„Urgel“ hat sich seit Jahren über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Die neun Jahre alte Labrador-Mischlingshündin von der Rettungshundestaffel des BRK-Kreisverbandes Haßberge ist so etwas wie ein alter Hase auf dem Gebiet der Personensuche. Immer wieder gelingt es der Mantrailer-Hündin zusammen mit ihrer Hundeführerin Brigitte Fiedler, Vermisste zu finden. Zielstrebig verlässt sich „Urgel“ dabei auf ihre Supernase, die den Geruch eines Menschen über viele Kilometer hinweg und auch noch nach Tagen aufspüren und so Rettungsmannschaften zielstrebig zu dem Gesuchten führen kann.
Damit die kaltschnäuzigen Vierbeiner mit ihren Hundeführern auch künftig schnell und effektiv helfen können, muss jetzt ein neues Einsatzfahrzeug angeschafft werden. Dabei ist das BRK auf Spenden aus der Bevölkerung und von Unternehmen angewiesen. Denn das Fahrzeug wird nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert, sondern muss aus Eigenmitteln des BRK-Kreisverbands Haßberge und Spenden finanziert werden.
Das alte Fahrzeug, ein umgebauter ehemaliger Rettungswagen mit über 300 000 Kilometern Fahrleistung, hat ausgedient. Weitere Reparaturen wären unwirtschaftlich, betont Hundeführer Wolfgang Amend. Die Karosserie hat Schäden, teilweise großflächige Rostflächen. Ebenso ist der Motor abgewirtschaftet. Deshalb muss das Rote Kreuz in ein „neues, modernes Einsatzfahrzeug investieren, um die Suchteams sicher, effektiv und flexibel vor Ort in den Einsatz zu bringen“, sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger. Angeschafft werden soll ein Ford Transit „Kombi Trend“, der Platz bietet für sieben Hundeführer und den Leiter der Schnell-Einsatz-Gruppe sowie vier Hundeboxen für bis zu acht Hunde. Ausgestattet wird das Fahrzeug mit einem Schranksystem für Einsatzausrüstung wie Kartenmaterial, GPS und Laptop zur Einsatzdokumentation, Sanitätsrucksack und weiteren notwendigen Utensilien.
Die Gesamtkosten werden voraussichtlich 50 000 Euro betragen, wovon rund 30 000 Euro auf das Auto entfallen und der Rest auf Einsatzausrüstung und spezielle Ein- und Umbauten. Ausgerüstet wird das Auto unter anderem mit Allradantrieb für unwegsames Gelände, Klimaanlage und Standheizung für die Hunde, Digitalfunk und GPS. Von den Gesamtkosten sollen rund 25 000 Euro durch Spenden finanziert werden, den Rest trägt der BRK-Kreisverband aus Eigenmitteln, da für derartige Anschaffungen keine öffentlichen Mittel bereitgestellt werden.
Den ehrenamtlichen Helfern der im Jahr 2001 gegründeten Rettungshundestaffel ist es deshalb ein großes Anliegen, auf ihre Spendenaktion aufmerksam zu machen.
Das Engagement der Ehrenamtlichen lobt Dieter Greger. Über 1400 ehrenamtliche Rotkreuz-Mitglieder setzen sich neben den Hauptamtlichen Jahr für Jahr für andere Menschen ein. „Wo wir gebraucht werden, da gehen wir hin!“, verdeutlicht er. Dieses Motto habe auch heuer gerade die Helfer der Rettungshundestaffel gegolten, die von Januar bis heute 54 Einsätze bei Vermisstensuchen absolviert haben. Durchschnittlich bedeutet das alle sechs Tage einen Einsatz.
