Waldbrände und Unwetter trafen auch in diesem Jahr den Landkreis Haßberge. In Gädheim etwa schossen am Abend des 17. August Wassermassen durch den Ort. Um dem Waldbrand in der Nähe von Ebern am 4. August Herr zu werden, brauchte es ein Großaufgebot von rund 130 Einsatzkräften und die Unterstützung eines Polizeihubschraubers, der Löschwasser abwarf.
Das steigende Katastrophenpotenzial ruft Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und sogar neu gegründete Einsatzgruppen zum Handeln auf. „Die Gefahr ist da und wir machen uns etliche Gedanken“, betont Julia Volpert, Sachbearbeiterin für Brand- und Katastrophenschutz bei der Stadt Haßfurt. Mehrere Maßnahmen seien in den kommenden Jahren geplant – und einige schon umgesetzt.
„Viele Schritte in Sachen Katastrophenschutzvorsorge sind bereits angestoßen“, erklärt Volpert. Neben kleineren Präventionsmaßnamen, wie dem Entfernen von Schwemmgut in Straßengräben, investiere die Stadt Haßfurt viel in den Schutz der Bürger. In Absprache mit Feuerwehr und THW reagierte auch der Landkreis frühzeitig, erklärt Peter Friedrich, Fachberater des THW-Ortsverbands Haßfurt. Dabei lägen laut Volpert die Bau- und Beschaffungskosten deutlich niedriger als die Schäden, die ein Jahrhunderthochwasser verursachen würde.
Sandsackfüllmaschine
„Auch uns beim THW ist aufgefallen, dass in den letzten Jahren die Jahrhunderte immer kürzer werden, da sich die Jahrhundert-Ereignisse häufen“, sagt Friedrich. Seit Langem besitze das THW ein Sandsacklager mit 50 000 leeren und 5000 gefüllten Sandsäcken für den Ernstfall. Vor zwei Jahren stockte die Einsatzgruppe ihre Ausstattung mit einer Sandsackfüllmaschine auf – damit klappt die Befüllung effizienter und schneller.
Für einen reibungslosen Ablauf schult das THW seine Helfer intensiv in Deichbau und Sandsackverlegetechniken. Friedrich ergänzt: „Vergangene Einsätze haben gezeigt, dass gut geschulte Helfer und die richtigen Techniken essenziell wichtig für den Erfolg des Einsatzes sind. Ein ,Sandsackhaufen' schützt nicht vor Wasser. Dies kann nur ein professionell verlegter Deich oder Sandsackwall.“
Strom im Notfall
Im November rüstete sich das THW Haßfurt mit einer 400 Kilovoltampere (kVA) starken Netzersatz-Anlage aus. Tritt ein großflächiger Stromausfall ein, kann diese ein Dorf mit rund 500 Einwohnern mit Strom versorgen. Die Mitglieder der Organisation können damit auch an schwer zugänglichen Einsatzgebieten die Hilfsarbeiten mit Elektrizität unterstützen. Ein weiteres Stromaggregat mit 40 kVA Leistung ergänzt die Netzanlage. Zudem besitzt das THW einen acht Meter hohen Lichtmast, der für den richtigen Durchblick in Notsituationen sorgen soll.
Bereits im Jahr 2016 hat die Haßfurter Feuerwehr in ein Wechselladerfahrzeug mit Kran und Anbaugeräten investiert. Die Kosten betrugen 360 000 Euro. Laut Volpert eine durchdachte Anschaffung: Dieses Fahrzeug kann je nach Anforderung, unterschiedliche Ausrüstung und verschiedenes Material in unterschiedlichen Aufliegern (Container oder Mulden) zur Einsatzstelle fahren. Damit umgeht die Wehr einen Fuhrpark an mehreren Spezialfahrzeugen und spart laut Volpert Kosten von einer Millionen Euro auf 20 Jahren Nutzungsdauer ein.
Eine weitere Maßnahme war die Investition in eine Einsatzführungssoftware im Vorjahr. Das Programm mit dem Modul „Ausnahmezustand“ ist dafür ausgelegt, eine Vielzahl an aktuellen Brennpunkten abzubilden. Seit Mai 2018 koordiniert eine Mannschaft geschulter Feuerwehrleute über die Software die Einsätze im gesamten Stadtgebiet Haßfurt.
