Karl Blendel ist hin- und her gerissen. Einerseits liebt er seinen Job. Andererseits werden die Rahmenbedingungen immer schwieriger. Blendel ist Obstbauer aus Leidenschaft. Der Klimawandel macht ihm zu schaffen.
Rund 14 Tage später als im letzten Jahr hat die fränkische Zwetschgensaison begonnen. In der zweiten Juliwoche wurden Frühsorten wie Ruth Gerstetter oder Hermann gepflückt. Bis Ende September sollte die Ernte der spätreifen Sorten abgeschlossen sein.
„Rund 30 Prozent der Früchte sind nicht zu ernten.“
Karl Blendel, Obstbauer aus Fahr
„Wir befinden uns gerade mitten drin in der Saison“, erklärt Thomas Riehl, Geschäftsführer des Vereins Fränkische Obstbauern e.V. Riehl erwartet in diesem Jahr eine leicht unterdurchschnittliche Zwetschgenernte in Franken. Schuld daran ist unter anderem die kühle Witterungsphase im Zeitraum nach der Blüte, also Ende April. „Jungfrüchte wurden abgestoßen“, erklärt Riehl. Der Fruchtansatz hat sich verringert.
Dennoch: Wer von Fahr am Main die Hänge hinauf in Richtung Gaibach fährt, der sieht Zwetschgenbäume, deren Äste sich unter den Früchten biegen. „Das ist ja das Dilemma“, sagt Karl Blendel und zieht die Stirn in Falten. Trotz des trockenen und heißen Sommers 2018 hängen fast alle seiner rund 4000 Zwetschgenbäume voll. „Aber rund 30 Prozent der Früchte sind nicht zu ernten“, klagt er. Blendel zieht eine Schablone aus der Tasche und pflückt eine Zwetschge. 32 Zentimeter Durchmesser sollte die Frucht haben. Sonst nimmt sie der Großhandel nicht ab. Gerade an den jüngeren Bäumen erfüllen viele Früchte diese Mindestnorm nicht. „Sie sind zu klein“, erklärt der Mann aus Fahr. Der Grund: Die Trockenheit der letzten Monate.
Auf acht Hektar hat Karl Blendel Zwetschgenbäume angepflanzt. 25 verschiedene Sorten. „Damit ich über viele Wochen hinweg ernten kann“, erklärt er. Der Boden etwas oberhalb von Fahr am Main ist sandig, speichert die Wärme. Eigentlich ideal für den Obstanbau. „Aber die Bäume wurzeln nicht tief genug, um bei dieser Trockenheit an Wasser zu kommen“, bedauert der 55-Jährige. Anders als bei den Weinreben ist bei den Zwetschgenbäumen bei rund 30 Zentimeter Schluss mit dem Wachstum Richtung Erdreich.
Die Folgen sind an manchen Früchten gut zu erkennen: Das Fruchtfleisch ist braun geworden. „Nicht mehr zu vermarkten“, bedauert Blendel. Auf anderen Früchten entdeckt er immer wieder kleine, weiße Flecken. „Sonnenbrand“, erklärt er. Auch diese Früchte werden vom Großhandel nicht angenommen. Und der Großhandel ist mit Abstand der wichtigste Abnehmer für Frankens Obstbauern – und damit auch für die gesamte Branche in Bayern.
Über 90 Prozent der bayerischen Zwetschgen werden in Franken produziert. Rund 500 Betriebe bauen hier laut aktueller Statistik die Früchte an. Neben der Region um die Mainschleife bei Volkach befinden sich weitere Schwerpunkte des Anbaus im Landkreis Würzburg in den Gemeinden Sommerhausen und Leinach sowie in der Fränkischen Schweiz im Landkreis Forchheim. Die gesamte Anbaufläche beträgt rund 400 Hektar. Die Erntemengen liegen zwischen 20000 und 60000 Dezitonnen. „Je nach Witterung“, erklärt Thomas Riehl. Abnehmer sind der Großhandel und Bäckereien. Viele Anbauer, wie Karl Blendel, verkaufen ihre Früchte auch ab Hof.
„Über 80 Prozent der Ware landet auf dem Kuchen.“
Thomas Riehl, Fränkische Obstbauern e.V.
In Deutschland wird die Zwetschge überwiegend als Backfrucht verwendet. „Über 80 Prozent der Ware landet auf dem Kuchen“, informiert Riehl. Die Backfähigkeit und die Steinlöslichkeit sind deshalb die wichtigsten Kriterien für qualitativ hochwertige Zwetschgensorten. Etwa 50 verschiedene Sorten werden in Franken angebaut, immer wieder gibt es neue Züchtungen. „Aber mit der Hitze und Trockenheit im Sommer und den kalten Tagen im Frühjahr kommt keine richtig zurecht“, bedauert Blendel, der aus einer Obstbauer-Familie stammt und sich ernsthaft Gedanken um die Zukunft macht. Die Frostgefahr, die Trockenheit, die Hitzeschäden: So viele Faktoren machen das Geschäft unberechenbar. Und die Preise sind derzeit auch kein Grund zur Freude. Rund 50 Cent pro Kilo ist momentan im Handel zu erzielen. „Es ist ein sehr schwieriges Geschäft geworden“, sagt Blendel und wirft den Blick auf seine Anlagen. Ein schwieriges Geschäft, das ihm doch eigentlich so viel Freude macht.
Zwetschgen-ABC Pflaumen und Zwetschgen: Die Unterscheidungskriterien zwischen Zwetschgen und Pflaumen sind nicht immer ganz eindeutig. Grundsätzlich sind Pflaumen aber eher rundlich, Zwetschgen länglich. Pflaumen haben eine ausgeprägte Bauchnaht, Zwetschgen nicht. Zwetschgen sind in der Regel auch fest-fleischiger als Pflaumen und besitzen eine bessere Steinlöslichkeit. Während Pflaumen vorwiegend dem Frischverzehr dienen, eignen sich Zwetschgen darüber hinaus auch hervorragend zum Kuchen backen. Anders und doch gleich: Zum Formenkreis der Zwetschgen gehören auch Pflaumen, Mirabellen und Renekloden (fränkisch: Ringlo). Inhaltsstoffe: Was die Inhaltsstoffe angeht, können sich Pflaumen und Zwetschgen ohne weiteres mit anderen Obstarten messen. Neben dem natürlichen Fruchtzucker sind insbesondere der Gehalt an Provitamin A und den Vitaminen B1, B2 und C hervorzuheben. B-Vitamine gelten als Nervenstärker und Leistungsförderer. Spurenelemente wie Zink und Eisen sollen nervöser Unruhe und Gereiztheit entgegen wirken. Der Mineralstoff Kalium hilft beim Entwässern. Verstärkt wird die gesundheitsfördernde Wirkung durch hohe Gehalte an sekundären Pflanzenstoffen. Schlankmacher: Mit nur rund 50 Kilokalorien pro 100 g Fruchtfleisch sind Zwetschgen außerdem ein gesunder Schlankmacher. Bereits seit dem Altertum ist auch die verdauungsfördernde Wirkung der Früchte bekannt. Einkauf: Für den Frischverzehr sollte der Verbraucher beim Einkauf darauf achten, daß die Früchte gut ausgefärbt und nicht zu hart sind. Reife Zwetschgen müssen bei Druck zwischen Daumen und Zeigefinger leicht nachgeben. Den weißen Film auf der Außenhaut der Früchte nennt man übrigens Beduftung. Es handelt sich um eine natürliche Wachsschicht, die die Früchte vor dem Austrocknen schützt.