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FRIESENHAUSEN/HOFHEIM: Wieder in der Heimat

FRIESENHAUSEN/HOFHEIM

Wieder in der Heimat

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    Gut aufgenommen: Nach langen Jahren kehrten Margit Rössler-Döring (links) und Karin Schönewolf in ihr Heimatdorf Friesenhausen zurück.
    Gut aufgenommen: Nach langen Jahren kehrten Margit Rössler-Döring (links) und Karin Schönewolf in ihr Heimatdorf Friesenhausen zurück. Foto: Foto: Gudrun Klopf

    Die Liebe, das Studium, der Job, Wissensdurst oder Fernweh – es gibt viele Beweggründe, weshalb Menschen ihr von Kindheit an gewohntes Umfeld verlassen und in die Ferne ziehen.

    Sie bauen sich woanders ein neues Leben auf, werden heimisch in der Fremde. Und doch zieht es manch einen zurück, dorthin, wo er aufgewachsen ist, wo alles Vertrautheit atmet, wo ein jeder jeden kennt und man weiß, wie der Hase läuft. Aber was finden die Rückkehrer vor, die über den Tellerrand guckten und ihren Blickwinkel veränderten? Ist das wirklich noch Heimat?

    Der Liebe wegen ins tiefste Oberbayern

    „Ich komme von hier, ich bin von hier und ich gehöre hierher“, sagt Karin Schönewolf. Als Älteste von drei Geschwistern wuchs sie in Friesenhausen auf, arbeitete in ihrem erlernten Beruf als Arzthelferin, engagierte sich im Kirchenvorstand und war in die Dorfgemeinschaft integriert. „Ich war hier fest verwurzelt und dachte nie daran, wegzugehen.“ Doch was tut man nicht alles aus Liebe: Nach zweijähriger Fernbeziehung strich Karin Wolf, wie sie damals noch hieß, die Segel und wagte sich ins tiefste Oberbayern. Es sei schwer gewesen, dort wirklich rein zu kommen, „der Franke, das ist schon eine Anfechtung für die Oberbayern“, lacht Karin Schönewolf.

    Die bei Urlaubern beliebte Gebirgslandschaft sei bei Sonnenschein natürlich herrlich, aber während der oft lange andauernden Schlechtwetterphasen wirkte die massive Bergwelt bedrückend auf sie. „Depressionshügel habe ich die Berge immer genannt“, sagt die Unterfränkin, die das Liebliche der sanften Hügel der Haßberge gewohnt war. Obwohl die Beziehung nach drei Jahren endete, blieb Karin Schönewolf doch 15 Jahre im Süden Bayerns, fand eine Arbeit, die sie erfüllte, lernte ihren jetzigen Mann kennen und schloss Freundschaften.

    Die Haßgauer als besonders aufgeschlossen erlebt

    Als die Vermieterin, mit der Martin und Karin Schönewolf gemeinsam ein Anwesen in Bad Feilnbach bewohnten, starb, hieß es Abschied nehmen. „Für mich war der Ort inzwischen zur zweiten Heimat geworden. Ich hätte dort auch bleiben können“, sagt Karin Schönewolf. Aber wieder entschied die Liebe über den künftigen Wohnort: Martin Schönewolf, der dem Bruder seiner Frau beim Hausbau in Friesenhausen half, verliebte sich in die kleine Ortschaft nahe den Haßbergen. „Mein Mann ist geschäftlich deutschlandweit unterwegs und lernt überall Leute kennen. Die Menschen hier erlebte er als besonders aufgeschlossen“, sagt Karin Schönewolf, die gerne in ihren früheren Heimatort zurückkehrte. An Silvester 2011 zogen die beiden in das freigewordene Pfarrhaus neben der evangelischen Kirche.

    „Mit der Kirche und dem Platz hier fühle ich mich tief verwurzelt.“ Ein Genuss sei die stabile Wetterlage, ebenso wie die ländliche Ruhe. „Oberbayern ist touristisch so überlaufen, dass man die Schönheiten gar nicht nutzt, wenn man dort lebt.“ Natürlich gelinge es nicht, an jede alte Beziehung anzuknüpfen. Und auch das eingespielte Leben der Familienangehörigen müsse man erst wieder kennenlernen und sich eingliedern. Nein, sagt Karin Schönewolf, die Heimat habe sich nicht verändert, „man selbst ist ein anderer geworden“. Aber: „Man kann zurückkommen und wird wieder aufgenommen.“

    "Die Einwohner gehen hier offen auf Fremde zu"

    Diese Erfahrung machte auch Margit Rössler-Döring, als sie nach 21 Jahren wieder in ihr Heimatdorf Friesenhausen zurückkehrte. Die treibende Kraft Richtung Haßberge war ihr Mann. Uwe Döring, der sein Leben lang in großen Städten gewohnt hatte, war begeistert von Friesenhausen. Bei Besuchen habe er ein ums andere Mal von der Schönheit der Ortschaften und der Landschaft geschwärmt. Hier wollte er leben und alt werden. „Die Einwohner gehen hier offen auf Fremde zu“, sagt Margit Rössler-Döring. Besonders bemerkenswert sei die gewachsene und gelebte Ökumene in dem kleinen Ort mit den beiden Kirchen.

