Das „Brechhäusle“ am Ortsrand von Schonderfeld hat eine wechselvolle Geschichte. Viele Anekdoten ranken sich um das Häuschen an der Straße nach Wolfsmünster. Nun haben es die Schonderfelder mit viel Eigenleistung und Liebe zum Detail zu einem Backhaus umgebaut. An Fronleichnam hat Pfarrer Peter Rüb das neue Zentrum der Dorfgemeinschaft gesegnet.
Bei den Vorbereitungen zur Einweihungsfeier konnte man die Begeisterung für die neue Dorfeinrichtung förmlich spüren. Emsig wurden Brotlaibe geformt, ins Kleiebett gelegt, gefegt, das Brot in den Backofen eingeschossen, mit erhitzten Gesichtern die Laibe nach dem Backen mit Wasser eingestrichen, erneut eingeschossen und fertig gebacken.
Mehr als 2000 Arbeitsstunden, geleistet von fast allen Einwohnern, waren nötig, bevor im Mai 2010 das Probebacken beginnen konnte. „Das hat unsere Dorfgemeinschaft geprägt und zusammengeschweißt“, bestätigen übereinstimmend Winfried Lutz, der Vorsitzende des Blumen- und Gartenbauvereins, und Steffen Schultheis, Vorsitzender der Feuerwehr. Die beiden Vereine übernahmen die Verantwortung für den Umbau des Brechhäuschens zum Backhaus.
Viele Backbegeisterte haben sich seitdem eingefunden und den Backofen ausprobiert. Darin können bis zu 55 Zweipfundlaibe innerhalb von einer Stunde gleichzeitig gebacken werden. Außer Brot wurden auch gleich Pizza, Kuchen, Haxen und Hähnchen darin gegart.
Idee anfangs belächelt
Die bei einem früheren Umbau zur Viehwaage nicht entfernte Zwischenwand mit den beiden Ofentürchen brachte einen findigen Geist irgendwann auf die Idee eines Dorfbackofens. Anfangs belächelt, konnten sich immer mehr Schonderfelder dafür begeistern. „Die Idee wurde zum Selbstläufer und jeder wollte dieses Stück Heimat weiterleben lassen“, sagen Lutz und Schultheis.
Die Planungen begannen im Jahr 2008. Man holte Angebote ein, suchte Sponsoren, beantragte Zuschüsse, band Kreisfachberater Klaus Lummel mit ein und bat die Gemeinde um Unterstützung. Die Viehwaage wurde 2008 ausgebaut und verkauft, Schutt ausgeräumt, die Dachkonstruktion erneuert, ein Backofenbauer kontaktiert und neue Sandsteingewände für die Fenster sowie neue Fenster und Türen eingebaut.
Hans Maurer, ein Backofenbauer aus Kasparszell in Niederbayern, mauerte innerhalb von einer Woche ohne Stützgerüste einen ovalen Backofen mit zweieinhalb Metern Länge. Das gesamte Gebilde aus drei Lagen mit bei niedriger Temperatur gebrannten Lehmziegeln verfugte er mit baugleichem Lehmmörtel. Anschließend wurde der neu entstandene Backofen erhitzt und so entstand eine Backofenhaube aus einem Stück.
Das Herzstück war damit angelegt. Für den weiteren Umbau packten viele Hände mit an. Die Künste von Architekten, Steinmetzen, Maurern, Zimmerleuten, Schreinern, Spenglern und Elektroinstallateuren waren gefragt, bis das Werk vollbracht war.
Aber ohne Moos nix los: Über 12 000 Euro Eigenmittel der beiden Ortsvereine, eine Spende von 1000 Euro der Gemeinde Gräfendorf, ein Zuschuss von 1000 Euro vom Kreisverband für Gartenbau und Landespflege und eine Spende von 2000 Euro von der Sparkasse Mainfranken machten das Projekt erst möglich. Außerdem stellte die Gemeinde Gräfendorf das Holz für den Dachstuhl kostenlos bereit und erlaubte die Nutzung von großen Sandsteinen aus dem Abbruch alter Gebäude.
Der Einsatz hat sich gelohnt. Lore Göbel, die zur Einweihungsfeier eingeladene Vorsitzende des Kreisverbandes für Garten- und Landespflege, lobte in ihrer Ansprache die gesamte Dorfverschönerung: „Schonderfeld ist ein richtiger Vorzeigeort geworden, einer der schönsten unserer 83 Orte, die wir haben.“ Bürgermeister Alfred Frank zeigte sich beeindruckt von der vorbildlichen Zusammenarbeit der Dorfgemeinschaft.
Tisch mit tragischer Geschichte
Der runde Sandsteintisch vor dem Backhäuschen hat ebenfalls seine eigene Geschichte, verbunden mit einem tragischen Schicksal. Ein Mann wollte sich im Wald einen neuen Kelterstein für eine Mostpresse aus einem großen Sandstein herausschlagen und war fast fertig damit, als er zum Militärdienst in den Zweiten Weltkrieg einrücken musste. So ließ er den Stein zurück, um ihn nach dem Militäreinsatz fertigzustellen und heimzuholen. Doch sollte er nicht mehr zurückkehren, und so lag der Stein viele Jahre im Wald. Irgendwann wurde der Stein zum Grillplatz gebracht und wucherte dort unbeachtet im Gebüsch ein. Nun wurde er geborgen und fand als Tisch einen neuen Nutzen.
Schonderfelder Brechhaus
Zum Verarbeiten von Flachs wurde 1855 das Brechhaus in Schonderfeld gebaut. Mit Hilfe von zwei Dörröfen wurden darin Flachspflanzen (Lateinisch linum, Lein) zuerst getrocknet und gedörrt, dann gebrochen und zerkleinert. Aus Flachs wurden Leinenstoffe und Linnen hergestellt.
Da das Dörren gefährlich war und auch ein Brand ausbrechen könnte, steht das Häuschen etwa 200 Meter vom Dorfrand entfernt. Davon zeugte noch verkohltes Gebälk, das beim Umbau freigelegt wurde. Das Gebäude wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts benutzt, bis der Lein von der Baumwolle verdrängt wurde.
Nachdem es einige Zeit leer stand, wurde darin die Viehwaage von Schonderfeld eingerichtet, was Umbauarbeiten nötig machte. So wurden die großen Öfen herausgebrochen und nur die Zwischenwand mit den Ofentürchen blieb stehen. Der hintere Teil wurde Lager und später Jugendheim. An die Jugendheimzeit erinnern heute noch Zeichnungen von „Traumfrauen“ an den Wänden.
Ab dem Ende der 1980er Jahre wurde die Viehwaage nicht mehr genutzt und auch das Jugendheim hatte in der Form seine Nutzung verloren. Das Häuschen verfiel in eine Art Dornröschenschlaf. Die Gemeindeverwaltung wollte es aber nicht verfallen lassen und bot es Handwerksbetrieben als Lagerhaus an. Auch Schonderfelder Vereine nutzten das Häuschen vorübergehend als Lagerraum – das war die Wiedergeburt des Brechhäuschens.
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