Alleine diese Zahl zeigt, wie wichtig die Rettungshunde sind, um Menschen, die mitunter medizinische Hilfe benötigen, aus Notlagen zu retten. Derzeit verfügt die Staffel über 27 Hunde, wie stellvertretende Staffelleiterin Brigitte Lutz aus Haßfurt sagt. Elf davon sind geprüfte Flächenhunde und jeweils einer Mantrailer und Trümmerhund. Weitere sieben Flächenhunde, vier Mantrailer und ein Trümmerhund sind in Ausbildung, bilanziert Ausbilderin Heike Iffland aus Sendelbach. Des Weiteren gibt es auch „Rentner auf vier Pfoten“: Vier Hunde haben ihr aktives Einsatzleben hinter sich.
Für die 21 aktiven menschlichen Mitglieder der Rettungshundestaffel bedeutet ihr Ehrenamt ein hohes Maß an Engagement. Sie investieren viel Freizeit für die Hilfe am Nächsten. Hundeführer Wolfgang Amend aus Ebern zählt neben den Einsätzen vor allem Übungen und Ausbildungen für Mensch und Tier auf. Denn nur wer gut ausgebildet ist, kann im Ernstfall wirkungsvoll helfen. 16 Mitglieder besitzen die abgeschlossene Fachdienstausbildung, elf davon mit geprüftem Hund, fünf im Moment ohne geprüften Hund. Alle Mitglieder verfügen zudem über eine Sanitätsausbildung, einer ist sogar Erste-Hilfe-Ausbilder.
Für Mantrailer-Hündin „Urgel“ sind solch statistischen Zahlen unwichtig. Für sie zählt nur eines: Vermisste zu finden! Wenn es im Einsatz in besonders dramatischen Fällen mitunter um Leben und Tod geht, es also darauf ankommt, ob ein Vermisster rechtzeitig gefunden und so vor gravierenden gesundheitlichen Schäden bewahrt wird, so ist das für „Urgel“ und ihre vierbeinigen Kollegen vor allem eines: ein Spiel. Die Hunde wissen nicht, dass sich die gesuchten Personen womöglich in lebensbedrohlicher Lage befinden. Für sie ist das Suchen eine Herausforderung, an deren Ende es eine Belohnung gibt: das Lieblingsspielzeug oder eine leckere Leberwurst; und jede Menge Lob und Streicheleinheiten vom Hundeführer.
Auch für die Hundeführer ist eine erfolgreich abgeschlossene Suche ein Erfolgserlebnis. „Es bleibt das Gefühl etwas Gutes getan und einem Menschen geholfen zu haben“, sagt Brigitte Lutz. Für die Ehrenamtlichen ist das die „Belohnung“. Dafür trainieren sie zweimal in der Woche intensiv. Bis ein Hundeführer mit seinem Hund zur Fachprüfung zugelassen werden kann, dauert es bis zu zwei Jahre. „Wir investieren viel Zeit“, bilanziert Wolfgang Amend, „aber wir investieren sie gerne.
“ Zu den heuer bereits 54 Einsätzen mit knapp 5000 gefahrenen Kilometern und einer reinen Einsatzzeit von rund 160 Stunden kommen für Ausbildung in Theorie und Praxis, Übungen, Sanitäts-, Funk-, Karten- und Kompass-Schulungen und dem Training weit über 2000 Stunden hinzu.
Bei ihren Trainingseinheiten übt die Rettungshundestaffel auf verschiedenen Terrains – in Gemeindebauhöfen, Staats- und Privatwäldern, auf Wiesen, in Gebäuden oder Innenstädten. „Wir erfahren große Unterstützung“, betont Wolfgang Amend, der ebenso wie seine Kollegen Städten, Gemeinden, Unternehmen und Privatpersonen dankbar ist, die ihre Areale für Übungen zur Verfügung stellen. So können die Hunde realitätsnah ausgebildet werden.