    Das haben die beiden Damen außerhalb von Friesenhausen so noch nicht erlebt, „schon gar nicht in Oberbayern“, fügt Karin Schönewolf lachend hinzu. Geprägt sei diese besondere Atmosphäre im Dorf sicherlich auch von den Schlossbesitzern, sind die beiden überzeugt. Friedensfestivals, Landjugendtreffen, Lampionfest, Schlosskonzerte - die Offenheit und Gastfreundschaft der Familie von Eichborn lasse das Dorfleben nicht unberührt.

    Von Würzburg nach Dresden

    „Heimat“ – das ist für Margit Rössler-Döring ein schwer fassbarer Begriff mit vielen Facetten. „Heimat hat einerseits mit Kindheit und Aufwachsen zu tun. Gleichzeitig ist es für mich aber nicht nur der Ort, wo ich herkomme oder wo ich lebe. Es sind auch die tiefen Beziehungen zu anderen Menschen, die mir Heimat geben.“ Die fand die 59-Jährige vor allem in Würzburg, wo sie 1989 mit ihrem damals 13 Jahre alten Sohn hinzog. „Ich wollte mein Leben neu in die Hand nehmen – tun, was für mich wichtig und richtig war.“ Die gelernte Erzieherin studierte Heilpädagogik, genoss Kunst und Kultur der Residenzstadt. „Das war toll, ich bin richtig aufgelebt.

    “Würzburg wurde für sie zur Heimat: „Menschen, die dich akzeptieren, wie du bist, die mit dir durch dick und dünn gehen – das ist für mich Heimat“, sagt Margit Rössler-Döring.

    Aus Würzburg würde sie niemand mehr wegbringen, hier wollte sie alt werden. Und wieder durchkreuzte die Liebe die Pläne. Sie fand nicht nur an ihrem jetzigen Mann Gefallen, auch die Stadt, in der er gemeinsam mit ihr leben wollte, faszinierte sie. „Die Elbe, viel Kultur, eine wunderschöne Altbauwohnung“, zählt Margit Rössler-Döring Pluspunkte für Dresden auf.

    Aus der Ferne die Heimat schätzen gelernt

    Egal, wo man hinkomme, „aufgenommen werden kannst du nur, wenn du auf die Menschen zu gehst“. Seit 2010 lebt sie wieder in ihrer alten Heimat Friesenhausen – aus Dresden und Würzburg hat sie sich Heimat bewahrt: „Dichte Beziehungen und enge Bindungen sind nach wie vor geblieben und werden gepflegt.“

    Die Heimat schätzen und lieben, das entwickelt sich oft erst in einer zeitlichen oder räumlichen Entfernung. Fünf Jahre und tausende von Kilometern weit weg verbrachte Thomas Pechmann fern von seiner Heimatstadt Hofheim, um heute zu sagen: „Ich fühle mich hier wie im Paradies“. Ein „One-way-Ticket“ im Rucksack machte sich Pechmann nach seiner Ausbildung auf den Weg nach Mexiko. Von Kolumbien über Peru bis nach Argentinien erkundete er die Menschen und die Kulturen Südamerikas. Schließlich reiste er mit seiner damaligen Partnerin nach Kanada, um dort sesshaft zu werden. „Als Fremder in einem anderen Land ist das total schwierig“, schildert Pechmann seine Erfahrungen, „man weiß nicht, wohin man sich wenden muss, alles funktioniert anders als gewohnt.“ Vancouver war laut und teuer, „die Menschen müssen in bis zu drei Jobs arbeiten, um sich über Wasser halten zu können.“ Pechmann gelang es nicht, dort Fuß zu fassen.

    Froh, dass hier nichts los ist

    Mehr als Freunde und Familie – zu denen hielt er immer Kontakt – habe er auf seinen Reisen deutsches Brot und Essen vermisst. „Ich habe mich nach dem deutschen Mischwald und nach der deutschen Ordnung gesehnt. In Deutschland ist einfach alles sehr gut organisiert“, das wisse man erst zu schätzen, wenn es nicht mehr so ist.

    Vor gut zwei Jahren kehrte Thomas Pechmann zurück nach Hofheim. „Es war so eine Erholung für mich, wieder hier zu sein. Früher dachte ich immer, hier ist nichts los. Jetzt bin ich froh, dass nichts los ist“, lacht er. Seit Juni lebt er mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn in einem kleinen Häuschen in Lendershausen. In Vancouver habe er seine Nachbarn nicht gekannt, „hier reden alle miteinander, die Menschen haben Interesse aneinander und tauschen sich aus“, begeistert sich der 31-Jährige. Sein Blick auf die Dörfer und die alten Fachwerkhäuser habe sich gewandelt, er entdecke auf seinen Erkundungen viele schöne Details und achte jetzt alles wesentlich mehr. Er freut sich über die räumliche Nähe zu seinen Eltern, genießt den Kontakt zu alten Freunden. „Ich liebe die Gegend und fühle mich hier total zu Hause“, strahlt der Heimkehrer. „Ich kann mir gut vorstellen, hier alt zu werden.“

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