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Wahrlich keine Erfolgsgeschichte

Haßbergkreis

Wahrlich keine Erfolgsgeschichte

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    Der Kreditverein Haßfurt wurde am 1. Januar 1871 gegründet. Zweck des Vereins war es, seinen Mitgliedern Vorschüsse gegen Zinsen zu gewähren. Im Jahr 1877 hatte der Kreditverein 642 Mitglieder. Kassier war damals der Kaufmann J. A. Hohmann. Der Geschäftsumsatz betrug 3 001 504 Mark. Noch in den Jahren 1883 bis 1886 erwirtschaftete der Kreditverein Haßfurt jährliche Überschüsse und konnte an seine Mitglieder Dividenden für deren Einlagen bezahlen.

    Die Wende kam mit der neuen Führungsriege. Der erste Vorsitzende des Kreditvereins Haßfurt, Michael Scheuerer, war 1886 verstorben und als dessen Nachfolger wurde der Haßfurter Bürgermeister Kaspar Brehm gewählt. Im Jahr 1887 schloss der Kreditverein Haßfurt erstmals mit einem Defizit von 14 000 Mark, 1888 war das Defizit auf 43 000 Mark angewachsen und 1889 betrug das Defizit bereits 82 000 Mark. Das erfuhren die Mitglieder jedoch erst bei einer Überprüfung im Oktober 1891 durch den Revisor Keller aus Frankfurt. Diese Revision brachte nicht nur ans Licht, dass der Kreditverein tief in den Schulden steckte, sondern auch die Gewissheit, dass die Bücher des Kreditvereins Haßfurt falsch geführt worden waren.

    Für viele kam diese Information allerdings zu spät. So gingen 1892 zum Beispiel dem Kürschnermeister Johann Schweiger in Folge des Konkurses des Kreditvereins Haßfurt 1 000 Mark verloren, die er in 10 Stammanteilen à 100 Mark besessen hatte.

    Vor allem bei der Kreditvergabe an die Knochenmehl- und Leimfabrik, die 1850 als erste Industrieansiedelung nach Haßfurt gekommen war, hatten die Verantwortlichen kein glückliches Händchen. Denn mit dem Konkurs dieser Fabrik am 28. Dezember 1888 begann der Niedergang des Kreditvereins. Der Kreditverein war bei diesem Verfahren als Gläubiger beteiligt. Die im Amtsblatt des königlichen Bezirksamts Haßfurt anlässlich des Konkurses der Knochenmehl- und Leimfabrik am 31. Dezember 1888 veröffentlichte Stellungnahme des Kreditvereins Haßfurt, "daß dem Vereine keinerlei Verlust droht noch viel weniger eine Haftung der Mitglieder zu befürchten steht", erwies sich als eine eklatante Fehleinschätzung des ersten Vorsitzenden Kaspar Brehm.

    Schon zwei Wochen nach Konkurseröffnung war klar, dass die bis dahin bekannten Schulden der in Konkurs gegangenen Knochenmehl- und Leimfabrik nicht 200 000, sondern über 300 000 Mark betrugen. Als die Fabrik am 8. April 1889 im Rathaussaal Haßfurt zwangsversteigert wurde, erwarb sie der Kreditverein für den Preis von 100 000 Mark. Die großen Verluste der Knochenmehl- und Leimfabrik verursachten letztlich den Zusammenbruch des Kreditvereins Haßfurt.

    Ende 1891 überschlugen sich die Ereignisse: Am 27. Oktober 1891 war bereits der Kassier des Kreditvereins Haßfurt, Hohmann, verhaftet worden. Am 17. November 1891 trat der Vorsitzende des Kreditvereins, Kaspar Brehm, von seinem Bürgermeisteramt zurück. Kurze Zeit danach ging der Kreditverein Haßfurt in Konkurs.

