Eine Bürgerversammlung ist meistens eine trockene Angelegenheit und schlecht besucht. Meistens, aber nicht immer: Infotainment live gab es am Montag im voll besetzten Stöckacher Sängerheim.
„Ich hoffe, es war für euch informativ.“ Mit diesem Wunsch beendete Bürgermeister Hubert Endres nach gut zwei Stunden die Zusammenkunft. Infos hatte er jedenfalls genug präsentiert. Bevölkerungsentwicklung zum Beispiel, finanzielle Situation, Trinkwasser und Kanal, um nur einige Themen zu nennen. Vor allem nach der Pause, bei der Vergabe der Straßennamen, war die Versammlung aber auch für alle unerwartet unterhaltsam: Die Stöckacher bewiesen Sinn für Humor, bei aller Freude am Diskutieren über ein Thema, das alle betrifft.
Für Heiterkeit sorgte beispielsweise Manuel Schumm – besser gesagt der Umstand, dass sein Grundstück an zwei Straßen liegt. Denn nur in der Theorie ist es ganz einfach: Über den Straßennamen abstimmen dürfen nur diejenigen, die in der betreffenden Straße wohnen. Bei zwei angrenzenden Straßen wird's kompliziert. Dann zählt laut Bürgermeister, zu welcher Straße hin der Hauseingang des Anwesens liegt, und zwar – aufgemerkt! – nicht tatsächlich, sondern laut Bauplan, respektive Grundbuch. Aha, wieder etwas dazugelernt.
Manuel Schumm hilft das aber auch nicht weiter. Der Bauplan ist gerade nicht zur Hand, die Verwaltung hat schon zu. „Wo wohne ich denn jetzt?“ Das ist für ihn die Frage, die sich kurzfristig nicht beantworten lässt. Deshalb kann er auch nur ein eingeschränktes Votum abgeben, als es ans Abstimmen geht: „Ich wäre dafür, wenn ich da wohnen würde.“
Eine lange Liste hatte der Bürgermeister vorgelegt, als Diskussionsgrundlage: Die Stöckacher, lobte er, haben die meisten Vorschläge für Straßennamen gemacht. Und siehe da, viele der Bezeichnungen sind nichts Neues, sondern haben eine lange Tradition. Das kann Manuel Schumm bestätigen: „Die Namen waren im Sprachgebrauch“, sagt der junge Mann, der beim Vermessungsamt beschäftigt ist. Bei der so genannten Uraufnahme, der ersten Vermessung, hätten die Geometer anno 1840 diese Straßennamen in ihren Plan eingetragen. Einer seiner Nebenmänner sieht das genauso. Es sei alles schon mal da gewesen, nur seien die Namen bei der Gemeindereform verschwunden.
„Lauterbachstraße“ ist so ein althergebrachter Name der sich nun bei der Abstimmung nach intensiver Diskussion gegen „Waldstraße“ und „Am Schlossgut“ durchsetzt. Die Bezeichnung „Alter Hofheimer Weg“ ist zwar auch althergebracht, aber manch einem zu lang, um das jedes Mal zu schreiben. Doch selbst die Kurzversion ohne „Alter“ unterliegt schließlich gegenüber dem „Frankenweg“. Bei der Seegasse, dem Blumenweg und der Domgasse – Dom ist angeblich ein altes Wort für Wald – gestaltet sich der Vergabeprozess kurz und schmerzlos.
Für die Ortsdurchfahrt wird nach langem Hin und Her der Name „Poststraße“ demokratisch festgelegt, eine Reverenz an die frühere Poststelle am Ortseingang von Eichelsdorf her. Am Ende ist keine Straße mehr namenlos.
Und so erwies sich die Versammlung nicht nur als unterhaltsam, sondern auch noch als recht produktiv.