Die Aussicht aufs diesjährige Umsatzwachstum lässt Andreas Thumm die Vorjahresbilanz von FTE automotive leicht verschmerzen. Denn die fiel bei dem Eberner Automobilzulieferer nach Auskunft des Vorsitzenden der Geschäftsführer schlechter aus als erhofft. Entlassen hat der größte Arbeitgeber im Landkreis Haßberge, der in Ebern und Fischbach 2050 Mitarbeiter beschäftigt, zwar niemanden. Dennoch verringerte sich die Zahl der Mitarbeiter: Zeitverträge wurden nicht verlängert und etwa 60 Beschäftigte gingen vorzeitig in den Ruhestand. Dank neuer Produkte und Zukäufe erwartet das Unternehmen für dieses Jahr und darüber hinaus ein deutliches Wachstum.
Planziele verfehlt
„Wir haben unsere Planziele nicht erreicht“, stellte am Mittwoch Thumm während des Jahrespressegesprächs im FTE-Werk in Fischbach fest. Mit 460 Millionen Euro Umsatz hatte das Unternehmen fürs Jahr 2014 gerechnet. Am Ende waren es 430 Millionen, 18 Millionen weniger als im Jahr zuvor. Nach dieser Delle in der Bilanz erwartet der Vorsitzende der Geschäftsführung bereits fürs laufende Jahr „deutlich mehr Umsätze“. In Zahlen ausgedrückt: 510 Millionen Euro – so viel Geld möchte FTE in diesem Jahr mit dem Verkauf von hydraulischen Brems- und Kupplungssystemen einnehmen. Und damit auch seinen Gewinn gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessern, nachdem dieser im vergangenen Jahr auf dem Niveau des Vorjahres stagniert ist. „Immerhin“ könnte man angesichts des Umsatzrückgangs hinzufügen.
Thumm nennt Gründe, warum das Geschäft im Vorjahr holperte: Die Marktsituation in Südamerika war (und ist) angespannt. Autobauer VW hat deutliche Rückschläge bei den Verkaufszahlen einstecken müssen, speziell in den USA, wodurch dieser bei FTE weniger bestellt hat. Die Geschäfte in Europa gingen für FTE leicht zurück und ganz allgemein verliert das manuelle Schaltgetriebe, das Kerngeschäft von FTE, an Bedeutung. Positiv sieht Thumm den Kauf der Bremssattelproduktion von SBS (Scandinavian Brake Systems) durch FTE im September 2014, dessen Werk in Dänemark FTE bis zum kommenden Jahr in die Slowakei verlagert wird, was laut Thumm „sehr gut läuft“.
Die Zuversicht, was seine rosige Zukunftsperspektive angeht, schöpft der FTE-Chef neben gesicherten Aufträgen durch VW und Ford sowie dem wachsenden Geschäft in China vor allem aus neuen Produkten, die FTE entwickelt hat und bald im großen Stil herstellen möchte. So haben die Firmentüftler über vier Jahre hinweg ein Gangsteller-Modul entwickelt, von denen derzeit für Audi im Werk Fischbach etwa 2000 Stück pro Woche produziert werden. In wenigen Jahren sollen es eine Million pro Jahr sein. Das Gerät ist aus Kunststoff und dadurch leichter als herkömmliche Gangsteller aus Metall, und es betätigt die Schaltstangen eines Getriebes beidseitig, berichtet Michael Müller, Entwicklungsleiter bei FTE. Für diese Neuentwicklung erhielt das Unternehmen als „fränkischer Underdog“ (Thumm) neulich auf der Automobilmesse in Detroit (USA) den begehrten Pace-Award für Innovationen in der Automobilindustrie.
Wachstum durch neue Produkte
Ebenfalls für den Einbau in zukunftsträchtige Doppelkupplungsgetriebe geeignet ist eine bei FTE entwickelte elektrische Ölpumpe, ebenfalls größtenteils aus Kunststoff. Gemeinsam mit einem in China – mit Gummi-Komponenten aus Ebern – produzierten Doppelzentralausdrücker für Kupplungen erwartet Thumm allein mit diesen drei aufgeführten Produkten bis zum Jahr 2018 einen zusätzlichen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro.
Um die in Zukunft verstärkt nachgefragten Produkte für Doppelkupplungsgetriebe und Hybridantriebe weiterentwickeln und fertigen zu können, investiert FTE in die Produktionstechnik an den Standorten. 27 Millionen Euro waren es im Vorjahr, 30 Millionen sollen es in diesem Jahr werden, sagt Thumm. Ein Großteil davon kommt den Werken in Ebern und Fischbach zugute. Zudem fördert FTE die Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Vergangenes Jahr beteiligten sich 60 Mitarbeiter an einem Kooperationsprogramm „Lebenslanges Lernen“ mit der Fachhochschule Coburg. Sieben ungelernte Mitarbeiter begannen eine interne Ausbildung zum Maschinenanlagenführer, berichtet Sonja Meister, Betriebsratsvorsitzende von FTE in Ebern. Um benötigte Fachleute zu haben, wird das Unternehmen vermehrt in den Bereichen Elektronik, Mechatronik und Software ausbilden, kündigt Thumm an. Diesen Herbst beginnen bei FTE laut Meister neun Azubis sowie neun Studenten eines dualen Studiengangs.
Laut Thumm wird das erwartete Geschäftswachstum trotz der hochautomatisierten Produktion auch die Zahl der FTE-Mitarbeiter ansteigen lassen. Bekanntermaßen gehört FTE nach mehreren vorangegangenen Besitzerwechseln seit knapp zwei Jahren der Private-Equity-Gesellschaft Brain Capital aus den USA. Die Zusammenarbeit mit ihr bezeichnet Thumm als „sehr angenehm“. Am Rande des Pressegesprächs gab der Vorsitzende der Geschäftsführung noch bekannt, dass eine sich Ende 2014 andeutende Übernahme von FTE durch einen chinesischen Investor geplatzt ist.