Jeder hört sie, aber keiner sieht sie: die Kirchturmglocken. Dabei ist es ja schon etwas äußerst Imposantes, wenn gerade große Glocken sich zum Läuten in Bewegung setzen, wenn mehrere Tonnen Bronze in Schwingung gebracht werden und der Klöppel zig Mal pro Minute auf die Glocke auftrifft, um einen Ton zu erzeugen, der dann in die Ferne fliegt. Für eine Kirche wie die in Stadelschwarzach mit ihren vier Bronzeglocken kommt man da auf rund eine Million Klöppelschläge im Jahr, was im Lauf der Jahrzehnte nicht spurlos am Material vorübergeht. Auch Kirchenglocken sind vor Materialermüdung nicht geschützt.

Bereits Ende 2015 hat eine Glockensachverständige der Diözese Würzburg das Geläut der Stadelschwarzacher St.-Bartholomäus-Kirche begutachtet. Deren Fazit: An den Glocken muss einiges saniert werden. Neben vielen kleineren Maßnahmen, wie dem Einbau einer neuen vollelektronischen Steuerung, bereiteten vor allem die Glockenklöppel Sorgen; alle vier Klöppel samt Aufhängung sollten getauscht werden – für Gesamtkosten von rund 14 500 Euro.
Diözese erteilte Finanzhilfen eine Absage

Kirchenpfleger Gerhard Berthel sah dies nun als "seinen Auftrag" an und versuchte die Maßnahme zeitnah anzugehen. Auch wenn die Lücken in den Finanzen der Diözese seinerzeit noch nicht so publik waren, wie sie es mittlerweile sind, merkte Berthel bereits vor fünf Jahren recht schnell, dass er bei der Diözese Würzburg nicht so einfach voran kam, als er wegen einer finanziellen Unterstützung für die Glockensanierung anfragte. Er telefonierte mehrmals mit den zuständigen Verantwortlichen, leider ohne großen Erfolg. Ein Telefonat endet sogar mit der Aussage: Sollte es sicherheitstechnisch nicht mehr verantwortbar sein, dann sollten die Glocken besser erst mal vorübergehend abschalten werden, erinnert sich Berthel.

Stilllegen der Glocken kam nicht infrage
Damit konnte und wollte sich der Kirchenpfleger nicht zufrieden geben. Es war für ihn, der wie alle Stadelschwarzacher stolz auf das vierstimmige Geläut ihrer Pfarrkirche ist, sofort klar, dass eine andere Lösung her musste, denn das Stilllegen der Glocken ist keine Option.

In den vergangenen drei bis vier Jahren wurden deshalb nun kräftig Spenden gesammelt für diese Maßnahme. Und im zurückliegenden Sommer war es tatsächlich endlich soweit, dass die volle für die Sanierung notwendige Summe durch Spenden von Privatpersonen und örtlichen Unternehmen zusammengekommen war.

Im November 2020 zogen dann für knapp eine Woche zwei Servicetechniker für Glockentechnik, Frank Müller und Johannes Buse, in den Kirchturm ein, um das Geläut zu sanieren. Besonders der Austausch der Glockenklöppel war schon sehenswert und nicht alltäglich, denn so eine Maßnahme ist in der Regel nur alle 50 bis 100 Jahre erforderlich. So mussten die Klöppel – der für die größte Glocke ist gut eineinhalb Meter lang und wiegt an die 100 Kilo – erst mal über die schmalen Holztreppen im Turm mit Muskelkraft an Ort und Stelle gebracht werden, um dann mittels Seilzug in die Glockenaufhängung eingeführt werden zu können. Interessant ist auch die Aufhängung der Klöppel durch mehrlagige, zentimeterdicke Lederstreifen.
Entscheidend ist die Wahl des Materials

Der Tausch aller vier Klöppel war unter anderem auch deshalb notwendig, weil im Jahr 1951 während der Glockenmontage Klöppel aus einem nicht idealen Material verwendet und eingebaut wurden, sagt Frank Müller. Das Wichtigste bei der Klöppelherstellung sei die Materialwahl. Der Klöppel muss beim Anschlag auf die Glocke weich sein, damit er die sensible Glockenwandung nicht beschädigt, erläutert Müller weiter.

Diese Manko ist nun Geschichte. Gegen Ende der Montagewoche signalisierte das längere Einläuten mitten am Tag den Stadelschwarzachern, die Glockensanierung, der vierfache Klöppeltausch, wurde erfolgreich abgeschlossen und das vierstimmige Glockengeläut von St. Bartholomäus ist für das kommende Jahrhundert gesichert – dank einer großen Spendenbereitschaft.

Die Glocken von St. BartholomäusDie ursprünglichen vier Glocken sind während des Zweiten Weltkriegs abgenommen und eingeschmolzen worden, um daraus Munition herzustellen. Im Jahr 1951 wurden in Erding vier neue Bronzeglocken gegossen. Diese wurden im Turm der Stadelschwarzacher Kirche St. Bartholomäus feierlich aufgehängt.Die Glocken beschreiben sich wie folgt:Marienglocke mit Schlagton c´: Umfang 493 Zentimeter, Durchmesser 158 Zentimeter, Gewicht 2,3 Tonnen; Umschrift: "Hass zerschlug mich, in Not entstand ich, nun ruf ich dich, Maria".Apostelglocke mit Schlagton e´: Umfang 390 Zentimeter, Durchmesser 130 Zentimeter, Gewicht 1,2 Tonnen; Umschrift: "Apostelglauben, Apostelmut, erhalte den Deinen das bleibende Gut".Bartholomäusglocke mit Schlagton g´: Umfang 320 Zentimeter, Durchmesser 109 Zentimeter, Gewicht 0,7 Tonnen; Umschrift: "Hilf in jeglicher Not, erfleh´ uns bei Gott".Josefglocke mit Schlagton a´: Umfang 275 Zentimeter, Durchmesser 93 Zentimeter, Gewicht 0,5 Tonnen; Umschrift: "Des Dorfs, der Kirch Berater, bleib lieber Pflegevater".Im Internet auf Youtube findet sich ein Video, dass das Vollgeläut der Stadelschwarzacher Glocken zu Gehör bringt.Text: db