Laut Volpert investiere auch das Land Bayern viel in die Katastrophenschutzvorsorge. Es gäbe beispielsweise mehr Kartenmaterial als früher, welches der Freistaat den Hilfskräften bereitstelle: Für auftretende Hochwasser im gesamten Bundesland liegen Informationen vor, die das Abflussverhalten der Wassermassen abbilden und vorhersagen. Die gleichen Untersuchungen seien auch für Sturzfluten vorgesehen. Zudem bezuschusse das Land Bayern viele Katastrophenschutzmaßnahmen mit Fördermitteln.
Für weitere Unterstützung im Ernstfall sorgt, wie berichtet, seit vergangenem Jahr die Einsatzgruppe G.I.L.T, die in Querbachshof bei Bad Neustadt stationiert ist. Die Abkürzung steht für Gelände, Infrastruktur, Logistik, Transport. Die Schnell-Einsatz-Gruppe hilft vor Ort mit Spezialfahrzeugen, wie einem Amphibienfahrzeug, diversen Geländefahrzeugen sowie Drohnen, um eine schnelle Rettung und Entschärfung der Katastrophenlage zu ermöglichen.
„Hochwasser ist ein großes Thema“, berichtet Volpert. Die Stadt Haßfurt plane aktuell gemeinsam mit dem Wasserwirtschaftsamt (WWA) Bad Kissingen Schutzmaßnahmen südwestlich der Altstadt. Nach einer ersten Studie sollen unter anderem Dämme und Mauern sowie mobile Elemente vor einem Hochwasser, ausgehend von der Nassach und vom Main, schützen.
Material für acht Einsatzstellen
In drei Jahren soll ein Abrollbehälter für Hochwasser- und Unwetter-Einsätze gekauft werden. Dieser ist mit acht Rollcontainern ausgestattet mit Stromerzeuger, Hochleistungspumpen, Kettensägen und weiteren Gerätschaften – die Investition summiert sich auf etwa 300 000 Euro. Volpert schätzt, dass mit dem vorhandenen Material mindestens acht Einsatzstellen gleichzeitig problemlos versorgt werden könnten.
Auch auf einen Stromausfall will die Feuerwehr gerüstet sein: Trifft beispielsweise ein Unwetter die Strommasten, kann es schnell zum Ausnahmezustand kommen. Eine 100-kVA-Netzersatz-Anlage soll zeitnah das Feuerwehrgebäude im Notfall mit Elektrizität versorgen – so hätten die Menschen eine erste Anlaufstelle, erklärt Volpert. Als nächstes stelle sich die Frage, in welchen öffentlichen Gebäuden eine Notstromversorgung ebenfalls Sinn macht. Dies könnten eine Tankstelle, Bäcker, Metzger und Notunterkünfte sein. Für die Warnung der Bevölkerung vor Katastrophen jeglicher Art plant die Stadt Haßfurt den Ausbau eines flächendeckenden Sirenenwarnsystems. Dieses dient dazu, mit Hilfe von Tonsignalen und zum Teil mit Sprachdurchsagen die Bürger zu informieren. Die Kosten belaufen sich nach aktueller Schätzung auf 170 000 Euro – eine staatliche Förderung ist dem Projekt bereits zugesichert.
Die ersten Messungen, welche Standorte für eine Installation von Sirenen geeignet sind, führe die Stadt bereits durch. Im kommenden Jahr ist geplant, das Projekt zu starten. Innerhalb von drei Jahren soll das Warnsystem auch in den Stadtteilen planmäßig installiert sein.
Volpert sieht die Sirenen als Ergänzung zu den bereits vorhandenen Warn-Apps NINA (kostenlos) und KATWARN (kostenpflichtig), denn diese seien nicht für jeden geeignet – der Besitz eines Smartphones ist nötig – und mit leerem Akku ist eine Warnnachricht, beispielsweise vor Unwettern oder Bombenfunden, nicht abrufbar.
100 Prozent Sicherheit geht nicht
„Mein Motto ist: agieren statt reagieren“, sagt die Sachbearbeiterin für Brand- und Katastrophenschutz in Haßfurt und fügt an: „Eine hundertprozentige Sicherheit ist nicht möglich. Was am dringendsten und finanziell interessant ist, gehen wir aber gerne an.“
Ein dickes Lob gab es hierfür auch schon vom WWA Bad Kissingen. Auch sei Julia Volpert, die Kommandantin der Haßfurter Feuerwehr ist, bereits mit Vorträgen aufgetreten, um über die umgesetzten Maßnahmen in Haßfurt zu berichten.