Eine Polizistin und eine Erzieherin treffen sich mit neun Männern, um ihnen Beine zu machen. Kurios? Nein, ausgezeichnet! Das Männerballett aus Albertshofen ist kürzlich Bayerischer Meister geworden. Alle Neune – neben sieben original Albertshöfern sind auch je ein Seinsheimer und ein Etwashäuser dabei – feiern den Titel. Zusammen mit ihren Trainerinnen Tanja Enck (34) und Larissa Uhl (26) erzählen Christian Koch (45), Swen Wendemuth (52), sein Sohn Justus Wendemuth (19) sowie Patrick Uhl (30) vom Adrenalinschub bei jedem Auftritt und von psychologisch wichtigen Trinkpausen.

Bayerischer Meister ü35 – seid Ihr sowas wie die Alten Herren beim Fußball?
Christian Koch: Dagegen muss ich protestieren! Wir sind neun Männer zwischen 19 und 55 Jahren. In der Kategorie ü35 starten wir, weil es nach dem Altersdurchschnitt geht.
Patrick Uhl: Vor Corona gab es bei den Bayerischen Meisterschaften keine Altersklassen-Unterscheidung. Da wurden wir mehrmals Zweiter und Dritter!
Ihr hättet also auch Chancen, wenn Ihr "u35" starten würdet.
Patrick: Ja. Dazu bräuchten wir jüngere Neuzugänge. Jeder, der mindestens 18 ist und die Sache ernst nimmt, ist herzlich willkommen.
Christian: Man braucht nur zwei Sachen: Zeit und Engagement!
Tanja: Wir trainieren ab September bis zum Frühjahr zweimal pro Woche. Die meisten Auftritte haben wir rund um Fasching. Im Sommer tüfteln wir schon wieder am neuen Programm.

Wie anstrengend ist Tanzen für Männer?
Christian: Ich sag's mal Fränkisch: Die Oberschenkel und der Arsch ham schon manchmal gezogen.
Swen Wendemuth: Als einer der Ältesten sage ich: Klar gewinnt man Kondition – und der Ehrgeiz packt einen auch.
Tanja: Tanzen ist Arbeit für Bauch, Beine, Po. Selbst junge Männer, die nicht trainiert sind, merken's.
Patrick: Ich bin ziemlich sportlich, Muskelkater krieg' ich kaum. Aber man muss Schrittfolgen lernen, Hebungen, Drehungen – da haben Kopf und Körper zu tun.

Wie sagt man es den Herren der Schöpfung, wenn ihre Leistung ausbaufähig ist?
Larissa: Man kennt ja seine Männer... Der eine verträgt direkte Kritik, den anderen muss man eher sanft ansprechen.
Christian: Wenn einer sagt, er schafft etwas nicht – zum Beispiel eine kompliziertere Schrittfolge –, dann pushen wir anderen denjenigen. Oder wir machen erst mal eine Trinkpause, danach geht's dann meistens besser!
Geht wirklich alles?
Christian: Fast alles! Hebungen sind manchmal kräftetechnisch eine Crux.
Larissa: Aber wir sind flexibel: Wenn etwas, das wir uns ausgedacht haben, im Training nicht funktioniert, dann ändern wir es eben. Dann stellen wir die Tänzer zum Beispiel so um, dass es passt.

Bei nur neun Tänzern kann sich keiner hinter den anderen verstecken, oder?
Christian: Stimmt, da sieht man auf der Bühne immer jeden – und jeden Fehler. Seit heuer haben wir ja sogar eine Spiegelwand – da kann man sich selbst überprüfen.
Wer bewertet Eure Leistung?
Tanja: Bei der Bayerischen gibt es seit etwa zehn Jahren eine professionelle Jury, die nach den Vorgaben des Bundesverbandes Deutscher Männerballette bewertet: Tanztechnik – Sprungkraft, Drehkraft, Flexibilität, Balance, Schritttechnik –, Choreografie, Kreativität, Aha-Effekte, Kostüme, , Kondition, Musik, Unterhaltung, Humor, Dramatik…
Mit dem Klischee vom dickbäuchigen Tutu-Träger, der zwischen seinen Beinen "die Glocken von Rom" erklingen lässt, hat das alles also nichts mehr zu tun?
Christian: Es gibt immer noch Männerballette, die diesem Klischee entsprechen – aber nicht im Turnierbereich. Da will jede Gruppe mit professionellen Darbietungen begeistern.

Habt Ihr Mädels es je bereut, tanzenden Schlossern, Dachdeckern und Kfz-lern so viel Zeit zu widmen?
Tanja: Natürlich geht während der Saison viel Zeit drauf.
Christian: Aber wenn dann die Auftritte und Turniere anstehen, die Kulisse gemalt wird, dann passt die Gruppendynamik, dann ist alles cool.
Patrick: Und wenn du wieder auf der Bühne stehst, spürst du genau: Da wollten wir hin!

Hört Ihr immer auf die Trainerinnen?
Christian: Ja!
Tanja: Nein!
Christan: Sagen wir so: Wenn ich seh', dass die unten genervt sind – und ich will nicht ausschließen, dass ich manchmal der Grund dafür bin –, dann versuche ich schon, zu folgen und Ruhe reinzubringen.
Bringt Euch Trainerinnen das nicht manchmal auf die Palme?
Larissa: Ach naja, ich kenne solches Verhalten gut – ich bin Erzieherin.
Tanja: Ich bleib' da auch gelassen. Ich bin bei der Polizei.

Gibt es Bewegungen, die Männer nicht können?
Tanja: Ein schöner Hüftschwung ist bei den meisten Männern ein Problem. Und mit dem Armkreisen in der Schulter ist es auch so eine Sache – da fehlt oft jede Grazilität.

Gibt's auch etwas, das Männer besser können als Frauen?
Justus Wendemuth: Männer sind schmerzfreier!
Larissa: Echt?
Patrick: Auf jeden Fall risikobereiter.
Christian: Ich finde, die Tänze der Frauen sind meist ausgefeilter, die Tänze der Männer dafür unterhaltsamer.
Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft?
Patrick: Einen eigenen Tour-Bus!
Christan: Mit Anhänger! Und ansonsten mal drei Auftritte an einem Abend. Weil: Wenn Du einen Auftritt rum hast, bist du voll im Flow, voller Euphorie und Adrenalin, da willst du gleich nochmal!


Das Höpper MännerballettNoch namenlos: 1986 wurde das Albertshöfer Männerballett gegründet – von Fußballern. Derzeit überlegt die noch namenlose Gruppe, sich künftig "Tanzböck" zu nennen.Training: Das Training – zweimal pro Woche – leiten Tanja Enck, Larissa Uhl und ihr Bruder Patrick Uhl, der die Themen-Tänze konzipiert .Team: Als Tänzer fungieren Christian Koch, Patrick Uhl, Michael Lapp (schon seit 1992 dabei), Maximilian Lapp, Swen Wendemuth, Justus Wendemuth, Stefan Schwarz, Dominik Hofmann, Dominik Gernert und Sebastian Kaidel sowie Martin Weichsel, der heuer verletzungsbedingt pausieren musste. Die ausgebildete Kosmetikerin Selina Weichsel ist die Stylistin des Teams, für Kostüme und Betreuung sind Heidi Töpfer, Jasmin Hartmann und Annika Lapp zuständig.Info: Buchungs- und Tanzanfragen: maennerballett@hoepper-elfer.de oder per Facebook und Instagram.Quelle: ldk