie bei einem Einsatz, der Fiedler besonders in Erinnerung geblieben ist.

    "Ich arbeitete mit positiver Motivation", erklärt Brigitte Fiedler, entsprechend groß ist die Freude nach dem Erfolg.
    "Ich arbeitete mit positiver Motivation", erklärt Brigitte Fiedler, entsprechend groß ist die Freude nach dem Erfolg. Foto: Lukas Reinhardt

    Sie erzählt von einem Vorfall vor rund drei Jahren. Damals war eine Person im südlichen Thüringen aus einer psychiatrischen Einrichtung entwischt. Zwei Tage blieb sie verschwunden. "Es war Sommer, die Sonne brannte, es hatte über 30 Grad Celsius", erinnert sich Brigitte Fiedler. Es dauerte, bis Lauser, der damals zum Einsatz kam, die frische Spur fand. "Es heißt, dass Gerüche bei Hitze schneller verschwinden."

    Als es soweit war, ging es schnell. Die Gruppe überquerte eine Bundesstraße, kletterte eine Böschung hinab, eilte einen Bach entlang und kam schließlich zu einer Steigung: "Dort saß ein verzweifelter Mann, der sich offenbar selbst Verletzungen zugefügt hatte", so Fiedler. Die Staffel verständigte die Polizei. "Der Mann fragte plötzlich, ob der Hund ihn gefunden hat", die Truppe bejahte. Er begann zu weinen. "So kamen wir ins Gespräch", erinnert sich die 52-Jährige. "Das war auch für uns sehr emotional."

    Schon drei Hunde in den Ruhestand verabschiedet

    Zurück in Haßfurt, dort hat Brigitte Fiedler Toffifee inzwischen zurück zu ihrem Wagen gebracht. Im Kofferraum des Kombis wartet Mischling Lauser geduldig, bis die Bluthündin zu ihm steigt. Die beiden sind nicht die ersten Vierbeiner, mit denen Fiedler nach vermissten Menschen sucht. "Angefangen hat es mit Basti, dann kam Bommel, und inzwischen ist auch Emilie berentet", zählt sie lachend und etwas nostalgisch auf. Doch geht es nach Fiedler, so wird die ehrenamtliche Arbeit mit ihren Hunden auch in Zukunft noch lange weitergehen.

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