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KITZINGEN: Schutz für Bienen: Mehr Wildheit zulassen

KITZINGEN

Schutz für Bienen: Mehr Wildheit zulassen

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    Einfach mal blühen lassen: Dr. Antonia Mayr im Bienengarten des Lehrstuhls Zoologie III der Uni Würzburg. Fotos: Ralf Dieter
    Einfach mal blühen lassen: Dr. Antonia Mayr im Bienengarten des Lehrstuhls Zoologie III der Uni Würzburg. Fotos: Ralf Dieter Foto: Ralf Dieter

    Sie sind stark bedroht. Dabei müsste das nicht sein. Dr. Antonia Mayr erklärt, wie jeder von uns einen Teil dazu beitragen kann, Wildbienen zu schützen. Im eigenen Garten – oder sogar auf dem Balkon.

    Warum sind Wildbienen so wichtig?

    Mayr: Weil sie unsere Kultur- und Wildpflanzen bestäuben. Ohne Wildbienen gibt es kein Obst oder Gemüse, ohne Wildbienen geht auch die Pflanzenvielfalt verloren, die wiederum sehr wichtig ist für Anpassungen an Umweltveränderungen wie den Klimawandel.

    Wie viele Arten gibt es noch in Deutschland?

    Mayr: Mehr als 550. Die Frage ist, wie viele lokal schon ausgestorben sind, weil sie nicht mehr die richtigen Nist- oder Nahrungsbedingungen vorfinden. In Bayern stehen zum Beispiel über 50 Prozent der Bienen auf der Roten Liste und über 40 Arten sind bereits ausgestorben. Das sind extrem viele.

    Wie sieht das in Mainfranken aus?

    Mayr: Grundsätzlich gibt es hier sehr viele und auch sehr seltene Wildbienenarten. Hier ist es trocken und warm und das mögen die meisten von ihnen. Außerdem haben wir hier einzigartige Trockenrasen, die besonders wertvolle Wildbienenhabitate sind und erst wieder im Mittelmeergebiet in größeren Mengen vorkommen. Die Flächen stehen unter Schutz und werden nicht gedüngt. Dort kann sich eine Vielfalt an Pflanzen erhalten. Und die locken Wildbienen an. Jedoch sind auch hier in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten sehr seltene Arten teilweise ausgestorben, auch wenn es durch den Klimawandel auch wieder Neuankömmlinge gibt.

    Welche Pflanzen bevorzugen Wildbienen?

    Mayr: Das ist sehr unterschiedlich. Ein Drittel der Wildbienen sind absolute Spezialisten. Einige mögen nur den Pollen von Glockenblumen, andere lieber den von Gilbweiderich oder Weiden. Für eine große Bienenvielfalt ist eine Vielfalt an Pflanzen entscheidend.

    Was kann ich als Gartenbesitzer tun, um Wildbienen anzulocken?

    Mayr: Eine Blumenwiese alleine wird nicht reichen. Sie brauchen auch geeignete Nistplätze. Etwa 70 Prozent der Wildbienen sind Bodennister. Die Nisthilfen, die man in Baumärkten üblicherweise findet, helfen, wenn sie gut gemacht sind, also nur einem kleinen Teil. Aber keine Sorge, es ist überhaupt nicht aufwändig, geeignete Nistplätze anzubieten.

    Zum Beispiel?

    Mayr: Ein kleiner Sandhaufen am Rande des Gartens, am besten mit heimischem Grubensand aufgeschüttet. Oder Totholz einfach stehen lassen. Vor allem die dickeren Äste sind bei den Wildbienen beliebt. Dort fühlen sich auch Käfer wohl. Oder lassen Sie ein paar abgeschnittene Brombeerranken stehen. Manche Wildbienen nisten dort kopfüber. Schaffen Sie so viel Struktur wie möglich im Garten.

    Welches Nahrungsangebot brauchen Wildbienen?

