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Haßfurt: Ukrainekrieg und Trump-Wahl: Wie Jugendliche aus dem Haßbergkreis um ihren Schüleraustausch mit den USA gekämpft haben

Haßfurt

Ukrainekrieg und Trump-Wahl: Wie Jugendliche aus dem Haßbergkreis um ihren Schüleraustausch mit den USA gekämpft haben

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    Schüleraustausch mit den USA: Im Spätsommen 2024 waren Schülerinnen und Schüler der Haßfurter Realschule in Kalifornien. Doch um den Gegenbesuch aus Amerika mussten sie hart kämpfen.
    Schüleraustausch mit den USA: Im Spätsommen 2024 waren Schülerinnen und Schüler der Haßfurter Realschule in Kalifornien. Doch um den Gegenbesuch aus Amerika mussten sie hart kämpfen. Foto: Susanne Keller

    Der Schüleraustausch zwischen der Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule in Haßfurt und der St. Paul’s School, einer Privatschule in Visalia, Kalifornien, ist noch jung: Im Jahr 2019 gab es erstmals gegenseitige Besuche. Doch jetzt gestaltet sich der Austausch zunehmend schwierig. Grund dafür ist vor allem die Weltpolitik. "Ich finde es so schade für sie", sagt die Haßfurter Lehrerin Julia Schneider mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler. "Es soll um sie gehen. Darum, dass sie eine gute Zeit haben."

    Aber der Krieg in der Ukraine, die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten und die immer größer werdende Spaltung der westlichen Welt bringen diese gute Zeit immer mehr in Gefahr. Umso beeindruckender findet Schneider, wie die Jugendlichen selbst um den Austausch gekämpft haben. Zumindest in diesem Jahr haben sie diesen Kampf gewonnen.

    Deutsche waren schon in den USA: Kampf um den Gegenbesuch

    Dabei hätten sich die Deutschen entspannt zurücklehnen können, immerhin hatten sie ihren Besuch in den USA bereits: Im August und September 2024 verbrachten Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klasse zwei Wochen in Visalia, wo sie eine schöne Zeit hatten, wie unter anderem die 14-jährige Ida Guerra erzählt. "Wir wurden gut aufgenommen", sagt sie. Zahlreiche Fotos zeugen außerdem von vielen interessanten Ausflügen, die sie dort unternommen haben.

    Spannende Eindrücke beim Schüleraustausch: Ein Ausflug führte die Jugendlichen in den Sequoia National Park zum "General Sherman Tree", dem voluminöseste lebenden Baum der Welt.
    Spannende Eindrücke beim Schüleraustausch: Ein Ausflug führte die Jugendlichen in den Sequoia National Park zum "General Sherman Tree", dem voluminöseste lebenden Baum der Welt. Foto: Coree Bontrager

    Doch jetzt ging es um den Gegenbesuch der amerikanischen Jugendlichen, die am Dienstag, 25. März, in Deutschland ankommen sollen. Dass das auf der Kippe stand, lag unter anderem an Vorbehalten der kalifornischen Eltern aufgrund des Kriegs in der Ukraine.

    Unterschiedliche Wahrnehmung: Die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine

    Für Deutsche mag der Zusammenhang absurd klingen. Doch wie Schneider und ihre Schülerinnen und Schüler berichten, verstehen viele US-Amerikaner den Kontinent Europa als große Einheit und unterschätzen, dass die europäischen Länder deutlich eigenständiger sind als amerikanische Bundesstaaten. "Die haben da eine andere Wahrnehmung", sagt die 15-jährige Schülerin Julina Gebhard.

    Somit sei die US-amerikanische Denkweise: In der Ukraine ist Krieg, also ist in Europa Krieg. Dass Deutschland und die Ukraine keine gemeinsame Grenze haben und viele hundert Kilometer voneinander entfernt liegen, spiele da keine Rolle.

    Großes Interesse auch bei Lokalmedien in den USA

    Kurz nach dem Kriegsausbruch wäre der Austausch deshalb beinahe komplett ins Wasser gefallen. Im Schuljahr 2022/23 wollte von den ursprünglich zwölf amerikanischen Schülerinnen und Schülern zunächst gar niemand mehr nach Deutschland kommen. Letztlich kamen dann doch immerhin zwei, allerdings jeweils in Begleitung eines Elternteils. Denn alleine wollte man die Jugendlichen nicht ins vermeintlich gefährliche Europa lassen.

    Kultureller Austausch: Jugendliche der Haßfurter Realschule bringen Schulkindern in Kalifornien deutsche Spiele, Reime und Klatschspiele bei.
    Kultureller Austausch: Jugendliche der Haßfurter Realschule bringen Schulkindern in Kalifornien deutsche Spiele, Reime und Klatschspiele bei. Foto: Julia Schneider

    Zurück in ihrer kalifornischen Heimat brachte das die beiden Schüler dann auch in die lokalen Medien, wo das, was sie zu erzählen hatten, offenbar für viele Leserinnen und Leser eine große Neuigkeit war: Deutschland ist kein Kriegsgebiet, Deutschland ist sicher.

