Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Spessart
Icon Pfeil nach unten
Marktheidenfeld
Icon Pfeil nach unten

MAIN-SPESSART: „Alles – nur nicht CSU wählen“

MAIN-SPESSART

„Alles – nur nicht CSU wählen“

    • |
    • |
    FDP-Landtagskandidat Reiner Hellbrück aus Urspringen (rechts) sucht das Gespräch mit den Bürgern. Am Samstagmittag tat er sich auf dem Marktplatz in Gemünden allerdings schwer, weil außer Touristen kaum Passanten an seinem Infostand vorbeikamen. An den Gesprächen beteiligte sich auch der Gössenheimer Michael Reich, Beisitzer im FDP-Kreisverband (links).
    FDP-Landtagskandidat Reiner Hellbrück aus Urspringen (rechts) sucht das Gespräch mit den Bürgern. Am Samstagmittag tat er sich auf dem Marktplatz in Gemünden allerdings schwer, weil außer Touristen kaum Passanten an seinem Infostand vorbeikamen. An den Gesprächen beteiligte sich auch der Gössenheimer Michael Reich, Beisitzer im FDP-Kreisverband (links). Foto: FOTO Andreas Brachs

    Samstagmittag: Eisdiele, Café und Gaststätte rund um den Gemündener Marktplatz machen ein gutes Geschäft. In den Sommerferien sind viele Gäste in der Stadt. Und die denken vor allem an ihren Bauch.

    Auf dem Marktplatz bietet FDP-Landtagskandidat Reiner Hellbrück schwerere Kost. Er will mit den Wählern über die Landespolitik ins Gespräch kommen. Das Thema Bildung steht oben auf seiner Menükarte. Doch so wie beim Luftballonaufpumpen immer wieder ein Knall das Ergebnis zunichte macht, geht es Hellbrück beim Ansprechen der Passanten. Für viele ist er Luft. Den ersten FDP-Kugelschreiber verschenkt er, als eine Radtouristin aus Holland vorbeikommt. Sie schenkt ihm zwar nicht ihre Stimme, aber immerhin ein Lächeln.

    Zu dritt steht das FDP-Häuflein unter dem blau-gelben Sonnenschirm: Als örtlicher Vertreter ist Kreisverbandsbeisitzer Michael Reich aus Gössenheim dabei. Und die stellvertretende Kreisvorsitzende Monika Colhoun aus Marktheidenfeld stärkt Hellbrück ebenfalls den Rücken. „Heute machen wir ein schlechtes Geschäft“, gibt sie zu.

    An diesem Tag haben die Rheinländer die Gemündener von ihrem Marktplatz verdrängt. „Haben Sie zu kämpfen?“, fragt eine Passantin anteilsvoll. „Die Konkurrenz ist groß“, gibt Hellbrück zu. Und Reich ergänzt: „Sie können ihn wählen.“ „Ich bin nicht von hier, aber ich wünsche viel Erfolg“, grüßt die Frau beim Weitergehen. Der 50-jährige Hellbrück nimmt's gelassen; das mag an seiner saarländischen Herkunft liegen. Nahe der französischen Grenze weiß man um leben und leben lassen.

    Als politischer Niemand trat Hellbrück im März bei der Landratswahl an und holte 1,84 Prozent; selbst für ein Kreistagsmandat reichte es nicht. „Ich werde damit leben müssen“, gibt der Landtagskandidat seine Unzufriedenheit mit dem Abschneiden des Landratskandidaten zu.

    Dabei war damals das Rennen völlig offen. Diesmal tritt der FDP-Direktkandidat gegen niemand geringeren als Staatsminister Eberhard Sinner an – ein politisches Schwergewicht. Sind da überhaupt 1,84 Prozent drin? So oder so: Für Hellbrück ist der Wahlmarathon nach dem 28. September beendet. „Ich werde definitiv nicht für den Bundestag kandidieren“, baut er schon mal vor. Ziel seines Landratswahlkampfs sei es gewesen, der FDP nach der Trennung von den Freien Bürgern ein eigenes Gesicht im Landkreis zu geben und Vertreter in den Kreistag zu bekommen. Das ist in der Person des Kreisvorsitzenden Volkmar Göbel gelungen. Diesmal kämpft die FDP bayernweit um den Einzug in den Landtag; auch dafür lässt sich Hellbrück, der erst seit einem Jahr Parteimitglied ist, vor den Karren spannen. Aber danach sind andere gefragt.

