Frage: Herr Schanzer, Sie waren zehn Jahre an der Realschule in Marktheidenfeld. Was werden Sie vermissen?
Dieter Schanzer: Vermissen... Die netten Schüler. Ja, wirklich. Die Jugendlichen heute sind viel besser als ihr Ruf. Es gibt freilich auch Konflikte und Auseinandersetzungen, aber die Tendenz zur Grenzüberschreitung ist in einem gewissen Alter auch normal.
Bei welchen Grenzüberschreitungen greifen Sie ein?
Schanzer: Wenn Gewalt ausgeübt wird und auch bei Diskriminierung und Ausgrenzung. Wobei das schwer zu beurteilen und zu ahnden ist. Denn oft weiß man nicht genau, wer hat was, wo und wann gesagt oder getan.
Können Sie sich an einen Fall erinnern, an dem Sie einschreiten mussten?
Schanzer: Ja, als an der Schule nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet wurde. Das haben wir auch der Polizei gemeldet und es wurde Anzeige erstattet.
Vermissen werde ich aber auch ein offenes, aufgeschlossenes Kollegium und ein tolles Team in der Schulverwaltung. Hier sind wirklich freundschaftliche Beziehungen entstanden.
Gegenfrage: Was wird Ihnen nicht fehlen?
Schanzer: (Überlegt lange...)
Die Diskussion um die Mensa?
Schanzer: Die Diskussion um die Mensa werde ich nicht vermissen. Richtig.
Hat die etwas mit ihrem Abschied zu tun?
Schanzer: Nein. Ich habe nicht geplant, die Schule zu verlassen. Ich hatte bereits vor zwei Jahren die Chance, an eine Schule nach Versbach zu gehen und habe abgelehnt. Jetzt ist es so, dass die neue Schule, die David-Schuster-Realschule, fast vor meiner Haustür liegt. Das ist einfach ideal. Außerdem tut der Schule nach zehn Jahren ein frischer Wind sicherlich gut.
Noch einmal zur Mensa: Wie hinterlassen Sie ihrem Nachfolger das Thema?
Schanzer: In Sachen Mensa ist mit der Firma h&b learning eine gute Lösung gefunden worden. Beide Schulen werden aus einer Hand versorgt. Auch wenn die eine Hand leider nicht der Förderverein der Realschule ist.
Wie geht es mit Förderverein weiter?
Schanzer: Der Förderverein muss sich inhaltlich neu aufstellen. Schließlich ist er gegründet worden, um den Offenen Ganztag zu betreiben. Das fällt jetzt weg.
Mit welchen Zielen sind Sie nach Marktheidenfeld gekommen?
Schanzer: Ich bin nicht mit einem Weiterentwicklungspaket in der Hosentasche gekommen. Aber wir haben uns natürlich entwickelt. Wir sind MINT-Schule geworden, die Talentklasse wurde gegründet und wir nehmen mittlerweile am Kompass-Schulen-Programm teil. Das bedeutet Kompetenz aus Stärke und Selbstbewusstsein.
Wie selbstbewusst sind die Schüler heute?
Schanzer: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Letztens hat mir ein Schüler von hinten "coole Schuhe" zugerufen und damit meine silber-grauen Turnschuhe gemeint, die ich an hatte. Das wäre früher zu meiner Schulzeit nicht denkbar gewesen. Aber ich finde den lockeren Umgang miteinander gut, so lange er höflich bleibt. Und ich finde, da haben wir an der Schule einen schönen Umgang miteinander. Ich gehe auch immer noch gern in die Schule. Die Aufgabe, die wir haben, ist eine wichtige.
Wie sehen Sie Ihren neuen Einsatzort in Würzburg? Ist Ihnen mulmig zumute?
Schanzer: Eine gewisse Grundanspannung, was erwartet mich dort, ist da. Es heißt immer: Die Stadtschulen sind schwieriger, die Eltern kritischer. Ich will das nicht glauben. Ich glaube: Die jungen Leute sind sich überall auch ähnlich, sind ähnlich neugierig, offen und leistungsbereit.
Hatten Sie bereits Kontakt zur neuen Schule?
Schanzer: Ich kennen die Schulleiterin, die jetzt aufhört und habe mich dem Kollegium bereits vorgestellt. Die Schule ist mit rund 430 Schülern viel kleiner als Marktheidenfeld mit seinen rund 700 Schülern. Durch die Nähe zu meinem Zuhause besteht allerdings auch die Gefahr, am Wochenende öfters mal hinzugehen und zu arbeiten. Da werden aber meine Frau und mein Enkelkind gegenarbeiten.
Was hinterlassen Sie in Marktheidenfeld?
Schanzer: Ich hoffe eine gut geführte Schule, die auch in der Öffentlichkeit präsent ist. Die Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin und dem Landrat waren menschlich immer gut, auch wenn wir in der Sache nicht immer eins waren. Ich hoffe, dass auch der Schüleraustausch mit Pobiedziska weitergeführt wird, auch zur Vergangenheitsbewältigung. Da sollten wir die Schüler sensibel halten.
Letzte Frage: Wer wird Nachfolger/in?
Schanzer: Die Bewerbungen laufen gerade über mindestens fünf Schreibtische. Ich hoffe, zum ersten September ist die Sache klar.
Dieter SchanzerSeine Anfangszeiten verbrachte Dieter Schanzer (62) an Schulen in Brückenau und Miltenberg. Danach unterrichtete er knapp 15 Jahre an der Realschule in Karlstadt und wurde dann Konrektor in Hammelburg bevor er nach Marktheidenfeld kam. Für seine letzten vier Jahre wechselt der Würzburger an die David-Schuster-Realschule im Würzburger Frauenland.