Kürzlich habe ich einen Artikel gelesen, der mich irgendwie immer noch nicht loslassen will. Der Verfasser hat über die Verantwortung geschrieben, die aus unserer Taufe folgt. Dabei ging es ihm nicht nur um das regelmäßige Gebet und um den Gottesdienstbesuch, sondern auch darum, wie unser Christsein im Alltag sichtbar werden kann. Es geht also nicht nur darum, ein netter Nachbar oder ein guter Kollege, vielleicht sogar ein engagierter Mitarbeiter in der Kirche oder der Pfarrei zu sein, sondern um einen Tick mehr. Was müssen wir Christen mehr leisten, als all die anderen?
Er spitze dann seinen Artikel auf die Frage zu: „Wenn sie angeklagt wären, ein Christ zu sein, gäbe es dafür hinreichend Indizien?“
Wir sind glücklicherweise in unseren Breiten nicht in der Gefahr, des Christseins angeklagt zu werden, anders als dies in einigen Ländern der Erde für unsere Glaubensgeschwister noch immer der Fall ist. „Schuldig – im Sinne der Anklage!“
Und doch lade ich Sie zu diesem Gedankenexperiment ein: „Wenn sie angeklagt wären, ein Christ zu sein, gäbe es dafür hinreichend Indizien?“
Finden Sie in ihrem Leben solche Indizien, die Sie als Christ ausweisen? Situationen, in denen Sie mehr getan haben als von ihnen gefordert werden kann? Verhaltensweisen, die empathischer sind als Sie dies von ihrer Umgebung kennen? Eine Glaubensfreude, die überspringt und andere mit dieser Freude ansteckt. Eine Berufung, die über das Alltägliche und Normale hinausgeht. Der Mut, der bereit ist, auch oder gerade gegen den Strom zu schwimmen. Eine Demut, die so groß ist, nicht immer das letzte Wort haben zu müssen. Die Einsicht, die zurückpfeift, wo es für einen Mitmenschen besser ist, wenn ich mich nicht aufdränge. Hinzuschauen, wo die Masse gerne wegschaut. Sachen offenzulegen, die immer noch gerne unter den Teppich gekehrt werden. Menschen kraftvoll zu unterstützen, denen sonst allzu gerne eine Unterstützung verweigert wird.
Ich bin sicher: Wenn Sie danach suchen, werden Sie Beweise für ihr Christsein finden. Gleichzeitig möchte ich ihnen diese Aufgabe in der Fastenzeit mit auf dem Weg zum Osterfest geben: Wir alle sollten uns bemühen, im Sinne der Anklage verurteilt zu werden.