    Mayr: Obstbäume sind gut, aber auch Weiden und Sträucher und ein bisschen Gemüse oder Kräuter, die man blühen lässt. Auch hier gilt: Die Vielfalt ist unermesslich. Jede Wildbienenart ist anders, spezialisiert sich auf eine bestimmte Pollenart. Ideal für Blühwiesen ist regionales, zertifiziertes Saatgut. Die exotischen Saatmischungen fördern nicht gerade die heimischen Wildbienen.

    Die berühmt-berüchtigten Schottergärten sind wahrscheinlich das Schlechteste überhaupt?

    Mayr: Grundsätzlich schon, aber selbst dort kann man mit heimischen Stauden ein Angebot schaffen. Generell wäre es aber wünschenswert, wenn wir alle wieder mehr Wildheit in unseren Gärten zulassen.

    Wie?

    Mayr: Beim Mähen des Rasens bietet es sich zum Beispiel an, einen Teilbereich auch mal stehen zu lassen. So schafft man kleine Inseln, auf die Insekten flüchten können. Am besten nur ein- bis dreimal pro Jahr mähen. Es wäre auch gut, das Schnittgut einfach mal auf der Wiese trocknen zu lassen. Die Wildblumen säen sich so selbst wieder aus. Und das Schnittgut danach am besten wegräumen, um eine Nährstoffanreicherung zu vermeiden.

    Und wenn man gar keinen Garten hat?

    Mayr: Dann kann man auch etwas für die Wildbienen tun. Zum Beispiel in einem Kübel auf dem Balkon kann man Platz für Nahrungspflanzen schaffen. Besonders gut sind gewöhnlicher Hornklee, rundblättrige Glockenblumen, Wiesen-Flockenblumen und der gewöhnliche Natternkopf. Und man kann selber Nisthilfen bauen.

    Wie geht das?

    Mayr: Am besten mit Schilf, Ton oder Hartholz. Das Holz wird senkrecht zum Stamm mit verschiedenen Bohrerdurchmessern angebohrt. Von 3 Millimetern bis 1,2 Zentimetern. Aber nicht komplett durchbohren. Die Wildbienen mögen einen abgeschlossenen Bereich, um ihre Brutzellen anzulegen. Die Nisthilfen am besten sonnig und nach Süden ausgerichtet anbringen. Sobald das Einflugsloch verschlossen ist, hat eine Wildbiene eine neue Kinderstube gebaut.

    Nisthilfen gibt es auch im Baumarkt zu kaufen.

    Mayr: Ja, aber bei manchen ist Vorsicht geboten. Wenn sie an den Löchern ausfransen, fliegen die Bienen nicht hinein, weil die Verletzungsgefahr zu groß ist.

    Es soll immer noch Menschen geben, die Angst vor Bienen haben.

    Mayr: (lacht) Völlig unnötig. Bei den Wildbienen noch viel mehr als bei den Honigbienen. Letztere verteidigen ihren Staat, wenn es sein muss. Wildbienen leben solitär, haben überhaupt kein Interesse zu kämpfen.

    Haben Wildbienen bei uns noch eine Chance?

    Mayr: In den letzten Jahrzehnten ist insgesamt zu wenig für den Schutz bedrohter Arten getan worden. Aber jetzt wachsen die Erkenntnis in der Politik und die Bereitschaft in der Bevölkerung. Wir brauchen vor allem eine größere Akzeptanz für wilde Gebiete. Das können Hecken oder Blühwiesen in der Agrarlandschaft sein, oder eben wilde Flächen im eigenen Garten. Lassen Sie Kräuter wie Thymian oder Salbei blühen, oder Gemüse wie Kohl und Zwiebeln. Auch Unkraut erfüllt seinen Zweck. Solche Flächen sollten wir nicht als unordentlich betrachten, sonder eher normal. Wenn wir das in unsere Köpfe bringen, haben wir den Wildbienen schon geholfen.

    Zur Person Dr. Antonia Mayr hat in Würzburg Biologie studiert und dort auch promoviert. In ihrer Doktorarbeit am Kilimandscharo in Tansania hat sie die Auswirkungen von Klimawandel und Landnutzung auf Wildbienen und Wespengemeinschaften untersucht. Derzeit arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Ulm und Würzburg und beschäftigt sich mit dem Schutz von Wildbienen in unseren Agrarlandschaften.

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