Zu einer „Friedenskonferenz“ hatte die islamische Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat am Sonntagabend in die Scherenberghalle eingeladen. Rund 50 Besucher folgten dieser Einladung, etwa die Hälfte davon waren Angehörige dieser Reformbewegung aus Pakistan, die dort wegen ihres Glaubens verfolgt werden und derzeit als Asylbewerber in Gemünden leben. Als ein Gast und Referent war Muhammad Hammad Martin Härter aus Starnberg anwesend, ehemals evangelisch und jetzt Mitglied des Bundesvorstandes und zuständig für die Erziehung der Neukonvertiten.
Abbau von Vorurteilen
Der Sprecher der Gemeinschaft nannte das Kennenlernen der Religion, Aufklärung und den Abbau von Vorurteilen als Ziel der Zusammenkunft. Der Islam lehne jegliche Gewalt im Namen der Religion ab. Es heiße im heiligen Koran „Allah mag Unfrieden nicht“. Dieses Prinzip müssten eigentlich alle Muslime beherzigen. Die Konferenz solle auch dazu dienen, die besondere Art der Zuneigung der Muslime für den Propheten Mohammed zu erklären, die oft von Außenstehenden nicht verstanden werde.
Nach einer intonierten Rezitation von Koranversen des Vorbeters und einer Kurzversion auf Deutsch stellte sich die Ahmadiyya in einem Videofilm vor. Von den weltweit zehn Millionen Mitgliedern leben demnach 30 000 in Deutschland. Im Film lobten deutsche Politiker die große Integrations- und Friedensbereitschaft der Ahmadiyya.
Es gebe in den heiligen Schriften Torah, Bibel und Koran der drei großen monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam viel Gemeinsamkeiten, aber auch grundlegende, unterschiedliche Interpretationen erklärte Muhammad Hammad Martin Härter zu Beginn seines eineinhalbstündigen Vortrags. Sogar in der Bibel seien Hinweise auf den kommenden Propheten Mohammed zu finden. Dessen herausragende Barmherzigkeit und Friedfertigkeit seien für die Zeit und die Umgebung, in der er gelebt habe, ungewöhnlich gewesen.
Etwas gewöhnungsbedürftig für deutsche Zuhörer war, dass Härter dem Namen des Propheten Mohammed immer den Zusatz „Frieden und Segen Allahs seien auf ihm“ anfügte. Oft zitierte der Referent gleich mehrere Verse, die die friedliebende Vorbildfunktion Mohammeds unterstrichen. Er habe sich gegen die Sklaverei ausgesprochen und für die gleiche Bildung von Jungen und Mädchen. Auch habe er den Frauen die Würde gegeben und ihnen Rechte verschafft, wie sie in Europa erst vor einigen Jahrzehnten möglich geworden seien, wie das Recht der Frau auf Scheidung.
In der kurzen Fragerunde wollten Besucher unter anderem wissen, was die Ahmadiyya von der Aussage im Koran, Muslime sollten die Ungläubigen töten, wo immer sie diese träfen, halte – zumal die Ahmadis, die glauben, Jesus sei nicht am Kreuz gestorben, in Pakistan selbst als Ungläubige verfolgt werden. Man müsse immer den Kontext und den ganzen Koran im Auge haben, sagte Härter. Dann sehe man, dass diese Aussagen historisch und nur auf ein bestimmtes Ereignis hin gegolten hätten. Islamistische Extremisten und Moslems, die das anders sähen, seien auf dem Holzweg und keine rechtgläubigen Muslime.
Muslime gute Nachbarn
Auf die Frage, ob es für die Integration der gut 40 Ahmadis in der Asylbewerberunterkunft in Gemünden nicht hinderlich sei, dass im Koran an etwa 15 Stellen stehe, ein Muslim solle keine Christen oder Juden als Freunde nehmen, sagte Härter, man müsse den Koran als Gesamtwerk sehen. Gemeint seien lediglich Christen und Juden, die Muslime von ihrem Glauben abbringen wollen. An anderer Stelle sei zu lesen, dass Muslime auch Ungläubige nachbarschaftlich unterstützen sollten.
Etwas irritierend für die deutschen Besucherinnen war, dass Muslime Frauen nicht die Hand gäben, weil sie die unterschiedlichen Sphären respektieren würden, wie Härter sagte. Aber auf diese Regel gaben einige der Asylbewerber offensichtlich nicht so viel.
Ahmadiyya Muslim Jamaat
Weil die Ahmadis Mirza Ghulam Ahmad, der die islamische Religionsgemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat im 19. Jahrhundert gegründet hat, als einen zweiten Jesus, einen Messias verehren, werden sie heute von anderen islamischen Glaubensrichtungen als Ungläubige geächtet und verfolgt. Die meisten Anhänger leben in Pakistan. Rund 40 sind derzeit als Asylbewerber in Gemünden.
Die Ahmadiyya Muslim Jamaat, eine von zwei Ahmadiyya-Bewegungen, die sich ebenfalls auf den Koran, aber darüber hinaus auch auf Schriften ihres Gründers beruft, gilt als friedliche, aber konservative Reformbewegung. Sie wird von einem Kalif genannten spirituellen Oberhaupt, das in London im Exil lebt, geführt.