Die vergangenen rund zehn Jahre waren wahrlich kein Zuckerschlecken für den TV Haßfurt. Zuerst das Aus für den geplanten Sportpark am Eichelsee, als der Haßfurter Stadtrat das Projekt erst wohlwollend begleitet hatte, um ihm – und damit beinahe dem ganzen Verein – dann die Rote Karte zu zeigen. Danach kam Corona und mit der Pandemie etliche Austritte von Mitgliedern, und jetzt die Energiekrise, die den Unterhalt aller Liegenschaften in neue Dimensionen katapultiert.
Als ob das alles nicht schon genügen würde, um einem Verein ordentlich zuzusetzen, muss der TVH nun mit einer neuen Hiobsbotschaft fertigwerden. Die neue Turnhalle, die die Stadt Haßfurt neben dem Vereinsgelände errichtet, wird nun doch nicht vor dem Winter fertig. Dabei waren die Übungsstunden in der neuen Sportarena bereits fest in den Kalender des Vereins eingeplant.
Hallenstunden musste der TV Haßfurt nun kurzfristig andernorts buchen
"Das heißt", so Vorsitzender Gerd Wolf im Gespräch mit dieser Redaktion, "dass wir natürlich auch keine anderen Hallenstunden geordert hatten." Und: "Diese Situation schmeißt bei uns alles über den Haufen." Inzwischen habe man die entsprechenden Anträge für zusätzliche Hallenstunden beim Landratsamt nachgereicht. Mit "Schieben und Drücken" werde man es wohl noch schaffen, das Sportprogramm abzuwickeln. Allerdings "über die ganze Stadt verteilt", so Wolf. Und auch nur "solange diese alte Halle noch betrieben werden kann", schränkt Übungsleiterin Petra Benkert ein.
"Diese Situation schmeißt bei uns alles über den Haufen."
Gerd Wolf, Vorsitzender TV Haßfurt
Aber nun stehe man vor der unbefriedigenden Situation, nicht nur die Miete für die neue Halle bezahlen zu müssen, da ja die Stadt Haßfurt der Besitzer sei, sondern auch für die anderen gemieteten Sportstätten. "Und wir haben ja noch die alte Halle und die Tennishalle an der Backe."
Eigentlich sei geplant gewesen, so Wolf, die alte Turnhalle am Eichelsee für den Breitensport zu schließen, kein Geld mehr reinzustecken und nur noch die Fußballer reinzulassen. "Die Umkleiden sind ja noch vorhanden und in Ordnung." Aber nun habe sich eine ganz neue Situation ergeben.
Waldorfschule muss wohl weiter die alte TV-Halle nutzen
Die Waldorfschule, die bei der Errichtung und Nutzung der Halle als Partner der Stadt Haßfurt fungiert, habe von der Regierung von Unterfranken den Bescheid bekommen, dass die geschlechterspezifische Trennung der Schülerinnen und Schüler im Sportunterricht früher als bisher zu erfolgen habe.
Aus diesem Grund benötige die Waldorfschule nun mehr Räumlichkeiten als ursprünglich vorgesehen. Das bedeutet zum einen, dass die neue Halle auch nach ihrer Fertigstellung nicht mehr für die geplanten Verwendungen ausreichen wird, und zum anderen, dass deshalb die Schule den TV Haßfurt gebeten hat, die alte Halle weiter nutzen zu dürfen.
TV Haßfurt steht vor finanziellen Problemen
"Jetzt befindet sich der Verein in der Situation", erklärt Wolf, "die alte Halle weiter vorhalten zu müssen." Was einerseits bauliche Probleme aufwirft, andererseits für finanzielle Schwierigkeiten sorgt. "Wir müssen pro Jahr rund 35.000 Euro in den Unterhalt der Liegenschaften des Vereins stecken. Bisher. Wenn die Preise für Energie in dem Maße steigen, wie allgemein angenommen wird, können wir dichtmachen. Ich weiß nicht, wo ich das Geld hernehmen soll." Deshalb habe man die Heizung für die Tennishalle bereits komplett abgeschaltet.