Zum Einsatz wird die Rettungshundestaffel des BRK-Kreisverbandes längst nicht nur im eigenen Landkreis gerufen. Vor allem die Nachbarlandkreise Schweinfurt, Bamberg, Coburg, Lichtenfels, Rhön-Grabfeld, Forchheim, Erlangen, Bayreuth und Hof zählen zum Einsatzgebiet. Angefordert wird die Staffel bei Vermisstensuchen immer von der zuständigen Polizei und alarmiert über die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt.
Im Zuständigkeitsgebiet der ILS Schweinfurt gibt es neben der Rettungshundestaffel Haßberge noch zwei weitere beim BRK in den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen sowie zwei Staffeln vom Arbeiter Samariterbund und der Johanniter Unfallhilfe in Schweinfurt, mit denen regelmäßig zusammengearbeitet wird. Vor allem Hundeführerin Brigitte Fiedler wird mit „Urgel“ häufig angefordert. In ganz Unterfranken gibt es bei den Hilfsorganisationen derzeit nur diesen einen geprüften Mantrailer.
Die meisten Einsätze, erzählt Ausbilderin Heike Iffland, sind nachts beziehungsweise bei Dunkelheit. Die Rettungshunde können helfen, Vermisste auch bei schlechten Lichtverhältnissen und in unwegsamen Gelände zu finden. Vor allem das Zusammenspiel zwischen Mantrailer und Flächenhunden erweist sich laut Brigitte Lutz als bewährte Kombination.
Bei den in diesem Jahr absolvierten Einsätzen konnten durch die Rettungshunde fünf Menschen lebend, weitere acht tot gefunden werden. 18 Einsätze brach die Polizei ab, weil die Vermissten wieder aufgetaucht waren. Weitere 27 Vermisste fanden Polizei, Feuerwehr oder Angehörige oder kamen von selbst zurück. Das Schicksal von vier Vermissten ist bis heute ungeklärt.
Wer Lust hat, sich mit seinem Hund ebenfalls bei der Rettungshundestaffel zu engagieren, kann sich unverbindlich informieren oder an einem Training teilnehmen. Nähere Informationen erteilen die Staffelleiterinnen Bianca Herz aus Eltmann und Brigitte Lutz aus Haßfurt, erreichbar per E-Mail unter: rettungshunde@kvhassberge.brk.de. Interessierte wenden sich an die BRK-Servicestelle Ehrenamt in Haßfurt, Tel. 09521/95 50 18.
Spenden an die Hundestaffel Wer für das neue BRK-Einsatzfahrzeug spenden will, der überweise das Geld auf das Konto des Bayerischen Roten Kreuzes, Kreisverband Haßberge, IBAN: DE37 7935 1730 0000 080440, Kennwort: „Rettungshunde – neues Einsatzfahrzeug“. Auf Wunsch stellt das BRK eine Spendenquittung aus, die angefordert werden kann unter Tel. 09521/95 50 16.
Mantrailer, Flächenhund und Trümmerhund • Mantrailer suchen eine bestimmte Person anhand eines Geruchsträgers. Sie sind in der Lage, den Trail (gelaufenen Weg) auch noch nach mehreren Tagen und Wochen nachzulaufen. • Flächenhunde können großflächige Gebiete absuchen. Der Hundeführer durchquert das abzusuchende Gebiet und der Hund durchstreift in weiten spiralförmigen Bögen das Gelände. Dabei suchen die Hunde nach menschlichem Geruch. Diesen Duft können sie auf weite Entfernung wahrnehmen. Sie zeigen jeden Menschen an, der in ihr „Opferschema“ passt. Eine Gruppe Spaziergänger, die zusammen laufen und sich unterhalten, beachtet er nicht, aber zum Beispiel jede Person, die sich nicht rührt oder am Boden liegt. Oder auch wenn sie sich oben in einem Baum befindet. • Trümmerhunde spüren verschüttete Menschen in unwegsamen Gelände auf, beispielsweise nach dem Einsturz eines Wohnhauses oder einer Lagerhalle. Im Ausland werden Trümmerhunde unter anderem nach Erdbeben eingesetzt.