Alle vier Jahre veranstaltet die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Unterfranken ihre Bezirkskonferenz, auf der der Bezirksvorstand und die Delegierten für die Landes- und Bundeskonferenz gewählt werden. Der Verband legt Wert darauf, diese jedes Jahr in einem anderen Landkreis stattfinden zu lassen. Am Samstag trafen sich die Verantwortlichen der AWO in Haßfurt.
An Schultagen ist der „Silberfisch“, das Ganztagsgebäude des Haßfurter Schulzentrums, besonders in der Mittagspause gut gefüllt. Dort bekommen die Schüler ihr Mittagessen. Insgesamt 320 bis 350 Mahlzeiten werden täglich ausgegeben. Verantwortlich dafür, dass die Schüler etwas zu essen bekommen, ist die AWO. So ist es nicht verwunderlich, dass der „Silberfisch“ auch der Ort war, an dem sich der Wohlfahrtsverband zur Bezirkskonferenz traf.
„Wir hatten einen ziemlichen Wachstumskurs die letzten vier Jahre“, sagt der alte und neue Vorsitzende Stefan Wolfshörndl im Pressegespräch nach seiner Wiederwahl. Eine Neustrukturierung des Verbandes gab es durch die Zusammenlegung des Unterfränkischen Bezirksverbandes mit dem Kreisverband Würzburg-Stadt. Das sei aber nicht der einzige Grund, warum die Mitarbeiterzahlen in den letzten Jahren deutlich gestiegen sind. Waren damals noch rund 1700 Menschen bei der AWO Unterfranken beschäftigt, sind es heute etwa 2400. Das liegt auch daran, dass in den vergangenen Jahren einige Einrichtungen neu dazugekommen sind. „Wir wollen den Wachstumskurs in Unterfranken weiterführen“, sagt Wolfshörndl.
Dabei spielt auch der Bereich Altenpflege eine große Rolle. „Die Bevölkerung verändert sich. Sie wird älter und bunter“, erklärt der Vorsitzende. „Da muss sich auch ein Wohlfahrtsverband mitverändern.“ Mit dem neuen Seniorenheim in Knetzgau, das am 1. Juli öffnet, betreibt die AWO auch im Landkreis Haßberge ein Vorzeigeprojekt. Besonders ist hier das so genannte „Hausgemeinschaftskonzept“. Hier leben die alten Menschen im Heim in einer Gruppe zusammen, in der sie viel selbst machen können. Das hilft gegen Vereinsamung und soll bis ins hohe Alter die Selbstständigkeit erhalten. So besteht beispielsweise für die Bewohner die Möglichkeit, selbst zu kochen, es gibt allerdings auch Mitarbeiter, die das übernehmen können. „Sie können sich entscheiden“, sagt Bezirksgeschäftsführer Martin Ulses. Vorsitzender Wolfshörndl sagt über das Zusammenleben der alten Menschen in der Einrichtung: „Es ist eigentlich wie in einer WG.“
Insgesamt hat die AWO im Landkreis Haßberge etwa 300 Mitarbeiter, davon je 100 im Zeiler Seniorenheim, im starken Ortsverband Ebern und ab Juli im neuen Seniorenheim in Knetzgau. Mit dem neuen Pflegeheim in Schonungen gibt es zudem eine Einrichtung, die zwar schon außerhalb des Haßbergkreises liegt, aber durchaus für die Menschen aus dem westlichen Landkreis interessant sein könnte.
Auch in anderen Teilen Unterfrankens hat die AWO neue Einrichtungen geschaffen, darunter gibt es auch neue Konzepte, die auf den ersten Blick recht gewagt wirken. So betreibt die Arbeiterwohlfahrt beispielsweise in Marktbreit ein Hotel, das als Inklusionsbetrieb gilt und damit besonders gefördert wird. Voraussetzung dafür ist, dass hier rund die Hälfte der Mitarbeiter schwerbehindert sind.
Die Schaffung solcher innovativen Konzepte bezeichnet die AWO-Vorstandschaft als eines ihrer vier Ziele. Die anderen sind ein gesundes Wachstum, die Etablierung der AWO als starke Marke und die Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen. Wichtig seien aber nicht nur die angestellten Mitarbeiter. Auch das Ehrenamt spielt bei der Arbeiterwohlfahrt eine entscheidende Rolle. „So ist unsere Struktur: Das Ehrenamt ist die höchste Instanz“, sagt Vorsitzender Wolfshörndl. Daher stehe auch der ehrenamtliche Vorstand in der Hierarchie über den Mitarbeitern. Allerdings gibt es, selbst wenn der Bereich Ehrenamt bei der AWO insgesamt wächst, auch gewisse Schwierigkeiten. So ist eine gewisse Überalterung in den Ortsverbänden zu beobachten, wodurch es zwar viele Mitglieder gibt, die nach ihren Möglichkeiten mitarbeiten, sich aber für eine leitende Position nicht mehr in der Lage fühlen. „Deswegen ist es oft schwer, einen Vorstand zu finden“, sagt Wolfshörndl. Um dem entgegenzuwirken, beschäftigt die AWO Unterfranken seit 2012 eine Ehrenamtskoordinatorin, deren Aufgabe es ist, die freiwillige Arbeit besser zu strukturieren und die nötige Vernetzung herzustellen.