    Monika Colhoun verrät, dass es bereits zwei jüngere Bewerber für die Bundestagskandidatur im FDP-Kreisverband Main-Spessart gibt. Aber vor einer Nominierung müssen die Liberalen mit ihren Parteifreunden aus dem Landkreis Miltenberg sprechen. Wegen des gemeinsamen Wahlkreises kann es nur einen Kandidaten geben. Das Interesse an der FDP sieht die stellvertretende Kreisvorsitzende wachsen. Im Herbst will man den Ortsverband Marktheidenfeld und Umgebung (MUU) gründen, dessen Vorsitz laut Colhoun Hellbrück übernehmen soll. Ein Ortsverband in Lohr sei in Planung; der in Gemünden ist schon vor der jüngsten Bürgermeisterwahl entstanden. Die Karlstadter Liberalen haben bislang den Kreisverband getragen, sollen nun aber zum Ortsverband werden.

    Warum hat die FDP Zulauf? Hängt ihr nicht das Bild von der Partei der Besserverdienenden nach? „Ich will nicht, dass die FDP als Partei der Reichen wahrgenommen wird“, stemmt sich Hellbrück gegen Klischees. Anders als auf seinen Plakaten trägt er keinen dunklen Anzug. Leger, im offen weißen Hemd, mit sportlicher sandfarbener Jacke steht er auf dem Marktplatz, „um Distanz abzubauen“, wie er sagt. „Ich stehe mit meinem Namen für alle Bevölkerungsschichten. Der breiten Mehrheit soll es besser gehen.“

    Der FH-Professor hat seine Herkunft nicht vergessen. Er hat erst Hauptschule und Elektrikerausbilder hinter sich gebracht, dann den zweiten Bildungsweg beschritten, studiert, promoviert und lehrt heute selbst FH-Studenten.

    Deshalb setzt er bei der Bildungspolitik an. „Es ist ja nicht alles schlecht, was die CSU macht“, gibt der Kandidat aus Urspringen zu. „Aber wenn die Bevölkerung einen Wechsel in der Bildungspolitik will, darf sie alles – nur nicht CSU wählen.“ Alle Parteien hätten andere Konzepte; die könne man miteinander vergleichen. Aber die CSU betreibe eine „schlimme Kastenpolitik“. Habe man sich für eine Schulart entschieden, bleibe man darin stecken.

    Hellbrücks Konzept von regionalen Schulen setzt hingegen auf Differenzierung und Dezentralisierung. Die Schulen vor Ort müssten über ihr Budget und damit über Personalplanung selbst entscheiden können. Der Professor hat die Erfahrung gemacht, dass Schüler und Studenten unterschiedlich schnell lernten; deshalb müsse man junge Leute auf verschiedenen Wegen zum Ziel führen. Und dann spricht der Wirtschaftsliberale in Hellbrück: „Ausbildung ist Investition. Wir müssen unsere jungen Leute gut ausbilden, damit sie der internationalen Konkurrenz standhalten können.“

    Lange könnte Hellbrück über dieses und andere noch Themen reden. Doch dann ist der Samstag für die drei Spessart-Liberalen gelaufen, und sie machen sich daran, eine politische Forderung Hellbrücks wenigstens für sich in die Tat umzusetzen: den arbeitsfreien Sonntag.

    Zur Person

    Reiner Hellbrück Professor Dr. Reiner Hellbrück ist 1958 in Merchweiler im Saarland geboren. Der Energieanlagenelektroniker erwarb über den zweiten Bildungsweg das Abitur. Anschließend studierte er Wirtschaftswissenschaften in Saarbrücken und promovierte in Freiburg. Dann wechselte er in die AOK-Zentrale Bonn. Seit 2000 ist Hellbrück Professor für Volkswirtschaftspolitik und Betriebsstatistik an der FH in Würzburg. Mit Frau und zwei Söhnen wohnt er seit 2002 in Urspringen. Seit Juli 2007 ist er FDP-Mitglied. Im März kandidierte er erfolglos für das Amt des Landrats.

    Online-Tipp

    Informationen und Hintergründe zur Landtagswahl finden Sie unter: www.mainpost.de/landtagswahl

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden