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HOFHEIM: Traditionelle Walz führt Zimmermann Henrik Johannsen von Japan bis in den Haßgau

HOFHEIM

Traditionelle Walz führt Zimmermann Henrik Johannsen von Japan bis in den Haßgau

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    Auf der Walz: Zimmermann Henrik Johannsen hat es nach Hofheim verschlagen.
    Auf der Walz: Zimmermann Henrik Johannsen hat es nach Hofheim verschlagen. Foto: Foto: Carolin Mützel

    Gewissenhaft drückt Werner Mock, Leiter des Referats öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim, einen Stempel in das Wanderbuch von Henrik Johannsen. Der 26-Jährige ist gelernter Zimmermann und seit fast genau drei Jahren auf Wanderschaft durch die ganze Welt. Die Stempel, so erzählt er, brauche er, um nachweisen zu können, wo er überall gewesen ist.

    Früher war es die Pflicht des Bürgermeisters, den wandernden Gesellen nicht nur einen Stempel zu geben, sondern ihnen auch ein Abendessen und ein Nachtlager zu besorgen. Diese Regeln gelten heute nicht mehr und trotzdem drückt Werner Mock dem Zimmermann zum Abschied eine Flasche mit Limonade, eine Brotzeit und einen Fünfeuroschein in die Hand. Henrik bedankt sich mit dem Vortrag eines zünftigen Spruches. Wo er die Nacht verbringen wird, weiß er noch nicht. „Momentan kannst du ja draußen schlafen. Oder du lernst nette Leute kennen, bei denen du unterkommst“, meint der unternehmungslustige 26-Jährige leichthin.

    Seine Reisen, so Henrik, haben ihn nicht nur beruflich, sondern vor allem auch persönlich weitergebracht: „Vorher bin ich mit Scheuklappen durchs Leben, heute bin ich viel offener, ich weiß jetzt, wie andere leben und habe viele Vorurteile abgebaut.“ Erst vor wenigen Tagen ist er in Hofheim angekommen. Gekleidet in eine schwarze Zimmermannskluft – bestehend aus Schlaghose, Weste und Jackett – geschützt von einem schwarzen Hut und ausgestattet mit einem Stenz, einem gedrehten Wanderstock, schreitet er durch die Straßen der unterfränkischen Stadt. „Ich würde hier gerne Arbeit finden und ein, zwei Monate bleiben“, erzählt er. Um Geld betteln, das kommt für den stolzen Norddeutschen nicht infrage. „Wenn, dann bitte ich in einem Restaurant höchstens mal um eine Tasse Kaffee“, meint er. Das tut er allerdings nur im Winter, wenn es schwer ist, auf dem Bau Geld zu verdienen. Im Sommer hingegen, so sagt er, gebe es genug Arbeit. „Wir arbeiten allerdings nicht für Kost und Logie, sondern für den aktuellen Tarifpreis“, betont der Zimmermann.

    Bevor es ihn nach Unterfranken verschlug, verbrachte der junge Mann unter anderem vier Monate in Südamerika, wo ihm, wie er sagt, bewusst wurde, wie gut es die Menschen in Deutschland haben. Sein Weg führte ihn auch für einige Zeit nach Japan. Dort half Henrik eineinhalb Monate mit, eine Radrennbahn zu bauen. Anschließend besichtigte er gemeinsam mit anderen Wanderburschen einen Monat lang das Land. Reiste nach Osaka, Kyoto und Tokio, wo er sich mit Händen und Füßen verständigen musste, weil kaum ein Japaner Englisch sprach. „Aber verhungert sind wir nicht“, meint er, und um seine Augen bilden sich kleine Fältchen, als er lacht.

    Handys sind verboten

    Zu Hause in Bad Segeberg, einer norddeutschen Kleinstadt, die etwa 50 Kilometer nördlich der Hansestadt Hamburg liegt, hat er drei Jahre als Geselle gearbeitet, bevor er loszog. Henrik ist Mitglied im „Fremden Freiheitsschacht“, einer von sieben Gesellenvereinigungen, die es in Deutschland gibt. „Wenn wir losgehen, haben wir kein Geld dabei. Auch Handys dürfen und wollen wir nicht benutzen, wir wollen ja frei sein“, erklärt Henrik die relativ strengen Bedingungen für die Wanderschaft. Der Geselle darf sich nur zur Fuß oder per Anhalter fortbewegen. Öffentliche Verkehrsmittel sind nicht verboten, aber verpönt.

    Um zu lernen, wie er sich auf Wanderschaft am besten durchschlägt, schließt sich ein Neuling zunächst einem Gesellen an, der schon mindestens ein Jahr unterwegs ist und über entsprechende Erfahrung verfügt. In der Regel bleiben die beiden drei Monate zusammen, dann geht jeder seine eigenen Wege.

    Vermisst Henrik Freunde und Familie? „Nein, überhaupt nicht“, betont der 26-Jährige. Dafür gebe es auf seinen Reisen zu viel zu sehen und zu erleben. Nach seinem Aufenthalt in Unterfranken will Henrik weiter nach Rumänien, wo Anfang Juli ein großes Gesellentreffen stattfindet. Und danach? Obwohl die drei vorgeschriebenen Jahre dann um sind, möchte der Zimmermann auf jeden Fall noch eine große Reise machen. Am liebsten durch Asien: „Auf dem Landweg über Indonesien, Russland und China nach Malaysia. Das wär's. Ob es sich umsetzen lässt, das muss ich erst noch sehen.“

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