    Von dem Konkurs des Kreditvereins waren nicht nur Haßfurter Bürger, sondern auch die Landbevölkerung des Amtsgerichtsbezirkes Haßfurt betroffen. Der Plan, die Knochenmehl- und Leimfabrik in ein Aktienunternehmen umzuwandeln, verlief im Sand. Als die Gläubiger des Kreditvereins im Januar 1892 aufgerufen wurden, ihre Ausstände geltend zu machen, ergab sich eine Forderungssumme von etwa 1 200 000 Mark. Letzten Endes sollte jedes Vereinsmitglied 2 700 Mark Abschlagszahlung leisten.

    Als am 4. Oktober 1892 der ehemalige Kassier des Kreditvereins, J. A. Hohmann, für eine Zeugenaussage am Amtsgericht nach Haßfurt kam, "suchte er nach der Verhandlung möglichst rasch die Mainbrücke zu gewinnen, wurde aber von einem Genossen beobachtet und unter lautem Schimpfen über die Main- und Fluthbrücke geleitet." Hohmann hatte sich nicht getraut, mit dem Zug an- und abzureisen, weil sich am Bahnhof Haßfurt eine große Menge eingefunden hatte. Er begab sich zu Fuß nach Eltmann, um von dort mit der Bahn wieder nach Nürnberg zurück zu kehren.

    Ende 1892 wurde der ehemalige Vereinskassier Hohmann wieder in Haft genommen. Am 11. September 1893 wurde der frühere Kontrolleur des Kreditvereins Haßfurt, Max Jörg, verhaftet. Er starb kurze Zeit danach am 6. November 1893. Im September 1893 konnte der frühere Bürgermeister Kaspar Brehm vom Bahnhof nur auf Umwegen in seine Wohnung gelangen, vor der eine größere Menschenmenge lärmte und schrie.

    Im Oktober 1893 plante man in Haßfurt die Gründung einer Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht, welche die Mittel zur Deckung des so genannten "Haßfurter Krachs" beschaffen sollte. Bis zum 27. September 1894 waren bereits 965 000 Mark der zu Beginn des Konkurses fälligen 1 250 000 Mark an die Gläubiger zurückbezahlt, so dass noch 285 000 Mark plus 10 000 Mark an Zinsen zu befriedigen waren.

    Um auch die Restsumme sozialverträglich aufbringen zu können, beschloss die Generalversammlung am 11. Februar 1895 die erneute Aufnahme von 150 000 Mark. Aber am 17. Januar 1896 kam für 123 verbliebene Mitglieder des ehemaligen Kreditvereins Haßfurt das große Erwachen, als sie zu einer Restzahlung von je 3 000 Mark verpflichtet werden sollten.

    Erst am 23. August 1898 war das Thema "Kreditverein Haßfurt" mit der Abnahme der Schlussrechnung am königlichen Amtsgericht Haßfurt beendet. Das Konkursverfahren wurde wegen Befriedigung aller Gläubiger aufgehoben.

    Der große Kreditvereinskrach, bei dem man den Kaufmann Hohmann als Hauptschuldigen, Kaspar Brehm, den ehemaligen Bürgermeister, und Max Jörg, den ehemaligen Stadtkämmerer und Handelsherrn, als Mitgänger zu Freiheitsstrafen verurteilte, schädigte die Gläubiger also nicht. Dagegen mussten Hunderte der Darlehensnehmer je nach Vermögen zwei- bis fünfmal die entliehene Summe zurückzahlen. Unter den Auswirkungen hatten vor allem Handel und Verkehr in Stadt und Bezirk Haßfurt stark gelitten.

    Da der Kreditverein Haßfurt in der neuen Haßfurter Chronik aufge- arbeitet werden soll, bittet Ste- phan Diller alle, die noch Unter- lagen über den Kreditverein besit- zen, sich mit ihm unter Tel.  (0 95 21) 95 81 03, per E-Mail (stephan.dil- ler@schnell-im-netz.de) oder per- sönlich in Verbindung zu setzen.

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