Der Kinderschänder von Eschenau ist abgeurteilt. Gegen ihn wurde in vier Fällen des sexuellen Missbrauchs und der versuchten Vergewaltigung Minderjähriger verhandelt. Der Angeklagte hat sich bei einem der Opfer öffentlich entschuldigt. Das Urteil wurde um 17.30 Uhr gesprochen: Der Mann muss vier Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.
Hätte das Landgericht Bamberg die Auffassung des Strafverteidigers von Alfred G. geteilt, so wäre der 60-Jährige aus Eschenau nur zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden – auf Bewährung. Als Rechtsanwalt Jörg Händler dieses Strafmaß am Ende seines Schlussplädoyers vorschlug, ging ein Raunen durch den Gerichtssaal. Das war aber auch die einzige hörbare Reaktion der Zuhörer während des eintägigen Prozesses.
Unter den Zuhörern etwa 15 bis 20 Bewohner von Eschenau
Dabei verlief der Prozess trotz des überaus großen Medien- und Publikumsinteresses und der Personenkontrollen mit Sicherheitsschleuse vorm Sitzungssaal reibungslos. Unter den Zuhörern waren etwa 15 bis 20 Bewohner von Eschenau. Der Grund für das vom Verteidiger im Vergleich zur Staatsanwaltschaft, die fünf Jahre Haft forderte, so niedrig angesetzte Strafmaß war die entscheidende Streitfrage des Prozesses: Sind die sexuellen Übergriffe des Verurteilten in den Jahren 1978/79 auf eine damals Siebenjährigen als Vergewaltigung zu werten oder sind sie juristisch betrachtet „nur“ ein sexueller Missbrauch. Ein Missbrauch wäre nämlich heute schon verjährt.
Der Angeklagte Alfred G. aus Eschenau betrat den Schwurgerichtssaal über eine Seitentür, durch die normalerweise das Richtergremium den Saal betritt. Der Mann mit dem grau melierten Bart betonte vor Beginn der Sitzung, dass er nicht fotografiert oder gefilmt werden will. Nach der Feststellung der Personalien des 60-jährigen Angeklagten und seinen persönlichen Schilderungen zu seiner Person, die er flüssig vortrug, wurde die Öffentlichkeit auf Antrag seines Pflichtverteidigers vom Gericht für die Dauer seiner Aussagen zu den ihm vorgeworfenen Straftaten von der Verhandlung ausgeschlossen. Sein Strafverteidiger hatte angekündigt, sein Mandant würde ansonsten keine Aussagen treffen.
Angeklagter gesteht im nichtöffentlichen Verhör
Der Grund: Der mutmaßliche Täter fürchtet, dass Details seiner Aussagen über Presseveröffentlichungen den Mitgefangenen in der Justizvollzugsanstalt bekannt werden und er dann Repressalien erleiden muss. Das Gericht erkannte die Schutzwürdigkeit der persönlichen Interessen des Angeklagten und der möglicher Opfer an und folgte dem Antrag der Verteidigung. Wie der Vorsitzende Richter Konrad Dengler nach dem nichtöffentlichen Verhör des Angeklagten bekannt gab, hat der Angeklagte nun vor Gericht zumindest eine Tat im Sinne der Anklage vollständig gestanden.
Demnach hat er wohl im Frühjahr 2005, der genaue Zeitpunkt der Tat kann nicht mehr rekonstruiert werden, ein damals zehnjähriges Mädchen im eigenen Haus minutenlang unsittlich berührt. Selbst nach einer Unterbrechung, als andere Kinder den Raum betraten, hatte er seine Fingereien fortgeführt. Die Zeugenaussage des Mädchens lag dem Gericht als Videoaufzeichnung vor, so dass das heute zwölfjährige Opfer nicht nochmals vor Gericht aussagen musste. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit sagte dann ein weiteres mutmaßliches Opfer aus. In den Jahren 1978 und 1979 soll Alfred G. zweimal versucht haben, sie zu vergewaltigen.
Opfer kämpft heute noch mit den Folgen
Bei der heute 36-Jährigen entschuldigte sich der Angeklagte öffentlich: „Es tut mir leid für das, was passiert ist.“ Die ebenfalls als Zeugen geladenen Eltern dieser Frau hatten vor Gericht geschildert, mit welcher Angst vor dem Angeklagten ihre Tochter bis heute lebt. Etwa zwei Jahre nach der mutmaßlichen Tat hätten sie damals Wind von dem Vorfall bekommen und seien mit ihrer Tochter zum Arzt gegangen. „Das war damals ein Fehler“, sagte die Mutter. Man habe sie dort eher noch ermutigt, dem Verdacht des sexuellen Missbrauchs ihrer Tochter nicht weiter nachzugehen.
Ihre Tochter hätte sich seit den Vorfällen verändert, hätte zugenommen und sei aggressiver geworden. Bei einem Gespräch mit der Frau des Angeklagten habe diese versprochen, dass ihr Mann sich in Therapie befinde. Damit habe man die Sache auf sich beruhen lassen, sagte die Mutter.
Bei einem Grillfest missbraucht
Die dritte als Zeugin geladene Frau, die als Kind Alfred G. zum Opfer gefallen sein soll, sagte öffentlich aus. Sie sei „zwischen sieben und zehn Jahre“ alt gewesen, als sie bei einem Grillfest auf dem Schoß des Angeklagten sitzend im Schambereich befummelt wurde.
Zum Schutz habe der Mann eine Decke über das Kind gebreitet. „Ich war total perplex und geschockt und wusste als Kind auch nicht, wie ich damit umgehen soll. Danach fiel ich wie in ein schwarzes Loch“, sagte die heute 20-Jährige dem Gericht. Am Nachmittag war auch die aus den USA angereiste Heidi Marks als Zeugin geladen, die im Frühjahr maßgeblich dazu beitrug, dass die sexuellen Übergriffe auf Mädchen und Frauen in Eschenau ans Tageslicht kamen.