Kein Zweifel, was die Scherenburgfestspiele mit bis zu 25 000 Besuchern in der Saison heute sind, haben sie Horst Gurski zu verdanken. 15 Jahre prägte der 63-Jährige aus Kempen am Niederrhein das Sommertheater auf der Burg. Seine vor Witz sprühende Abschlussinszenierung „Der Diener zweier Herren“ ist am Samstag, 15. August, ein letztes Mal auf der Burg zu sehen. Die Gemündener Freunde vermissen Horst Gurski schon jetzt – und umgekehrt?
Frage: „Fünf Jahre an einem Ort sind genug“, sagten Sie immer. In Gemünden sind es 15 geworden. Warum?
Horst Gurski: Das liegt ganz schlicht und einfach an den Leuten. Man spricht von „großer Familie“, das sind wir wirklich. Es sind richtige Freundschaften entstanden. Und die Arbeit hier mit den Schauspielern, mit der Technik, auch mit meiner Verwaltung, ist anders als am Theater. Dort wird verbissener, verkrampfter gearbeitet, und es gibt Stücke . . . große Kunst – grauenhaft! Hier konnte ich immer alles selbst aussuchen, natürlich in beschränktem Maße, weil ich mich ja immer nach den Leuten richten muss.
Das ist das Schwerste überhaupt! Da zerbricht man sich mindestens ein Jahr den Kopf: Wie kriege ich die Stücke, dass möglichst alle Leute richtig besetzt sind. Und alle wollen natürlich große Rollen haben. Aber das ist schon Spaß an der Freude hier. (Hauptdarsteller) Till Brinkmann sagt immer: „Theater ist ein lustvoller Vorgang.“ Das hat hier immer stattgefunden. Hat zwar viel Kraft gekostet, weil ich ja immer den Kaspar machen musste.
Inwieweit?
Horst Gurski: Na ja, als Unterhalter: Feste organisieren, die Leute bei Laune halten, vor allem die in den Produktionen, in denen es nicht so lustig ist. Dann musste ich sie aufrichten.
Weil gerade Herr Brinkmann da ist: Es ist seine fünfte Saison hier – wie viele Rollen hätten Sie denn noch für ihn?
Horst Gurski: Och, da kriegen wir noch ein paar zusammen. Wir machen ja gerade wieder etwas gemeinsam, nächste Woche in Neuwied und in Bonn, und zwar den „Zerbrochenen Krug“ (Brinkmanns erstes Stück in Gemünden).
Ist es jetzt wirklich genug?
Gurski: Ich arbeite seit 40 Jahren am Theater, habe eigentlich schon 45 Berufsjahre voll, habe nur festgestellt, das Studium wird im Gegensatz zu früher nicht angerechnet. Also Rente kriege ich, meine Ranch ist bezahlt . . . meine Frau (Osteopathin) hat sich jetzt auch mehr oder weniger zur Ruhe gesetzt, arbeitet höchstens noch halbtags. Das ist schon toll, da haben wir mal Freizeit. Wir haben jetzt auch mit Golf angefangen, was mich eigentlich weniger interessiert – ich spiel' ja lieber Tennis, Mann gegen Mann!
Werden Sie Ihren noch nicht benannten Nachfolger einarbeiten?
Gurski: Anbieten auf jeden Fall! Das hatte ich ja seit Jahren vor, indem ich Kandidaten geholt habe. Hat leider nicht geklappt. Aber es könnte auch schwierig sein, wenn der Alte, der Platzhirsch noch da ist.
Gastspiele als Schauspieler, als Regisseur, können Sie sich das vorstellen?
Gurski: Ja, absolut. Mehr noch als Regisseur. Die vier Wochen dafür fielen leichter als drei Monate Schauspielerei hier. Das ist schon anstrengend mit täglich mindestens zwei Einladungen zum Essen, zum Trinken. Gestern hab' ich eine Einladung abgesagt: „Ne, ich kann nicht mehr. Irgendwann ist Feierabend. Das zehrt am meisten.“ So schön das hier ist. Ich liebe auch die Gegend; morgen geh' ich wieder zum Kreuzberg, wandern, da freue ich mich drauf.
Was machen Sie in der Rente?
