Als Betreuerin hatte die Angeklagte (57) eine besondere Vertrauensstellung inne und unbeschränkten Zugriff auf das Girokonto der ihr anvertrauten schutzbedürftigen Person. Dezidiert listete Ilker Özalp als Vertreter der Staatsanwaltschaft auf, wann sich die Frau zwischen Mai und September 2014 unrechtmäßig am Geldautomaten in Hofheim bedient hatte. Zwölf Mal hob sie Beträge zwischen 100 und 1000 Euro ab, insgesamt waren es fast 10 000 Euro. Damit hat sie sich der Untreue schuldig gemacht und wurde nun zu einer rechtskräftigen Geldstrafe von 1875 Euro verurteilt.
In der Gerichtsverhandlung beantwortete die Mutter von vier Kindern die Fragen des Staatsanwalts und der Strafrichterin Ilona Conver mit brüchiger und niedergeschlagener Stimme. Sie war ohne Verteidiger erschienen und wirkte wie das sprichwörtliche Häufchen Elend. Ohne Umschweife gab sie alles zu und beteuerte, dass es ihr leid tue. Von den veruntreuten Geldern hat sie noch nichts zurückbezahlt.
Bei der von ihr betreuten Person handelte es sich um eine 70-jährige Verwandte, die sich aufgrund ihrer Demenz nicht mehr selber versorgen kann. Die Betreute wohnt in einem Alten- und Pflegeheim. Massive Geldnot und eine krankhafte Kaufsucht kristallisierten sich bei der Verhandlung als entscheidende Motive des Fehlverhaltens heraus.
Zu ihren persönlichen Verhältnissen befragt, gab die Beschuldigte an, rund 100 000 Euro Schulden zu haben. Obwohl sie etwa tausend Euro Rente im Monat bezieht, läuft seit einem Jahr die Privatinsolvenz. Durch ihre massiven psychischen Probleme kommt es immer wieder zu Selbstverletzungen. Seit geraumer Zeit befindet sie sich in psychologisch-therapeutischer Behandlung.
Mitte 2014 wurde die gelernte Hauswirtschaftsgehilfin zum ersten Mal in ihrem Leben straffällig. In einem Supermarkt ließ sie eine Dose Tabak im Wert von 16 Euro mitgehen. Dieser Diebstahl wurde mit einer Geldstrafe von 150 Euro bestraft.
Özalp unterstrich in seinem Plädoyer, dass die Summe des veruntreuten Geldes – es handelt sich um genau 9285 Euro – „kein Pappenstiel“ sei. Er forderte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen á 25 Euro. Das Urteil lag geringfügig unter diesem Antrag. Die Vorsitzende sprach der Verurteilten nachdrücklich ins Gewissen: „Reißen Sie sich am Riemen, denn beim nächsten Fehltritt kommt es zu einer Freiheitsstrafe“ betonte die Richterin.
Da die verheiratete Frau die Strafe sicherlich nicht in einem Zug bezahlen kann, hat sie die Möglichkeit, einen Antrag auf eine Ratenzahlung zu stellen. Falls diese Raten nicht geleistet werden, kommt es zu einer sogenannten Ersatzfreiheitsstrafe. Dabei entspricht ein Tag Haft einem Tagessatz.