Der holländische Mutterkonzern Accell hat im Frühjahr seine beiden Töchter, Hercules Fahrrad GmbH und Winora-Staiger GmbH, unter dem Dach der „Accell Duitsland“ zusammengelegt. Die beiden Unternehmen bleiben jedoch in ihrer Rechtsform erhalten. Die einst sportliche Marke Hercules, auch bekannt für ihre Motorräder, war nach dem Krieg mehrere Jahrzehnte im Besitz von Fichtel & Sachs und Mannesmann. Produziert wurde jedoch immer in der Nürnberger Nopitschstraße. Nach dem Kauf durch Accell 1995 und dem Umzug ins Umland nach Neuhof bei Langenzenn hatte Hercules vor allem den Familien-Radsektor bedient.
Zentralisierte Aufgaben
Durch die Zusammenlegung sollen, wie Geschäftsführerin Susanne Puello erläutert, Synergien genutzt werden. So werden die jeweiligen Service- und Technikabteilungen zentralisiert, ebenso Finanzbuchhaltung und Produktmanagement. Während der bisherige Außendienst und die Vertriebsstruktur von Hercules bestehen bleiben, und auch der stark wachsende Winora-Teilegroßhandel E. Wiener Bike Parts GmbH seine Selbstständigkeit behält, werden demnächst zusätzlich zu einem Teil der Winora-Räder mehrere Modelle aus dem Hercules-Sortiment in Sennfeld montiert. Die Hauptproduktion findet nach wie vor im Accell-Werk in Ungarn statt.
Da der Platz auf dem Gelände in der Max-Planck-Straße bislang kaum ausreichte, hat Hercules das 10 000 Quadratmeter große Nachbargrundstück des Autohauses Riegler erworben (siehe nebenstehenden Bericht). In den kommenden Wochen werden dort Vertrieb und Marketing von Hercules ihren Platz finden, zudem der Musterbau von Winora sowie beide Serviceabteilungen. Ende des Jahres wird dann nach dem Riegler-Auszug mit der Sanierung der Gebäude begonnen.
Gerade einmal vor vier Monaten ist die neue Lackieranlage in Betrieb gegangen. Damit können individuelle Wünsche der Kunden, gerade im Hochpreissegment, das Winora mit seinen Produkten vor allem bedient, besser und schneller erfüllt werden. „Dieser Custom Made-Sektor ist der große Wachstumsmarkt“, betont Geschäftsführerin Puello. Geplant ist zudem, dass die Marke Hercules wie einst wieder sportlicher auftreten soll.
Durch die Zusammenarbeit von Winora und Hercules sind acht neue Arbeitsplätze in Sennfeld entstanden, 15 weitere sollen folgen. Jedoch musste zuvor am Stammwerk ein Sozialplan erstellt werden. Viele langjährige Mitarbeiter wollten nicht nach Schweinfurt übersiedeln, hätten von Abfindungsangeboten Gebrauch gemacht. Lediglich drei wagten den Schritt, „obwohl wir ihnen sehr entgegengekommen sind, sogar mit Fahrgemeinschaften“. Bis zum Verkauf der Immobilie bleibt somit nur noch die Logistik mit fünf Beschäftigten in Neuhof.
Zeitverträge laufen aus
Gleichwohl wird die Zahl der 180 Winora-Beschäftigten leicht sinken. „Wir sind zu stark, teilweise um 20 Prozent gewachsen“, erklärt die Geschäftsführerin, die mit der Gesamtleitung von Accell Duitsland beauftragt wurde und deren Urgroßvater Engelbert Wiener das Haus Winora im Jahr 1914 gegründet hatte. Deshalb werden ihren Angaben zufolge einige Zeitverträge nicht verlängert.
Im Gegensatz dazu hat die Firma vor wenigen Wochen eine Vertragsverlängerung erhalten. Seit vier Jahren produziert Winora exklusiv für BMW eine Rad-Kollektion. Bis 2010 wird dies weiter der Fall sein, „und darauf sind wir genauso stolz wie über den Zusammenschluss unserer beiden Häuser in der Fahrradstadt und -region Schweinfurt“, so Susanne Puello, die diese Entscheidung auch als indirektes Lob vom Mutterkonzern für die seit Jahren gute Arbeit des Winora-Teams versteht.