Die Masche ist nicht neu, nimmt aber in den vergangenen Monaten stetig zu: Impfverweigerer kaufen sich im Internet Blanko-Impfpässe, verfälschen sie mit nachgemachten Arztstempeln, angeblichen Impfterminen, unrichtigen Barcodes und legen diesen Ausweis, ausgestellt auf ihren Namen, in einer Apotheke vor, um sich einen digitalen Impfnachweis zu erschwindeln. Die unterfränkische Polizei spricht hier von einem "dynamischen Anstieg" der Fälle. Eine Situation, die Bernward Unger, unterfränkischer Vorsitzender des Bayerischen Apotheker Verbandes, ungehalten macht.

Der Inhaber der Weingarten-Apotheke in Dettelbach ist der Ansicht, dass solche Personen die Gesundheit der Allgemeinheit erheblich gefährden, wenn sie sich mit gefälschten Impfzeugnissen Zugang in Bereiche erschleichen, die nach den 2G-Regeln geschützt sind. "Diese Leute gehören stark bestraft", ist seine Ansicht. Werden sie auch: Nach einer Gesetzesnovellierung im November 2021 ist die Herstellung und der Gebrauch gefälschter Impfpässe mit einer hohen Strafandrohung versehen. Doch ist die Androhung solch harter Strafen anscheinend noch nicht ganz wirkungsvoll.
Ein Sachbearbeiter nur für Impfpassfälschungen

Laut Polizeihauptkommissar Daniel Ruß von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Würzburg, wurden im vergangenen Jahr im gesamten unterfränkischen Bereich "deutlich über 600 Delikte mit Bezug zum Phänomenbereich der gefälschten Impfnachweise zur Anzeige gebracht". Er beurteilt die Entwicklung als "hochdynamisch", was sicherlich auf die Nachweispflicht der Corona-Schutzimpfung zurückzuführen ist. Schwerpunkte seien allerdings mehr die unterfränkischen Großstädte beziehungsweise der Bereich des Bayerischen Untermains (Aschaffenburg).

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Würzburg, Thorsten Seebach, bestätigt diese Lage. Laut seinen Angaben hat die Staatsanwaltschaft Würzburg für die Bearbeitung dieser Fälle extra einen zuständigen Sachbearbeiter eingesetzt. "Somit können wir schnell reagieren und mit Nachdruck die Fälle bearbeiten." Seebach betont, dass man sich bei der Strafzumessung an den oberen Rand der Möglichkeiten orientiert. Hauptkommissar Alexander Lier, Leiter der Ermittlungsgruppe der Kitzinger Polizei, spricht von vier Fällen seit Jahresbeginn. "Für unseren ländlichen Bereich doch schon beachtenswert", sagt er.
Bei einem Verdacht wird die Wohnung durchsucht
In der Regel sei es so, dass die Apotheker bei Erkennen verdächtiger Unterlagen diese kopieren und der Polizei zukommen lassen. Bestätigt sich der Verdacht bei weiteren Ermittlungen, wird sofort über die Staatsanwaltschaft ein Durchsuchungsbeschluss erwirkt, um weitere Beweise zu finden. Lier berichtet von einem aktuellen Fall: Bei der Wohnungsdurchsuchung erkannten die Beamten, dass der Verdächtige den unrechtmäßig erworbenen digitalen Impfnachweis auf sein Handy übertragen hatte. "Dieses wurde jetzt natürlich sofort als Beweismittel eingezogen", erklärt Lier. Ob und wann er es wieder bekommt, entscheidet der Staatsanwalt, dem zusätzlich noch die entsprechende Anzeige zugeleitet wird.

Johannes Unger von der Volkacher Riemenschneider-Apotheke betont, dass er und seine Kolleginnen und Kollegen sich sehr wohl ihrer hohen Verantwortung bewusst sind, wenn sie die digitale Impf-Bestätigung abgeben. In Informationsschriften des Landeskriminalamtes und des unterfränkischen Polizeipräsidiums stehen Hinweise, wie sie Fälschungsmerkmale erkennen können und wie sie handeln sollen, wenn ein gefälschter Impfpass vorgelegt wird. Auch an die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle können sich die Apothekerinnen und Apotheker bei Fragen und Zweifel wenden.
Bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe
Eine Umfrage bei Apotheken im Landkreis hat gezeigt, dass die individuelle Erfahrung des Apothekenteams sehr wichtig ist. "Meist erkennt man schon beim ersten Kontakt mit dem Kunden, dass was nicht stimmt", ist die einhellige Meinung. Und Apothekensprecher Bernward Unger hat für alle Impfbetrüger noch eine Empfehlung bereit: "Impfen wäre auf alle Fälle die bessere Maßnahme und ist billiger!"
Strafen bei ImpfpassfälschungEinige Gerichte sahen im vergangenen Jahr Regelungslücken bei der Bestrafung von Impfpassfälschungen. Durch eine Gesetzesänderung im November 2021 ist das nun behoben. In dem Gesetz ist jetzt sogar der Impfpass selbst ausdrücklich erwähnt. Der §275/1a StGB sagt dazu: "Wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert (…) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."Im Absatz 2 ist die Androhung der Freiheitsstrafe sogar bis zu fünf Jahre angedroht, wenn "der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt." Für Apotheken, die einen speziellen Beratungsbedarf für ihr Personal sehen, steht die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle Würzburg zur Seite. Kontakt unter Tel.: (0931) 457-1830 oder -1831 sowie per Mail: pp-ufr.wuerzburg.kpi@polizei.bayern.deQuelle: StGB und Polizei