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Eichelsdorf: Zentrum der Nächstenliebe: Vor genau 150 Jahren wurde das Wasserschloss Eichelsdorf zu einem Kloster

Eichelsdorf

Zentrum der Nächstenliebe: Vor genau 150 Jahren wurde das Wasserschloss Eichelsdorf zu einem Kloster

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    Das ehemalige Kloster St. Alfons in Eichelsdorf dient heute als Rehabilitationseinrichtung.
    Das ehemalige Kloster St. Alfons in Eichelsdorf dient heute als Rehabilitationseinrichtung. Foto: Werner Mock

    Am 22. September 1874 wurde das einstige Wasserschloss Eichelsdorf, das Jahrhunderte Ansitz adeliger Rittergeschlechter war, von der Kongregation der "Töchter des Allerheiligsten Erlösers" für kranke, erholungsbedürftige und alte Schwestern angemietet. Noch im September zogen die ersten Nonnen im Eichelsdorfer Schloss ein, um die Vorbereitungen für die allgemeine Belegung mit alten und kranken Schwestern und deren Pflegepersonal zu treffen.

    Im Schloss, welches um das Jahr 1000 zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde, residierten nach 1710 fürstbischöfliche, später großherzoglich-würzburgische Amtsleute. Das Königreich Bayern als Erbe hatte für das zweiflügelige Gebäude keinen Verwendungszweck und bot das Objekt 1870 bei einer öffentlichen Versteigerung feil, bei der es der Hofheimer Gerbereibesitzer Karl Joseph Hirt erwarb.

    Leeres Schloss diente als Lazarett

    Da zugleich der deutsch-französische Krieg 1870/71 ausbrach, diente das leere Schloss als Lazarett für Kriegsverwundete. Der neue Schlosseigentümer Hirt suchte nach einer anderen Möglichkeit, um das stattliche Gebäude zu nutzen und fand mit der Kongregation einen Interessenten, auch weil eine Kapelle vorhanden war.

    Im Jahre 1886 erwarb die Kongregation das Schloss. Die drei Kinder des Gerbermeisters Karl Joseph Hirt waren Eigentümer zu gleichen Teilen. Margareta Hirt war 1876 in die Kongregation eingetreten und hatte 1883 als Schwester Maria Valeria ihre Ewige Profess abgelegt. Damit fiel dem Orden ihr Eindrittel-Erbteil zu. Sabine Hirt schenkte ihren Anteil der Kongregation mit der Vereinbarung auf Lebenszeit im Schloss Heimatrecht zu haben. Und der Sohn, Karl Hirt, erhielt die 5000 Goldmark Kaufsumme ausbezahlt.

    Hilfe für Alte, Alleinstehende und Kranke

    Damit war die Kongregation nun Eigentümer des Eichelsdorfer Schlosses. Mit Skepsis mögen die Dorfbewohner damals reagiert haben, als vor 150 Jahren die ersten Nonnen in das Schloss einzogen sind, hatte man sich doch an die Herrschaften vom Adel und später an die höheren königlich-bayerischen Beamten gewöhnt. Jetzt kamen Schwestern, die selbst niedrige Dienste am Menschen nicht scheuten. Doch die Skepsis dürfte schon bald gewichen sein, denn schnell erfuhr man im Ort selbst Hilfe für Alte, für Alleinstehende und Kranke, wenn dies nötig war. Und zwar egal welcher Konfession.

    Der Kindergarten Hofheim diente im 1. Weltkrieg als Lazarett, in dem die abgebildeten Erlöserschwestern die Pflege übernahmen. Von links: Kindergartenschwester Annette, Oberin Sigfrieda Schneider und Handarbeitsschwester Flora.
    Der Kindergarten Hofheim diente im 1. Weltkrieg als Lazarett, in dem die abgebildeten Erlöserschwestern die Pflege übernahmen. Von links: Kindergartenschwester Annette, Oberin Sigfrieda Schneider und Handarbeitsschwester Flora. Foto:  Stadtarchiv Hofheim / Fotografie Fritsch

    Jüngere Erlöserschwestern haben in vielfältiger Weise gearbeitet: während der Weltkriege in Lazaretten, als Krankenschwestern in Kliniken, als Fachlehrkräfte für Hauswirtschaft und Handarbeitsunterricht, als Lehrerinnen in Volks- und höheren Schulen, im sozialen Dienst auf den Ordensstationen im In- und Ausland (Tansania und Philadelphia), im Küchendienst von Kranken- und Waisenhäusern und als Kindergärtnerinnen.