Eine grundlegende Erneuerung der alten Turnhalle komme aber nicht in Frage. Nur eine Dachsanierung würde nach Auskunft von Gerd Wolf schon zwischen 120.000 und 150.000 Euro kosten. Eine Förderung sei zudem ausgeschlossen. Die gröbsten statischen Ausbesserungen habe man durch die großzügige Hilfe eines örtlichen Zimmereibetriebs vornehmen können. Sollte es jedoch schneien und Schnee auf dem Dach liegen, müsse die Halle aus Sicherheitsgründen komplett für den Sportbetrieb geschlossen werden.

Das altehrwürdige Gebäude krankt aber nicht nur am Dach, auch die Außenmauern weisen inzwischen deutliche Risse auf. Die Heizung funktioniert zwar noch, aber der Boden ist eiskalt. "In meinen Übungsgruppen sind viele Senioren aktiv", erläutert Petra Benkert, "die müssen sich auf den kalten Boden setzen. Deshalb freue ich mich ja schon so auf die neue Halle. Wir haben im Verein eben Sporttreibende vom Wickelbaby bis über 80 Jahre."
"Wir haben derzeit über 400 Kinder und Jugendliche, die im TV Sport treiben."
Gerd Wolf, Vorsitzender TV Haßfurt
Und das mit einer vielversprechenden Tendenz. "Wir haben derzeit über 400 Kinder und Jugendliche, die im TV Sport treiben. Der Andrang zur Schwimmabteilung ist zum Beispiel so stark, dass Wartelisten für die Kinder aufgestellt werden mussten, die mit dem TV in Knetzgau schwimmen lernen wollen", sagt Gerd Wolf.
Das Ganze schadet dem Ehrenamt im Verein
Der Vorsitzende macht angesichts der Sportstättensituation in der Kreisstadt aus seinem Herzen aber keine Mördergrube: "Die haben in der Stadt nicht verstanden, was Breitensport bedeutet. Es ist klar, dass Schulturnhallen enorm viel kosten, aber Haßfurt ist ein Mittelzentrum. Das Schlimmste ist aber", so Wolf, "dass durch die ganze Zeitverdoofung sehr viel Ehrenamt den Bach runtergegangen ist und geht. Die Übungsleiter werden zum einen immer älter, zum anderen sind nur sehr schwer jüngere nachzubekommen, weil die attraktiven Sportstätten fehlen."

"Wir sind doch nicht dazu da, Gewinne zu machen", ereifert sich Wolf. Und unterstreicht gleichzeitig, dass der TV Haßfurt immer wieder die Gelegenheit wahrnehmen müsse, selbst Veranstaltungen in Zeil oder Sand dazu zu nutzen, Geld für seine Liegenschaften einzunehmen.
Mit der tatsächlichen Eröffnung der neuen Halle rechnet Wolf im Frühjahr, "etwa am 1. März oder 1. April". Petra Benkert ist noch nicht davon überzeugt: "Das glaube ich erst ab dem Moment, wenn wir wirklich rein dürfen."
Inbetriebnahme der neuen Halle zum Schulhalbjahr gefordert
Bürgermeister Günther Werner ist regelrecht angefressen. "Seit September bin ich am Thema Turnhalle dran und mache Druck", klagt der Bürgermeister, der sich im Sommer bei einer Baubegehung mit dieser Redaktion noch darüber gefreut hatte, dass die Arbeiten so gut im Zeitplan lagen.
Verzögerungen beim Estrich hätten dazu geführt, dass am Bau beteiligte Firmen für die Elektro- und Lüftungsinstallation keinen Zutritt zur Halle mehr gefunden und sich deshalb die Abwicklung anderer Aufträge auf ihre Agenda geschrieben hätten. "Ich erwarte von der Bauleitung", so Günther Werner, "und habe das auch deutlich gemacht, dass spätestens zum Schulhalbjahr im Februar die Halle in Betrieb genommen werden können muss."

Währenddessen ist Werners Vorgänger Rudi Eck auch aktiv geworden und hat als Vorsitzender des Fördervereins des TV Haßfurt eine Spendenaktion für den Not leidenden Turnverein ins Leben gerufen, "die bereits läuft", so der Altbürgermeister.