Gurski: Ich weiß gar nicht, was Rente ist. Ich habe so viele Sachen zu tun. Ich bau mir erst mal einen Swimmingpool, ja, auf Wunsch meiner Frau – jetzt wird endlich einer gebaut.
Aber doch nicht eigenhändig 'rauspickeln?
Gurski: Das Loch habe ich ja schon. Ich kann ja alles. (Horst Gurski ist gelernter Fliesenleger.) Ich habe mein Haus komplett selbst gebaut. Zur Einweihung machen wir eine große Party, mit fränkischen Bratwürsten aus Gemünden.
Und die Schauspielerei wollen Sie komplett zurückdrängen?
Gurski: Ich hatte jetzt noch zwei Angebote – die habe ich abgelehnt!
15 Sommer in Gemünden – was machen Sie im Sommer 2016?
Gurski: Ganz ohne Quatsch: Da werde ich mal zu Hause bleiben. Einmal in über 30 Jahren! Seit ich das Haus habe, war ich im Sommer nie zu Hause. Ich möchte mal im Garten sitzen, meine Schafe kraulen . . . vielleicht wieder ein Pferd anschaffen, mit dem Hund spazieren gehen, vielleicht morgens Tennis spielen, ich bin ja schon bei den Alten Herren, die treffen sich morgens immer um 10 . . . ist doch herrlich! Ich mach' mir da überhaupt keine Gedanken drüber. Motorrad mal wieder richtig polieren. Wir, fünf Mann, werden einiges machen: Alpenüberquerung, Alpenwanderung haben wir geplant. Und viel Skifahren. Und natürlich nach Sylt.
Einmal habe ich Ihnen eine nicht vorhandene Ranch auf Sylt zugeschrieben, mein Flop. Was war Ihr größter Flop?
Gurski: Gibt's nicht. Müsst' ich lügen. Nie schlechte Kritiken gehabt. Das einzige was mir leid getan hat, war „Sams“ (2008: „Sams in Gefahr“). Da hatte ich das verkehrte „Sams“ ausgesucht, das kam nicht so ins Laufen.
Ihr Lieblingsstück oder Ihre Lieblingssaison in Gemünden war . . . ?
Gurski: Man sagt ja immer, das ist das letzte Stück, was man gemacht hat. Aber auch die Saison, als wir den „Michel aus Lönneberga“ und „Der zerbrochene Krug“ gemacht haben. Der Hammer war natürlich, das muss ich sagen, „Blues Brothers“; in dreieinhalb Wochen hingeschmissen! Das war megageil! Und dann haben wir noch nachgezogen mit (Einer flog über das) „Kuckucksnest“, das war auch immer so ein Herzenswunsch von mir, und wir haben genug Bekloppte hier – das musste funktionieren, geht gar nicht anders. Und „Der jüngste Tag“, aber das hat das Publikum am Ende nicht verstanden. Da war ich sehr traurig, denn es war hammermäßig gut. Dabei wollte ich in einer Saison eine Komödie und daneben ein ernsthaftes Stück bringen, vielleicht auch mal einen „Hamlet“ oder „Romeo und Julia“. Aber: Das können wir hier nie bringen.
Ergänzen Sie bitte die zwei Sätze: „Ihr letztes Stück ,Der Diener zweier Herren‘ ist . . .“
Gurski: „. . . mein Lieblingsstück.“ (lacht)
Und: „Gemünden ist für mich . . .“
Gurski: „. . . Zuhause. Ich kenn' hier jeden, ich kenne die Gegend. Ich würde hier auch jederzeit Urlaub machen, ist zehnmal schöner als Mallorca oder sonst was. Auch alle meine Freunde, die hier waren, finden Gemünden toll.“
Die letzten Vorstellungen 2015: „Ladykillers“ am Freitag, 14., und am Sonntag, 16. August, „Der Diener zweier Herren“ am Samstag, 15. August, jeweils um 20.30 Uhr, „Pippi Langstrumpf“ am Sonntag, 16. August, um 16 Uhr. Es gibt für alle Vorstellungen Karten: www.scherenburgfestspiele.de, Tel. (0 93 51) 54 24 und an der Abendkasse.