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RIEDBACH: WK 88: Schwarzstorch könnte Windkraft lahmlegen

RIEDBACH

WK 88: Schwarzstorch könnte Windkraft lahmlegen

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    Biotop im Wald: Förster Roland Henfling zeigt eines der über 30 Biotope, die im Wald bei Kleinmünster entstanden sind. Sie sollen auch dem Schwarzstorch Lust machen, hier zu brüten.
    Biotop im Wald: Förster Roland Henfling zeigt eines der über 30 Biotope, die im Wald bei Kleinmünster entstanden sind. Sie sollen auch dem Schwarzstorch Lust machen, hier zu brüten. Foto: Foto: Michael Mösslein

    Windräder und Schwarzstorch – das passt nicht zueinander. Soweit sind sich die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Haßberge und die Windrad-Gegner der Riedbacher Bürgerinitiative (BI) „Gegen WK 88“ tendenziell einig. Uneinig sind sie jedoch darüber, wie fest der streng geschützte Vogel im Waldgebiet bei Kleinmünster, wo die Windräder entstehen sollen, verwurzelt ist. Die BI stellt fest: „Der Schwarzstorch ist da!“ Die Naturschutzbehörde meint: Einen Brutnachweis gibt es nicht – folglich könne der Riedbacher Gemeindewald Vorbehaltsgebiet für Windkraftanlagen bleiben.

    Wer die Anfang dieser Woche verschickte Pressemitteilung der BI liest, stellt fest, dass die WK 88-Gegner ihre Feststellung, der Schwarzstorch sei im Riedbacher Wald angekommen, damit begründen, dass es „sehr viele Sichtungen“ gebe. Ein direkter Nachweis wird nicht genannt. Die BI bezieht sich maßgeblich auf eine Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde von Anfang dieses Jahres, die unmissverständlich den Bau von Windkraftanlagen im Wald bei Kleinmünster ablehnt.

    Im Originaltext der Stellungnahme vom Januar heißt es, dass das geplante Vorbehaltsgebiet für Windkraftanlagen fast vollständig in Naturschutzgebieten liege, die Kerngebiet des Schwarzstorchprojektes des Landkreises Haßberge seien. In diesem Waldgebiet, das der Gemeinde Riedbach gehört und zum anderen Teil zum Universitätsforstamt Sailershausen, seien über 30 Tümpel und sieben künstliche Horste entstanden – als Nahrungs- und Brutraum für Schwarzstörche. Einen Brutnachweis gebe es zwar nicht, stellt die Naturschutzbehörde fest, „eine Brut des Schwarzstorches im Gebiet liegt jedoch nahe“. Die Errichtung von Windrädern „wäre hier absolut kontraproduktiv für das Artenschutzprojekt“. Auch, weil dort Fledermausarten, wie der Kleine Abendsegler festgestellt wurden.

    Auf diese klare Aussage stützen sich die Gegner von WK 88. Aus Sicht der Naturschutzbehörde hat diese Argumentation jedoch einen Haken: Die Anfang 2012 getroffenen naturschutzrechtlichen Aussagen zum WK 88 seien „mittlerweile überholt“, gibt das Landratsamt auf Nachfrage bekannt. Es habe seine Stellungnahme beim Regionalen Planungsverband bereits entsprechend geändert. „Das Gebiet ist nach wie vor als sensibles Gebiet einzuschätzen, jedoch lassen die aktuellen Kartierungen nicht den Rückschluss zu, dass eine Errichtung von Windenergieanlagen in diesem Bereich unmöglich erscheint“, lautet die Erklärung. Verkürzt heißt das: Kein Brutnachweis, keine grundsätzlichen Bedenken.

    Die Untere Naturschutzbehörde begründet ihren Stellungswechsel mit den (bislang unveröffentlichten) Ergebnissen von Kartierungen, die zwischen Februar und Mai dieses Jahres das Waldgebiet im Bereich des geplanten WK 88 auf Horste hin untersucht hat. Die Untersuchung habe mögliche Schwarzstorchbestände beinhaltet, so die Behörde, aber auch andere geschützte Vogelarten, wie Rot-, Schwarzmilan, Baumfalke, Wespenbussard, Uhu und Rohrweihe.

    „Das zwickt sich doch“, sagt Roland Henfling, von der Forstverwaltung des Riedbacher Gemeindewalds. Auf der einen Seite, so wundert sich der Förster, würden jahrelang mit Steuergeldern bezahlte Naturschutzprogramme im Wald unterhalten, um Schwarzstörche anzulocken, und nun würden dort Windräder zugelassen. Auch wenn ihm bislang kein Nachweis bekannt sei, dass Windräder dem Schwarzstorch schaden, ist sich Henfling sicher: „Förderlich sind diese bestimmt nicht.“

    Über den möglichen Bestand von Schwarzstörchen hinaus verweist der Förster auf den im Sinn des Naturschutzes sehr wertvollen Baumbestand in der Riedbacher Waldabteilung „Reith“, der einer Vielzahl von bedrohten Tieren Unterschlupf biete. An die 150 Hektar des Waldgebiets seien in das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) aufgenommen. Dort dürfen festgelegte Altbäume nicht gefällt werden. Ihre Höhlen und Äste sind Nist- und Brutplätze für Vögel.

    „Unser Mittelwald ist teilweise hochwertiger als der Naturpark Haßberge“, meint Henfling. Er könne verstehen, dass die Bevölkerung aufgebracht ist, dass ausgerechnet in solche Waldgebiete Windräder gestellt werden sollen, zumal dann, gibt Henfling Befürchtungen weiter, falls aus den bekannten etwa zehn geplanten Windrädern später ein Windpark mit 40, 50 Anlagen entstehen könnte.

    Die Windräder sollen zum Teil im Riedbacher Gemeindewald, zum Teil im angrenzenden Universitätsforst Sailershausen entstehen. Für den dort zuständigen Leiter Hans Stark wären Windräder in seinem Gebiet verschmerzbar, das Universitätsforstamt würde sich dem nicht verschließen. „Lieber Windräder, als das Kernkraftwerk in Grafenrheinfeld“, lautet Starks persönliche Meinung. Die Nabenhöhe der Windräder läge so weit über den Baumwipfeln, dass die Gefahr für Singvögel und Fledermäuse gering sei. Auch der Platzbedarf für die Windräder, etwa 0,25 Hektar pro Anlage, so Stark, sei durch Ersatzaufforstung vertretbar.

    Zum Schwarzstorch meint Förster Stark, dass es immer wieder mal Sichtungen gebe, maximal vier, fünf im Jahr, jedoch nicht Richtung Kleinmünster, sondern im Wässernachtal. Er vermutet, dass es sich dabei um einen Storch handelt, der nachgewiesenermaßen im Bad Königshöfer Raum brütet. Sein Berufskollege Henfling berichtet dagegen, dass Schwarzstörche auch schon bei Kleinmünster und Humprechtshausen gesichtet wurden. Er selbst habe den scheuen Vogel bei Holzhausen gesehen.

    Nur eines hat noch niemand im Riedbacher Wald entdeckt: einen Schwarzstorch-Horst. In diesem Fall würde die Luft für mögliche Windräder im WK 88 mit einem Schlag ganz dünn werden.

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