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UNTERSCHLEICHACH/BAMBERG: Staatsanwalt fordert Lebenslänglich

UNTERSCHLEICHACH/BAMBERG

Staatsanwalt fordert Lebenslänglich

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    Einem Mann aus Unterschleichach wird vorgeworfen, am Neujahrsmorgen 2016 in seiner Nachbarschaft das elfjährige Mädchen Janina erschossen zu haben.
    Einem Mann aus Unterschleichach wird vorgeworfen, am Neujahrsmorgen 2016 in seiner Nachbarschaft das elfjährige Mädchen Janina erschossen zu haben. Foto: Foto: Michael Mösslein

    Am vierten Verhandlungstag des Mordprozesses um den Tod der kleinen Janina vor dem Bamberger Landgericht kamen an diesem Mittwochmorgen auch die getrennt lebenden Eltern des erschossenen Mädchens zu Wort.

    Die Mutter sagte, dass sich seit der Tat am vergangenen Neujahrsmorgen „alles verändert hat“ in ihrem Leben. Noch vor einem Jahr hätte sie eine glückliche Familie gehabt, mit ihrem heutigen Ehemann, ihrem damals wenige Wochen alten Sohn und Janina. Heute stehe sie jeden Tag auf – und statt ihrer Tochter das Frühstück zu machen, zünde sie ihr eine Kerze an und weine um sie. Der Schmerz lasse nicht nach. „Mir wird von Tag zu Tag bewusster, dass Janina fehlt“, sagte die Mutter. Dem Angeklagten wünscht sie, „egal wie das Urteil ausfällt“, dass er es bis ans Ende seines Lebens bereut, und ihm klar ist, dass er mit einem Schuss das Leben einer Elfjährigen beendet hat.

    Janinas Vater schilderte dem Gericht, dass er seit dem Tod seiner Tochter kaum noch schlafe. Er werde, wie die Mutter, psychologisch behandelt. Seit Januar ist er arbeitsunfähig. Er verstehe nicht, dass der Angeklagte vor Gericht kaum etwas zur Tat sagt und so das Gefühl vermittelt, dass ihm das Geschehene „scheißegal“ sei.

    Zur Motivation des Angeklagten, warum er in der Nacht geschossen hat, dazu hat der vierte Verhandlungstag keine grundlegend neuen Erkenntnisse gebracht. Laut Aussage der Ermittlungsrichterin, die am 13. Januar 2016 die Untersuchungshaft geordnet hatte, habe der 54-Jähriger, der sich wegen Mordes vor Gericht verantworten muss, ihr gegenüber von Wut und Ärger gesprochen. Denn er sei nach Mitternacht vom Böllerlärm vor seinem Anwesen aufgewacht. Dies deckt sich mit den Angaben des Angeklagten, die er bereits am ersten Verhandlungstag über seinen Verteidiger hatte erklären lassen.

    In Gegenwart eines Kripobeamten, der die Ermittlungen gegen den Angeklagten geleitet hat, wurde am Mittwochvormittag die knapp eineinhalbstündige Videovernehmung des Mannes im Gerichtssaal vorgeführt. Diese fand am Tag seiner Festnahme am 12. Januar in den Räumen der Kripo in Schweinfurt statt. In dieser Vernehmung kommen dem Angeklagten zweimal die Tränen: immer dann, wenn es um die Trennung von seinem Sohn geht, die ihn offensichtlich sehr belastet. An jenem Silvesterabend habe er sehr darunter gelitten, dass der Minderjährige nicht bei ihm war, gab er in der Vernehmung an.

    Der Angeklagte blieb in seiner Vernehmung dabei, nicht gezielt auf Menschen geschossen zu haben. Doch räumte er jetzt ein, dass er womöglich nach den ersten Schüssen die Schussrichtung ungewollt verändert habe, so dass „vielleicht der letzte Schuss“ nicht mehr in Richtung des Waldes abgefeuert wurde. Außerdem erklärte er damals gegenüber den Polizisten, dass er bereits an Neujahr, nach dem ersten Besuch der Polizei bei ihm zuhause, eine Ahnung hatte, dass er für den tödlichen Schuss verantwortlich sein könnte. Warum er sich dann nicht bei der Polizei gemeldet hat, beantwortete er damit, dass er Angst davor hatte, „dass dann alles kaputt ist“.

    Gleichzeitig sei ihm aber auch klar gewesen, dass früher oder später alles rauskommt. Nur habe er weiter gehofft, nicht überführt zu werden beziehungsweise habe er seine Schuld einfach verdrängt.

    Bevor das Schwurgericht die Hauptverhandlung für eine Mittagspause unterbrochen hat, hatte Dr. Jörg Groß aus Würzburg sein psychiatrisches Gutachten zum Angeklagten vorgestellt. Der 54-Jährige sei zum Tatzeitpunkt handlungsfähig gewesen. Groß sieht keine Hinweise auf eine vorliegende Schuldunfähigkeit. Der Psychiater kann keine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausmachen, möchte diese aber auch nicht ausschließen.

    Dieses wichtige Detail könnte sich auf das mögliche Strafmaß auswirken. So wäre es denkbar, dass das Gericht im Falle einer Verurteilung wegen Mordes die besondere Schwere der Schuld nicht feststellt, weil aus Sicht des psychiatrischen Gutachters nicht 100-prozentig feststeht, dass der Angeklagte in seiner Handlungsfreiheit nicht doch erheblich eingeschränkt war. So kann das Strafmaß auch bei verurteilten Mördern durchaus unter „lebenslänglich“ liegen und auch bei einer Freiheitsstrafe von unter 15 Jahren liegen.

    Der Gutachter meinte, der Angeklagte leide unter einer leichten bis maximal mittelgradigen Depression. Sein ermittelter Intelligenzquotient liege mit 83 leicht unter dem Durchschnitt, doch schränke dies seine Handlungsfähigkeit nicht ein. Er verwies darauf, dass der Mann regelmäßig einer Arbeit nachging und auch einen Führerschein besaß und LKW fuhr.

    Auf die Frage des Verteidigers Thomas Drehsen antworte Groß, der Angeklagte könne seine Gefühle durchaus adäquat wahrnehmen, über diese aber nicht offen sprechen. Dies bedeute jedoch keinen krankhaften Zustand. Der Mann habe auch nicht „blind vor Wut“, also im Affekt gehandelt. Er stimmte dem Verteidiger zu, der meinte, das dem 54-Jährigen zur Last gelegte Tatverhalten passe nicht zu dessen Wesen und Verhalten, das Zeugen vor Gericht geschildert haben. Dies erzwinge jedoch keine psychiatrische Deutung des Tatverhaltens, meinte der Gutachter.

    Die Tat des Angeklagten hat nach Ansicht von Oberstaatsanwalt Otto Heyder alle Merkmale des Mordes erfüllt. Zu diesem Fazit gelangte er am Ende der Hauptverhandlung. Er plädiert deshalb dafür, den 54-Jährigen zu lebenslanger Haft zu verurteilen. Eine besondere Schwere der Schuld erkennt er nicht.

    Der Verteidiger des Angeklagten plädiert dagegen dafür, seinen Mandanten wegen fahrlässiger Tötung zu verurteilen. Falls das Gericht die Voraussetzungen hierfür als nicht erfüllt ansieht dürfe sein Mandant allenfalls wegen Totschlags verurteilt werden, erklärte Thomas Drehsen.

    Die Schwurgerichtskammer wird das Urteil am Donnerstag, 22. Dezember, um 13 Uhr verkünden, teilte Vorsitzender Richter Manfred Schmidt am Ende des vierten Verhandlungstags mit.

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