    Fotos und Videochats: Schüler beweisen, dass es in Deutschland sicher ist

    Waren es damals noch vor allem die Lehrkräfte, die sich dafür eingesetzt hatten, den Austausch trotz aller Widrigkeiten möglich zu machen, waren es diesmal die Schülerinnen und Schüler. Dafür leisteten sie viel Überzeugungsarbeit. Sie schickten Fotos oder trafen sich mit ihren amerikanischen Partnerinnen und Partnern zu Videochats.

    "Jeder einzelne ist mit denen in Kontakt getreten", erzählt Julina Gebhard. Sie selbst habe beispielsweise ihre Katze fotografiert und auch sonst mithilfe von Bildern gezeigt, wie es bei ihrer Familie zu Hause aussieht. Ein wichtiger Bestandteil dieser Überzeugungsarbeit war es, klarzumachen: Hier herrscht kein Krieg. Die Häuser, die Straßen – alles sieht normal aus. Keine Einschusslöcher, keine Spuren einer Bombardierung.

    Angst, dass Kinder im Ausland stranden könnten

    "Die Schüler haben es eher kapiert als die Eltern", sagt Lehrerin Julia Schneider über die Reaktion in Amerika. Doch selbst als die Botschaft angekommen war, dass in Deutschland nicht gekämpft wird, gab es Vorbehalte. Immerhin gehört Deutschland ja zu den Ländern, die Waffen in die Ukraine liefern. "Russland weiß ja, dass die Waffen von uns kommen", sagt Schülerin Klara Kraus, 14 Jahre alt. So hätten einige amerikanische Eltern weiterhin Angst gehabt: Was, wenn Deutschland doch angegriffen wird, gerade während der Zeit des Austauschs? Was, wenn mein Kind dann in Europa strandet?

    Letztlich sei die Überzeugungsarbeit dennoch von Erfolg gekrönt gewesen: Alle acht amerikanischen Jugendlichen, die sich ursprünglich für den Austausch interessiert hatten, kommen in diesem Jahr auch nach Deutschland.

    Verschärfte Einreisepolitik: Angst vor Problemen bei der Wiedereinreise

    Dabei gab es, abgesehen vom Krieg in der Ukraine, noch weitere Hürden zu überwinden, die unter anderem mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten zu tun haben. Beispielsweise ging es um den harten Kurs der neuen US-Regierung in der Einreisepolitik. Einer der kalifornischen Schüler hat einen chinesischen Pass und hatte zunächst Probleme, ein Visum für die Reise zu bekommen. Dazu kam die Unsicherheit: Kann er nach dem Aufenthalt in Deutschland problemlos in die USA zurückkehren?

    Immerhin wurden zuletzt mehrere Fälle bekannt, in denen Nicht-Staatsbürger bei der Einreise oder Wiedereinreise in die USA abgewiesen wurden oder gar in Abschiebehaft kamen – darunter sogar Menschen mit Wohnsitz und dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung in den Vereinigten Staaten. Auch Deutsche waren betroffen, weshalb auch das Auswärtige Amt zuletzt seine Reisehinweise aktualisierte.

    Gespräche über Politik: Der richtige Umgang mit den Differenzen

    Und dann wäre da noch die Frage: Wie soll man während des Austauschs mit den politischen Spannungen zwischen den USA und Deutschland umgehen? "Es gab da auch Zoff unter den Lehrern", sagt Julia Schneider. Denn sie habe von einer amerikanischen Lehrerin eine Nachricht bekommen, in der stand, über Politik solle nicht geredet werden. Zur Begründung habe es geheißen, Kinder würden ja ohnehin nur ungefiltert die Meinung ihrer Eltern wiedergeben.

    In einem persönlichen Gespräch hätte sich die Angelegenheit aber klären lassen, berichtet Schneider. Grundsätzlich lautet die Devise: Es geht ums Kennenlernen des anderen Landes, der anderen Kultur. Die am Austausch Beteiligten wollen daher politische Streitfragen nicht von sich aus thematisieren. Wenn jedoch Fragen aufkommen, sollen diese auch beantwortet werden.

    Denn dass Fragen aufkommen werden – wenn nicht von den Teilnehmenden, dann doch zumindest von außen – hält Julia Schneider für unvermeidbar. "Ich bin mir sicher. Irgendein Siebtklässler wird auf sie zurennen und fragen: 'Do you like Trump?' (Magst du Trump?)" Deshalb ist die Lehrerin überzeugt: "Man muss ja reagieren können."

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