Die Bewahrung der Hutzelkultur und ein großartiger Gemeinschaftsgeist haben dem kleinen Fatschenbrunn nun neben der Eintragung in die bayerische „Liste des Immateriellen Kulturerbes“ auch einen „Europäischen Kulturweg“ beschert. Zwei Jahre lang arbeiteten Fatschenbrunner, Kreisheimatpfleger Christian Blenk, Mitarbeiter der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg, des Spessart-Projekts sowie Heimatforscher zusammen, um die Besonderheiten Fatschenbrunns zu erforschen und deren Ergebnisse schließlich in den Kulturweg münden zu lassen, der am Sonntag mit einem großen Dorffest eröffnet wurde.
Die Hutzel, die getrocknete Birne, ist „nur“ das Endprodukt einer ganzen Reihe von Faktoren, die in der Fatschenbrunner Kulturlandschaft beispielhaft erhalten blieben und die dazu führten, dass Fatschenbrunn nun in den Kreis der „Europäischen Kulturlandschaften“ aufgenommen wurde. Diese Kulturlandschaften Europas nahmen ihren Anfang im Spessart, initiiert vom Unterfränkischen Institut für Kulturlandschaftsforschung an der Universität Würzburg
Oberfränkische Initialzündung
Bürgermeister Thomas Sechser blickte zurück auf eine archäologische Feldbegehung der Uni Bamberg, die eine Art Initialzündung war. Die Archäologen zeigten auf, dass die Fatschenbrunner wertvolle Reste der so genannten Baumfelderkultur bewahrt haben. Gerade auf kargeren Böden und in klimatisch schwierigeren Bedingungen setzten frühe Landwirte auf diese Kultur, indem sie auf dem gleichen Feld Getreide und – quasi eine Etage höher – Obst anbauten.
Während Streuobstwiesen in Franken nach wie vor ein gewohnter Anblick sind, ist die Baumfelderkultur fast gänzlich verschwunden. Schließlich ist eine funktionierende Landwirtschaft ohne Maschineneinsatz nicht mehr machbar und daher sei es auch verständlich, dass die Bäume auf den Äckern verschwanden, so Dr. Gerrit Himmelsbach von der Uni Würzburg. Umso begeisterter waren die Forscher, als unter den Birnbäumen in der Fatschenbrunner Flur auch noch viele Sorten gefunden wurden, die geradezu „endemisch“ sind, die es also nur in Fatschenbrunn gibt.
Bei den Fatschenbrunnern, die sich im Zuge der Dorferneuerung und im Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft – Unser Dorf soll schöner werden“ bereits intensiv mit ihrer Identität auseinandergesetzt hatten, fielen die Forschungsergebnisse auf fruchtbaren Boden. Franz Hümmer, letzter Betreiber einer Hutzel-Darre im Ort, hatte bereits viel Unterstützung, damit die alte Tradition auch in die nächsten Generationen getragen wird. Im Rahmen des Projekts wurden auch 100 neue Obstbäume gepflanzt – gezogen aus Edelreisern von den alten Sorten.
Rundweg ist wirklich „rund“
Intensiv unterstützt wurde dieser Prozess vom Amt für Ländliche Entwicklung, das nun auch für den Kulturweg 85 Prozent der Kosten übernahm, erklärte Martin Eichholz vom Amt für Ländliche Entwicklung. 25 000 Euro waren nötig, um alle Informationen auf neun Tafeln zu drucken, diese aufzustellen und einen Begleit-Prospekt herzustellen, weitere 15 000 Euro kostete es, im alten Hohlweg im Ort eine Treppenanlage herzustellen, um den Rundweg zu schließen und auch die alte Verbindung zwischen Altort und der „Hohen Wart“ herzustellen.
Bürgermeister Thomas Sechser dankte dem großen Kreis derer, die zwei Jahre lang in regelmäßigen Treffen die Inhalte herausarbeiteten, die nun im Kulturweg zusammengefasst sind. Sein Dank ging an die drei Universitäten, das Amt für Ländliche Entwicklung, aber auch an die Bayerischen Staatsforsten, den Bezirk Unterfranken, den Naturpark Steigerwald und den Steigerwald-Tourismus.
Als Vorsitzender des Naturparks Steigerwald war Bambergs Landrat Johann Kalb nach Fatschenbrunn gekommen. Er zeigte sich beeindruckt vom Engagement des 240-Einwohner-Dorfes, der Gemeinde Oberaurach und der gesamten „Lebensregion Plus“, die das Projekt unterstützte. Das zeigte auch die Anwesenheit zahlreicher Nachbar-Bürgermeister. Der Kulturweg sei ein weiterer Pluspunkt für die Bewerbung um das Europäische Kulturerbe-Siegel, so Kalb.
Die Wanderwarte der 5-Sterne-Gemeinden brachten sich bei der Suche der richtigen Route und Ausschilderung ein – und Franz Hümmer war stets der Motor. Auf seinem Hof mitten im Ort, dem „Hutzel-Hof“, fand auch das Dorffest statt, das mit einem Freiluft-Gottesdienst begann. Pfarrvikar Andreas Hartung betonte dabei die Einheit, die Jesus seinen Jüngern aufgetragen habe. Das bedeute nicht blinden Gehorsam, sondern Zusammenhalt und gegenseitige Verantwortung innerhalb der Gesellschaft und international.
Forschungen gehen weiter
150 Festgäste nahmen am frühen Nachmittag trotz schweißtreibender Temperaturen die Gelegenheit wahr, gemeinsam mit Gerrit Himmelsbach die sechs Kilometer zu gehen und unterwegs viel Interessantes zu erfahren. Dabei wurde deutlich, dass die Forschungen noch nicht abgeschlossen sind. So werden noch Bilder gesucht, die den Arbeitsalltag im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts dokumentieren.
Der Verlauf des Weges ist gut ausgeschildert, offizieller Beginn ist am SV-Sportplatz. Die am Sonntag druckfrisch verteilten, dreisprachigen Flyer werden über Rathäuser, Tourist-Informationen und Geschäfte verteilt.