    Viele Menschen aus der Umgebung erinnern sich an Schwester Albina

    Viele Personen aus der Umgebung werden sich noch heute an die Ordensfrau Albina zurückerinnern, die 50 Jahre im Kindergartendienst gestanden hatte und im Kloster St. Alfons in Eichelsdorf ihren Lebensabend verbracht hat. Geboren wurde sie in Wolfmannshausen in Thüringen. 1938 trat sie mit 17 Jahren in den Orden der Schwestern des Erlösers in Würzburg ein. Drei Jahre dauerte ihre Ausbildung zur Kinderschwester, wie die Erzieherinnen damals genannt wurden. Die wichtigsten Stationen ihres Wirkens waren die Kindergärten in Hofheim (1950 bis 1972), Bad Königshofen (1972 bis 1982) und Rothenburg ob der Tauber (1982 bis 1991).

    Im Januar 2008 wurde bekannt, dass die Tage des Klosters St. Alfons gezählt sind, ein religiöser Glaubensort, der sich nicht verschlossen hat und dadurch in all den Jahren zum Herzstück von Eichelsdorf geworden war. Grund für die bevorstehende Auflösung war, dass nur noch wenige Erlöserschwestern ihren Lebensabend dort verbrachten.

    Das Ende der Klosterkirche als Gotteshaus

    So hat die Drogenhilfe Tübingen St. Alfons in Eichelsdorf erworben, um darin ab 2010 die in Schloss Bettenburg betriebene Rehabilitationseinrichtung weiterzuführen. Mit der Profanierung der Klosterkirche und dem Verschließen des Eingangsportals durch Bischof Friedhelm Hofmann endete im Dezember 2008 die Geschichte der Klosterkirche als Gotteshaus. Vielen Besucherinnen und Besuchern standen Tränen in den Augen. Selbst dem ergriffenen Bischof stockte bei der Verlesung des offiziellen Dekrets die Stimme.

    Seitens der Schwestern wurde erwähnt, dass es ein guter Trost sei, dass mit der Drogenhilfe ein Käufer gefunden wurde, denn mit dieser Einrichtung könne sich die Kongregation identifizieren, da Menschen in der Not geholfen wird. Dies sei auch der Auftrag der Erlöserschwestern und das Wesen ihrer Spiritualität.

    Es entstanden wahre Freundschaften

    Der Leiter der Rehabilitationseinrichtung Soto-Löwenthal und der Geschäftsführer des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation wandten sich mit einem Flyer an die Einwohnerinnen und Einwohner von Eichelsdorf. Sie luden zum Gespräch ein, in dem aufgeklärt werden sollte, wie ihre Patientinnen und Patienten behandelt werden und wie sie sich das Zusammenleben in der Gemeinde Eichelsdorf vorstellen.

    Laut den Eichelsdorfern Claus Haßfurter, sowie Dieter und Gerlinde Pohley, gab es bezogen auf die Rehabilitationseinrichtung noch nie Schwierigkeiten. "Stattdessen wurde, bis zum Corona-Ausbruch, die Ortsbevölkerung zu internen Sommerfesten eingeladen oder Auftritte von 'La Musica' erlaubt, die auch weiterhin stattfanden", erinnert sich Haßfurter. "Äußerst schmerzlich wird nach wie vor die Trennung von den Schwestern empfunden, die wahre Freundinnen wurden und auch bleiben", so Dieter und Gerlinde Pohley. "Die Tasse von Schwester Wendelina steht auch weiterhin immer für sie bei uns bereit."

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