Als der bestellte Wintergarten halb fertig war, packte der Handwerker seine Werkzeugkiste und verschwand spurlos. Da der Betrugsvorsatz nur schwer nachweisbar, aber die Sache nicht sauber war, wurde die Anklage wegen Betruges mit einer 5000-Euro-Wiedergutmachungszahlung eingestellt.
Die Eheleute freuten sich schon auf den neuen Wintergarten, den sie bei einem Handwerker aus Thüringen bestellt hatten. Doch als der Anbau halb fertig war, ließ dieser buchstäblich den Hammer fallen, packte seine Werkzeugkiste ein und verschwand spurlos. Zivilrechtlich hat er sich damit zweifellos schadensersatzpflichtig gemacht, aber strafrechtlich war eine Betrugsabsicht nicht so einfach nachweisbar, weil er ja etliche Male vor Ort war, Leistungen erbracht und Material geliefert hatte. Ergo wurde die Anklage wegen Betrugs gegen ihn eingestellt, allerdings unter der Maßgabe, dass er an seinen Kunden eine Zahlung von 5000 Euro quasi als Wiedergutmachung leistet.
Die Aktion ereignete sich vor ziemlich genau einem Jahr. Die Hausbesitzer aus einem Ort in den Heiligen Ländern wollten ihren alten Wintergarten durch einen schmucken neuen Anbau ersetzen. Als sie verschiedene Angebote von ortsansässigen Handwerkerfirmen einholten, wurde ihnen klar, dass das Projekt eine schöne Stange Geld kosten würde.
Auf der Suche nach einem günstigeren Anbieter wurden sie schließlich bei Ebay-Kleinanzeigen fündig. Es meldete sich der Angeklagte (49), der im thüringischen Sömmerda zuhause ist. Nachdem er gekommen war und alles ausgemessen hatte, machte er einen Kostenvoranschlag und man wurde sich handelseinig: Zu einem Komplettpreis von 17 000 Euro wollte er den neuen Wintergarten bauen. Der entsprechende Werkvertrag wurde von beiden Seiten am 27. April 2016 unterzeichnet.
Wie in der Branche oft üblich, leistete der Kunde vorab einige Abschlagszahlungen, insgesamt 10 700 Euro. Zuerst verlief die Auftragsabwicklung mehr oder weniger nach Plan. Insgesamt etwa zehn Mal kam der Handwerker, lieferte das Holz, die Farbe und Beton für den Sockel und erstellte das nötige Gerüst. Das letzte Mal war er Mitte Juni 2016 vor Ort, von da an versuchte das Ehepaar vergeblich, den Mann über Handy oder Kurznachrichten zu erreichen.
Als sogar ein Einschreiben unbeantwortet blieb, gingen die Geprellten zur Polizei und erstatteten Anzeige.
Das juristische Problem bei diesem Sachverhalt ist etwas knifflig: Zivilrechtlich stellt sich die Frage, wie hoch der Wert der von dem Angeklagten erbrachten Leistungen einzustufen ist. Da er die Auftragsausführung einseitig und ohne Begründung abgebrochen hat, hat er sich schadensersatzpflichtig gemacht, denn: Das Ehepaar muss eine neue Firma beauftragen, die Gesamtkosten werden sicherlich weit höher liegen als der vereinbarte Komplettpreis. Strafrechtlich dagegen ist es so: Ein Betrug läge nur dann vor, wenn man dem Mann zweifelsfrei nachweisen könnte, dass er von Anfang an geplant hatte, den Wintergarten nur teilweise zu errichten. Genau das aber bestritt dieser.
Als Grund für den Arbeitsabbruch gab der Angeschuldigte Folgendes an: An den Tagen, als er vor Ort war, sei die Ehefrau des Kunden mehrfach im Bademantel auf ihn zugekommen, habe sich quasi an ihn rangemacht und ihm von ihren intimen Eheproblemen erzählt. Zuhause habe er mit seiner eigenen Gemahlin darüber gesprochen – mit dem Ergebnis, dass diese eifersüchtig wurde und ihn verdächtigte, eine Affäre mit der Kundin angefangen zu haben.
Um seine Ehe zu retten, habe er daraufhin jeden Kontakt abgebrochen.
Ob diese nach den Worten von Ilker Özalp von der Staatsanwaltschaft „recht abenteuerliche Geschichte“ wirklich stimmt oder es sich um eine Räuberpistole handelt, ließ sich weder beweisen noch widerlegen. Ergo erfolgte die Einstellung mit der Auflage, in fünf Monatsraten je 1000 Euro an den Geschädigten zu zahlen. Falls es zum Schadensersatzprozess kommt, wird diese Summe angerechnet. „Damit haben Sie die strafrechtliche Geschichte vom Hals“, meinte Amtsrichterin Ilona Conver abschließend zu dem Selbstständigen.