In der Frostperiode seit Anfang Januar kam alles zusammen, was einem Stromversorger Kapazitätsprobleme bereiten kann: Die längsten Nächte des Jahres mit entsprechend langen Beleuchtungszeiten, der Rückgang der Zufuhr regenerativer Energien wie Strom aus Windkraft, Fotovoltaik und Wasser und eben die große Kälte. Beim Wind geht die Stromgewinnung derzeit gegen null, bei den Wasserkraftwerken an den Main-Schleusen war sie wegen des Eisgangs vermindert, ebenso bei der Fotovoltaik wegen der kurzen Tage und damit geringen Sonneneinstrahlung. Bleibt bei den regenerativen Energien nur der Strom aus Biogas, der auch jetzt noch zuverlässig fließt. Auch aus den externen Blockheizkraftwerken kam in der zurückliegenden Eiszeit weniger Saft als sonst, weil die Betreiber erst einmal den eigenen Strombedarf decken wollten, bevor sie Strom ins Netz der ÜZ einspeisten, erklärt Betriebsleiter Gerd Bock.
Zusätzliche Heizgeräte
Auf der anderen Seite steht vermehrter Strombedarf. Die Speicherheizungen bedeuten für die ÜZ, die auch die Gemeinde im Maintal des Landkreises Haßberge versorgt, erst einmal keine große Belastung, weil sie nachts zu lastschwachen Zeiten aufgeladen werden. Doch viele heizen jetzt mit Elektrogeräten zu, weil die Zentralheizung nicht mehr genug Wärme bringt. „Und am 1. Weihnachtsfeiertag hatten wir die so genannte Gänsespitze“, ergänzt Robert Ruppenstein, Leiter der Netzwirtschaft bei der ÜZ. Wenn jeder zweite oder dritte Haushalt zur gleichen Zeit die Backröhre laufen lässt, merkt das die ÜZ deutlich.
Doch die Feiertage kamen dem Stromlieferanten auf der anderen Seite auch zu Hilfe. „Die großen industriellen Kunden waren bis zum 12. Januar zum Teil noch in den Ferien“, sagt Bock. Erst in der ersten vollen Arbeitswoche des neuen Jahres sollte sich zeigen, ob die knapp 80 Megawatt Stromspitze auch bei extremer Kälte reichen.
Und sie reichten, wie Bock mitteilte. Allerdings sei man einige Male nahe an die von der Regierung von Unterfranken genehmigte Kapazitätsobergrenze gegangen, die mit den Netzentgelten und deren Kalkulation zu tun hat. Für einen Versorger ist es immer am günstigsten, ein Netz möglichst lange möglichst gleichmäßig auszulasten.
Spitze zwischen 17 und 20 Uhr
In der Hochtarifzeit von 6 bis 22 Uhr liegt die Verbrauchsspitze zwischen 17 und 20 Uhr. Wenn um 22 Uhr die von der ÜZ großzügig bemessene Niedertarifzeit beginnt, schnellt der Stromverbrauch noch einmal kräftig in die Höhe, denn dann schalten viele ÜZ-Kunden die Wasch- oder Spülmaschine ein, um Geld zu sparen.
Die trockene Kälte der vergangenen Tage hat dem Netz der ÜZ technisch überhaupt nichts ausgemacht. Im Gegenteil: Die Mitarbeiter kamen wegen des gefrorenen Bodens viel besser an Netzstellen, wo zum Beispiel Bäume entastet werden müssten, um die Leitungen nicht zu gefährden. Wochenlang anhaltende Kälteperioden gibt es übrigens statistisch nur alle fünf bis sechs Jahre, erklärt Gerd Bock.
Kritisch wird es bei Eisregen
Wetterbedingt kritisch wird es für einen Stromlieferanten erst, wenn es bei Minustemperaturen regnet. Dann bildet sich Eisbehang, der Kabel und Mast zusetzen kann.
Übrigens: Ausgerechnet an der ÜZ steht die offizielle Wetterstation, an der in der Nacht von Sonntag, 11., auf Montag, 12. Januar, die niedrigste Temperatur in der ganzen Region gemessen worden sein soll. Solche Angaben beziehen sich aber nur auf Vergleiche mit anderen derartigen offiziellen Stationen, wo die Temperatur unter gleichen Kriterien gemessen wird. Es kann deshalb gut sein, dass an anderen Orten in der Umgebung „inoffiziell“ noch viel tiefere Minusgrade gemessen wurden als in Lülsfeld.